Magellan. Stefan Zweig
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Magellan in Indien
März 1505 - Juni 1512
Die ersten portugiesischen Schiffe, die den Tejo hinabsteuerten in die unbekannte Ferne, hatten der Entdeckung gedient, die zweiten suchten noch friedlichen Handel mit den neuerschlossenen Gebieten. Die dritte Flotte wird bereits kriegerisch ausgerüstet – unabänderlich hebt von diesem 25. März 1505 jener dreiteilige Rhythmus an, der das ganze nun beginnende Kolonialzeitalter beherrschen wird. Jahrhunderte wird der gleiche Vorgang sich wiederholen: erst wird die Faktorei errichtet, dann die Festung zu ihrem angeblichen Schutz. Erst wird mit den einheimischen Herrschern friedlich getauscht, dann, sobald man genug Soldaten herangeholt hat, den Fürsten ihr Land und damit die ganze Ware einfach weggenommen. Kaum ein Jahrzehnt, und Portugal hat über den ersten Erfolgen bereits vergessen, daß es ursprünglich nichts anderes begehrte als bloß einen bescheidenen Anteil am Gewürzhandel des Orients. Aber im glücklichen Spiel verlieren sich rasch die guten Vorsätze; von dem Tage, da Vasco da Gama in Indien landet, geht Portugal sofort daran, alle andern Nationen wegzustoßen. Rücksichtslos betrachtet es ganz Afrika, Indien und Brasilien als sein alleiniges Revier. Von Gibraltar bis Singapore und China soll von nun ab kein anderes Schiff mehr die Meere durchfahren, auf dem halben Erdball niemand Handel treiben dürfen als ein Angehöriger der kleinsten Nation des kleinen Europa.
Exotische Pflanzen
Kupferstich aus Bry's Reisewerk (1605)
Großartiges Schauspiel darum, jener 25. März 1505, da die erste Kriegsflotte Portugals, welche dies neue Imperium – das größte der Erde – erobern soll, den Hafen von Lissabon verläßt, ein Schauspiel, vergleichbar in der Geschichte nur jenem, da Alexander der Große den Hellespont überschreitet; auch hier ist die Aufgabe eine gleich überhebliche, denn auch diese Flotte fährt aus, nicht, um ein einzelnes Land, ein einzelnes Volk, sondern eine Welt sich Untertan zu machen. Zwanzig Schiffe liegen und warten mit gespannten Segeln auf den Befehl des Königs, die Anker zu lichten, und es sind nicht mehr wie zu Zeiten Enriques kleine, offene Barken, sondern schon breite, schwere Galeonen mit hohen Kastellen am vorderen und rückwärtigen Heck, mächtige Segelschiffe mit drei und vier Masten und ausgiebiger Bemannung. Neben den hunderten von kriegsgeübten Matrosen scharen sich nicht weniger als fünfzehnhundert gerüstete und gepanzerte Soldaten sowie zweihundert Bombardiere an Bord; außerdem sind noch Zimmerleute und alle möglichen Arten von Handwerkern mit eingeschifft, um dann in Indien an Ort und Stelle sofort neue Schiffe auszurüsten.
Auf den ersten Blick muß jeder begreifen, daß einer so gigantischen Flotte ein gigantisches Ziel gesetzt ist: die endgültige Besitzergreifung des Morgenlandes. Nicht vergebens ist dem Admiral Francisco d' Almeida der Titel eines Vizekönigs von Indien zugeteilt, nicht zufällig hat gerade der erste Held und Seefahrer Portugals, Vasco da Gama, der »Admiral der indischen Meere«, die Ausrüstung gewählt und geprüft. Die militärische Aufgabe Almeidas ist eindeutig klar. Almeida hat alle mohammedanischen Handelsstädte in Indien und Afrika zu schleifen und zu zerstören, an allen Stützpunkten Festungen zu errichten und Garnisonen zurückzulassen. Er hat – zum erstenmal wird die politische Idee Englands vorausgenommen – an allen Ausgangspunkten und Durchgangspunkten sich festzusetzen, alle Meerengen von Gibraltar bis Singapore zuzupfropfen und damit jeden fremden Handel auszusperren. Dem Vizekönig ist ferner befohlen, die Seemacht des Sultans von Ägypten sowie jene der indischen Rajahs zu vernichten und so streng alle Häfen unter Kontrolle zu halten, daß von diesem Jahre des Herrn 1505 an kein Schiff ohne portugiesischen Paß auch nur ein Korn Gewürz mehr verfrachten darf. Mit dieser militärischen Aufgabe geht die ideelle, die religiöse Hand in Hand: in allen eroberten Ländern das Christentum zu verbreiten; darum hat die kriegerische Ausfahrt zugleich das Zeremoniell eines Kreuzzugs. Mit eigener Hand überreicht der König in der Kathedrale Francisco d' Almeida die neue Fahne aus weißem Damast mit dem eingewebten Kreuze Christi, die über heidnischen und maurischen Landen siegreich wehen soll. Kniend empfängt sie der Admiral, und auf den Knien leisten hinter ihm die Fünfzehnhundert, die alle gebeichtet und das Abendmahl empfangen haben, den Eid der Treue ihrem irdischen Herrn, dem König von Portugal, sowie dem himmlischen Herrn, dessen Reich sie über diesen fremden Reichen erheben sollen. Feierlich wie eine Prozession durchschreitet der Zug die Stadt zum Hafen; dann donnern zum Abschied die Geschütze, und grandios gleiten die Schiffe den Tejo hinab in das offene Meer, das ihr Admiral bis ans andere Ende der Erde für Portugal erobern soll.
Unter den Fünfzehnhundert, die vor dem Altar mit erhobener Hand den Eid der Treue schwören, kniet auch ein vierundzwanzigjähriger Mann bisher unberühmten Namens, Fernão de Magelhaes. Von seiner Herkunft weiß man kaum mehr, als daß er um 1480 geboren ist. Aber schon seine Geburtsstätte ist umstritten. Der von späteren Chronisten angegebene Ort Sabrosa in der Provinz Tras os Montes hat sich nach neueren Forschungen als unrichtig erwiesen, weil ein angebliches Testament, welchem man diese