Der Wüstensklave. J. D. Möckli
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Читать онлайн книгу Der Wüstensklave - J. D. Möckli страница 4
Es fällt Kai jedes Jahr schwer, sein Zuhause zu verlassen, weshalb er nun eilig nach den Zügeln greift und die ungeduldigen Pferde in Richtung Tor lenkt.
»Mach’s gut Gros… Ren.« Im letzten Moment kann Yari sich noch korrigieren, hat er doch im Augenwinkel gesehen, dass gerade viele Leute am Tor vorbeigehen.
Trotzdem winkend schaut Yari den alten Mann an und löst den Blick auch erst von ihm und seinem Zuhause, als sie komplett in die Seitenstraße eingebogen sind, die sie zur Hauptstraße führen wird.
Sich nun auf die Straße stellend, sieht Ren seinen Jungs nach, bis sie um die Kurve verschwunden sind. Langsam geht er zurück in den Hinterhof und dann ins Haus, um den Laden zu öffnen.
Kai lenkt die Pferde hoch konzentriert durch den dichten Morgenverkehr und ist wieder einmal froh, dass die beiden Wallache durch kaum etwas aus der Ruhe zu bringen sind. Im Gegenteil. Während andere Pferde scheuen oder unruhig werden würden, bahnen sich die beiden in aller Ruhe ihren Weg durch die vielen Transport- und Personenkutschen. Sogar die Reiter, die manchmal in einem unmöglichen Tempo an ihnen vorbeirasen, ignorieren sie weitgehend. Darüber kann Kai nur den Kopf schütteln, ist es doch lebensmüde auf dem glatten Pflaster zu galoppieren, so wie es hier einige immer wieder gern machen. Eigentlich grenzt es schon an ein Wunder, dass die Pferde nicht öfter ausrutschen und schwer stürzen.
Schließlich erreichen sie das östliche Stadttor, was Kai erleichtert aufatmen lässt, denn schon kurz außerhalb der Stadt ist der Verkehr deutlich weniger dicht und bald sind sie beinahe alleine auf der Straße unterwegs.
Erst jetzt sieht Yari zu Kai. »Sag mal, wie ist dieser Hemingway eigentlich? Ich meine, muss ich das Halsband da wirklich andauernd tragen?« Diese Frage beschäftigt ihn schon eine ganze Weile.
Nachdenklich blickt Kai nach vorn. »Was soll ich sagen? Hemingway ist im Großen und Ganzen ein anständiger Mensch. Er behandelt seine Sklaven gut und eigentlich auch wie Menschen, aber nicht wie Gleichgestellte. Darum wirst du wohl das Halsband tragen müssen, sobald du unser Zimmer verlässt. Ich werde zwar versuchen, mit ihm zu reden, aber er ist nun mal der Meinung, dass die Leute ein Recht darauf haben, jederzeit zu wissen, welchen Stand eine Person hat. Das ist eine etwas seltsame Logik, weil es im Haus ja sowieso jeder weiß, aber so ist er nun mal.«
Entschuldigend sieht er kurz zu Yari, konzentriert sich aber sofort wieder auf die Straße. Noch teilen sie sich diese nämlich mit den wenigen Autos, die erst in ein paar Kilometern auf eine separate Straße wechseln können, um dort deutlich schneller zu fahren.
»Verstehe.« In Gedanken versunken blickt Yari nach rechts, wo er durch die Bäume hindurch das Meer erkennen kann. Nur am Rande bekommt er mit, dass Kai die Pferde in einen gleichmäßigen Trab fallen lässt, den die Tiere über einen sehr langen Zeitraum laufen können, ohne dabei zu ermüden.
Auf einmal spürt er eine Hand auf seinem Bein und wendet sich wieder zu Kai um, der ihn lächelnd ansieht.
»Das ist kein Grund, Trübsal zu blasen. Wir kommen schließlich erst morgen Abend an und fahren schon am Samstagmorgen wieder nach Hause.«
Nach Kais Hand greifend senkt Yari den Blick. »Das ist es nicht. Ich habe nur irgendwie ein ungutes Gefühl, das ist alles. Und das Leder wird langsam unangenehm auf der Haut. Ich bin es nicht mehr gewohnt, das Halsband so lange zu tragen.« Genervt zupft er an dem Leder rum, was ihm leider keine wirkliche Erleichterung bringt.
