So viele Killer: Vier Kriminalromane. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу So viele Killer: Vier Kriminalromane - Alfred Bekker страница 28
„Stoppen Sie hier!“, befahl er dem Fahrer. Müssen erst auf Meldung warten. Es hat keinen Sinn, einfach ins Blaue hinein zu suchen.“
Er streifte den Kopfhörer ab und bat den Funker, den Lautsprecher des Empfängers einzuschalten, damit die Besatzung jede eingehende Meldung mithören könne.
Nach wenigen Minuten begann es im Lautsprecher zu rauschen und zu knacken, eine Stimme quäkte:
„Hier Wagen einunddreißig, hier Wagen einunddreißig; Wagen sechsundsiebzig bitte melden ...!“
„Einunddreißig — ich höre!“
„Zeit: zweiundzwanzig Uhr einunddreißig. Gesuchter Rolls-Royce Nordgrenze Hyde Park in Richtung Acton gefahren. Haben Verfolgung aufgenommen.“
„Danke, einunddreißig“, quittierte der Inspector. Er schaltete das Mikrofon ab und befahl dem Fahrer zur Bayswater Road hinaufzufahren.
Aber ganz so einfach war es nicht. Der Fahrer des Rolls-Royce schien alle Schliche und Tricks zu beherrschen. Im Verlauf der nächsten fünfundachtzig Minuten wurde das Fahrzeug zwar immer wieder gesichtet, aber jedes Mal verlor man es aus den Augen. Die Verfolgungsjagd führte kreuz und quer durch West- und Süd-West-London. In Twickenham musste sich Taggart endlich widerwillig dazu entschließen, die Verfolgung abzubrechen, weil sie sinnlos geworden war.
„Schalten Sie ab!“, befahl er dem Funker niedergeschlagen — aber im gleichen Augenblick kam für ihn eine Durchsage:
„Kontrollstation acht an Wagen sechsundsiebzig. Inspector Taggart, bitte melden.“
Taggart ging auf Senden und meldete sich.
„Soeben hat das Teddington-Revier angerufen. Wo stehen Sie, Taggart?“
„Twickenham-Mitte.“
„Fein! Fahren Sie sofort nach Teddington und nehmen Sie im dortigen Revier mit dem Nachtdienst Verbindung auf. Sergeant Woodall hat angerufen, er kann Ihnen unter Umständen im Fall Rolls-Royce weiterhelfen ...“
„Ein Lichtblick — hoffentlich“, murmelte Taggart ungläubig, „vielen Dank ...!“
*
Sergeant Woodall, ein im Dienst ergrauter Mann an der Grenze des Pensionsalters, machte große Augen, als ein mit Schlafanzug, Schlafrock und Hausschuhen bekleideter Mann gegen Mitternacht das Teddingon-Revier betrat und sich als Inspector Taggart vorstellte.
„Können Sie sich legitimieren?“, fragte er misstrauisch.
„Leider kann ich das nicht“, lachte der Inspector, „denn ich pflege nicht mit Ausweis und Dienstmarke schlafen zu gehen. Aber wenn es sein muss, können wir Superintendent Heytesbury anrufen ...“
„Wird nicht nötig sein“, versetzte der Beamte und hatte mit einem Mal keine Zweifel mehr — offenbar weil gerade Sergeant Jellicoe mit einem seiner Beamten nachgekommen war.
„Well — Kontrollstation acht hat mir durchgegeben, dass Sie unter Umständen etwas über den gesuchten Rolls-Royce wissen“, drängte der Inspector. „Ich höre.“
Erst als er eine Zigarette angeboten bekommen hatte, taute Woodall etwas auf. Er hatte ein von tausend roten Adern marmoriertes Gesicht und einen faltigen Hals, aber seine Augen waren jung geblieben und blickten aggressiv.