»Es tut mir leid, Yari. Nur ist die Wahrscheinlichkeit extrem groß, dass wir unterwegs Leuten begegnen, die ich kenne und die sich vielleicht auch an dich erinnern.«
Mit einem Seufzen legt Yari nun den Kopf auf Kais Schulter. »Ich weiß, das Risiko ist wirklich zu groß. Trotzdem bleibe ich jetzt so sitzen.« Ein leichter Trotz ist bei dem letzten Satz aus Yaris Stimme herauszuhören, der Kai schmunzeln lässt.
»Ja, mach das.«
Nach etwa der Hälfte der Strecke lenkt Kai die Pferde von der Straße auf einen Feldweg, der nach ein paar Metern zu einer Wiese an einem kleinen See führt. Erleichtert lässt er die Pferde anhalten und zieht die Handbremse der Kutsche an.
Erst als sie sicher stehen, berührt er Yari vorsichtig an der Wange, ist sein Liebster doch schon vor einiger Zeit an seiner Schulter angelehnt eingeschlafen. »Yari, wach auf, wir machen jetzt eine kleine Rast.«
Murrend öffnet Yari die Augen. Sich aufrichtend mustert er nun seine Umgebung. »Das ist aber nicht der Gasthof.« Noch nicht wirklich ganz wach reibt er sich den etwas steifen Nacken, dem die seltsame Schlafposition nicht wirklich gutgetan hat.
Grinsend steigt Kai vom Kutschbock. »Wir haben erst etwa die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Die Pferde brauchen eine Pause und ich ehrlich gesagt auch.« Er nimmt die beiden Wassereimer von der Ladefläche und geht mit ihnen runter zum See.
Als er den ersten Eimer gefüllt ans Ufer stellt, nimmt Yari ihn ihm ab. »Ich mach das schon. Wenn du fährst, dann kann ich mich ja wohl um die Pferde kümmern.« Kai jetzt auch den zweiten Eimer abnehmend, dreht sich Yari zu den Pferden um und geht zu ihnen.
Er hat die Wassereimer kaum hingestellt, als Blacky und Rocky auch schon durstig anfangen zu trinken.
Während die beiden ihren Durst stillen, holt Yari zwei Futtersäcke von der Ladefläche. Einer davon wird ihm von Kai abgenommen, sodass sie bequem beide Pferde gleichzeitig füttern können.
»Mach nachher die Zügel ab und löse die Handbremse ein wenig, dann können die beiden noch etwas von dem Gras hier fressen, während wir unsere Brote essen.«
»Okay«, nickt Yari, während er darauf achtet, dass ihm Blacky in seiner Gier nach dem Futter den Sack nicht aus den Händen reißt.
Als auch der letzte Halm verschwunden ist, löst er die Zügel von den Trensen und lockert die Handbremse so weit, dass die Pferde den Wagen zwar bewegen können, aber gleichzeitig auch nicht zu weit weglaufen. Erst danach geht er zu Kai, der schon eine Decke im Gras ausgebreitet und einiges von ihrem Proviant darauf verteilt hat.
»Das sieht ja lecker aus.« Grinsend greift er nach einer der Erdbeeren, die Ren gestern noch auf dem Markt gekauft hat, und hält sie Kai vor den Mund.
Schmunzelnd beißt Kai ein Stück ab und sieht dann kauend zu, wie sich Yari den Rest in den Mund schiebt. »Die müssen wir heute essen. Man merkt, dass es die Letzten in diesem Jahr sind, und diese Wärme tut ihnen auch nicht gut.« Kai nimmt nun auch eine der Beeren und hält sie seinem Liebsten hin, der seinerseits ein Stück abbeißt.
So füttern sie sich lachend gegenseitig, bis sie alle sechs Erdbeeren gegessen haben.
An einem Rosinenbrötchen knabbernd legt sich Yari auf den Rücken und genießt die warmen Sonnenstrahlen, deren Kraft durch den leichten Wind, der vom Meer auf der anderen Seite der Straße zu ihnen herüberweht, auf ein angenehmes Maß gemildert wird.
Als er schon eine Weile mit hinter dem Kopf verschränkten Armen und geschlossenen Augen daliegt, spürt er plötzlich ein Gewicht auf seinem Becken. »Sharik, was hast du vor?« Fragend sieht er Kai an, der ihn frech angrinst.
Sich links und rechts von Yari auf dem Boden abstützend, beugt sich Kai nach vorn. »Nach was sieht es denn aus?« Auf einmal wird er herumgewirbelt und findet sich nur einen Augenblick später unter seinem Liebsten liegend wieder, der ihn nun ernst grinsend ansieht.