„Eine prima Sorte, die Sie rauchen“, bemerkte er. „Also, das war so: Bei uns in Teddington ist nicht viel los. Deshalb vertreibe ich mir, wenn ich Nachtdienst habe, manchmal die Langeweile durch Abhören des Streifen-Funkverkehrs. Auf diese Weise habe ich rein zufällig Ihre Jagd auf den Rolls-Royce mitbekommen. Und ich kenne jemanden, der einen Rolls-Royce fünfunddreißig fährt und ihn wie seinen Augapfel hütet. Es handelt sich um den jungen Taugenichts, der vor acht Monaten Julian's Lodge gemietet hat.“
Schade, das Ganze wird auf eine Fehlanzeige hinauslaufen!, überlegte Taggart ärgerlich. Er fragte:
„Halten Sie etwa den jungen Mann für einen Verbrecher?“
„Eigentlich nicht“, bekannte der Sergeant verlegen und kratzte sich nervös am Hinterkopf. „Es ist nur so: Er sieht wie ein Gigolo aus, arbeitet nichts, hat aber alle Taschen voller Geld. So viel habe ich festgestellt ...“
„D. Edward Squire. D. bedeutet Dom — komischer Vorname, finde ich ...“
Wie elektrisiert zuckte der Inspector zusammen. Hatte nicht der Pistolenheld den Vornamen „Dom“ erwähnt? Ja, natürlich! Jetzt erinnerte sich Taggart genau.
„Ich bin Ihnen sehr zu Dank verpflichtet“, sagte er anerkennend. „Wo finde ich Julian's Lodge?“
„Fahren Sie nach Isleworth hinunter, biegen Sie in die alte Straße nach Feltham ein, und dann kommen Sie nach genau einer Meile zu einem kleinen Park. Dort steht ein sonderbares Haus mit vielen Türchen, das Sie, ganz nach Belieben, als große Villa oder als kleines Schloss bezeichnen können. Es stand viele Jahre leer. Ich glaube, Verwalter ist ein Steuerberater, der in der City wohnt.“
Um nichts zu versäumen, unterhielt sich Taggart noch einige Minuten mit dem Beamten, gewann aber bald die Überzeugung, dass er alles erfahren hatte, was dem Sergeanten bekannt war, und verabschiedete sich mit höflichem Dank.
Ehe er mit Sergeant Jellicoe den Schlachtplan besprach, gab er einen zweiten Rundspruch an alle Streifenwagen durch und hob ausdrücklich die Fahndung nach dem Rolls-Royce fünfunddreißig auf. Das entsprach zwar nicht den üblichen Gepflogenheiten der Kriminalpolizei, aber der Fall, an dem Taggart arbeitete, war ohnehin ganz anormal und forderte dilatorische Behandlung.
„Sie finden den Weg?“, vergewisserte sich der Inspector.
„Jawohl, Sir!“, bestätigte der Fahrer und startete.
Es war eine finstere Nacht. Eine steife Brise jagte die Wolken über den Himmel, sodass dem zunehmenden Mond kaum eine Chance blieb, und die empfindlich kühl gewordene Luft roch nach salzigem Wasser und Regen. Taggart war das erste gerade recht.
Gegen null Uhr fünfzig stoppte der Streifenwagen am Fuß eines Hügels, auf dem eine alte Windmühle stand. In mäßiger Entfernung schräg gegenüber hob sich der kleine Park, von dem der Sergeant gesprochen hatte, als dunkle Silhouette vom helleren Himmel ab.
Die Scheinwerfer des Polizeiwagens erloschen, der Inspector schickte sich an, in Begleitung zweier Konstabler den Wagen zu verlassen.
„Pardon, Sir“, wandte Sergeant Jellicoe ein. „Sie können doch nicht ... in diesem Aufzug ...“
Taggart lachte leise. „Haben Sie eine Ahnung, was ich alles kann! Und wenn ich splitterfasernackt wäre, ich würde mich nicht zurückhalten lassen!“
Die Constabler Brown und Williams waren genau informiert. Ihnen fiel die Aufgabe zu, Taggart den Rücken zu decken und ihm in einiger Entfernung zu folgen. Nur im äußersten Notfall hatten sie einzugreifen.
Taggart machte eine Runde um das eingezäunte Grundstück, nachdem er das Haupttor verschlossen gefunden hatte, und fand — als es gerade ein Uhr schlug — an der Rückseite ein zweites, schmales Tor, dessen Flügel weit offen standen. Er ging in die Hocke und ließ für