WOLLUST ACH - Uwe, der Student. Gerhard Ebert

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war. Denn selbstverständlich wollte Ellen zu ihrem Freund gebracht werden. Uwe entschloss sich, die Sache nun als Kavalier zu enden. Das hieß, er lief züchtiger als ursprünglich gedacht neben ihr her. Sie aber hakte sich ein, und hing regelrecht an seiner Seite. Was ihn nun wieder mutiger machte. Er fasste um ihre Taille und zog die biegsame Frau fester zu sich heran. Welch Spiel sie launig mitmachte. Schneller als erwünscht waren sie in der Nähe des Hauses, in dem der Freund wohnte. Ellen blieb stehen und schaute auf zu Uwe.

      „Bin da!“ sagte sie.

      „Oh“, sagte er, „so ein Elend!“

      „Nicht doch“, erwiderte sie und bot ihren Mund. Uwe staunte, aber nur für Sekunden. Denn so viel Mann war er nun doch, dass er ein solches Angebot nicht ausschlug. Aus einem anfangs noch neugierigen Kuss wurde prompt eine inbrünstige Knutscherei. Ellen hatte Uwe vorsorglich in den Schatten gezogen; denn zunächst hatten sie im Schein einer Laterne gestanden.

      Und was Uwe weiß Gott noch nicht erlebt hatte: Mit nur kurzen Unterbrechungen wuchtete Ellen ihm zunehmend energisch ihr Becken gegen den Schoss, was sein Blut in Wallung brachte und sein Penis überraschend gut verstand. Die alsbald gnadenlose Erhebung spürte Ellen offenbar; denn sie ließ nicht locker, blieb jetzt aber dicht bei ihm und wuchtete nicht mehr mit dem Becken, sondern massierte sein eingeklemmtes strammes Stück raffiniert mit ihren Schenkeln.

      Waren sie beide der Situation letztlich nicht gewachsen? Uwe spürte die unfreiwillige Entladung und hielt inne.

      „Das ist, oh!“ murmelte er verunsichert. Und hätte sich im nämlichen Moment am liebsten auf die Zunge gebissen. Denn jeder Kommentar war jetzt ganz zweifellos total überflüssig. Sie hatte natürlich mitbekommen, was ihm da passiert war. Auch sie atmete noch völlig aufgewühlt.

      „Schön“, sagte sie nun, „schön, jetzt muss ich aber, mach’s gut!“

      Sie küsste ihn noch einmal deftig und schon schritt sie davon, als sei nichts zwischen ihnen gewesen. Aber, was zum Teufel, war da gewesen?!

      Uwe grübelte auf dem langen Marsch zum Ratstannenweg. Hatte Ellen sich selbst befriedigen wollen und dabei so nebenher auch ihn befriedigt? Aber war das überhaupt eine Befriedigung? In die Hose hatte seine Ladung ja eigentlich nicht gehört! Wahrscheinlich hatte Ellen sich nur aufgeilen wollen für die Nacht mit ihrem Freund! Oder hatte sie gehofft, dass er seinen Strammen aus der Hose holt und bei ihr einführt? Einfach so im Stehen? Wie sollte das gehen? Und ohne Gummi! Nein, sie wollte ihn gar nicht! Auf einmal war Uwe alles klar. Wenn sie es hätte mit ihm machen wollen, hätte sie, wie diese Gudrun, nach seinem guten Stück gefasst! Wobei, was Gudrun betraf, nicht ganz und gar gewiss war, ob sie es tatsächlich auf einen Fick abgesehen gehabt hatte.

      Ellen musste gespürt haben, dass da einer geradezu sehnsüchtig lauerte! Doch nicht den kleinsten Fingerzeig hatte sie gegeben! Oder war etwa das geil wuchtende Becken der sogar überdeutliche Fingerzeig gewesen? Was er nicht kapiert hatte? Verdammt! Möglicherweise, das war nicht auszuschließen, hatte er alles falsch gemacht. Doch wie geht ein Mann vor in solch einer Situation? Uwe schlussfolgerte: An einem ganz bestimmten Punkt hatte er wahrscheinlich eine falsche Entscheidung getroffen. Als nämlich sein Penis sich so wunderbar reckte, hätte er es darauf ankommen lassen müssen, hätte er mannhaft draufgängerisch probieren müssen, ob sie sich ihm hingibt.

      Aber nein doch! Nicht ohne Gummi! Ja, wenn das Objekt der Begierde eine hinreißende Schönheit, eine Göttin von Frau gewesen wäre! In solch einem Fall würde er sich vergessen! Aber Ellen? So attraktiv war sie nun auch wieder nicht! Wehmütig erinnerte sich Uwe, wie er als Jüngling urplötzlich geradezu unter Starkstrom zu stehen pflegte, wenn er eine Angebetete auch nur in der Ferne gesichtet hatte.

      Immerhin, resümierte Uwe letztlich mit gewisser Befriedigung: sein Penis war knochenhart steif geworden! Irgendwelche geheimnisvolle biologische Mechanismen hatten funktioniert. Das war letztlich doch ein positiver Effekt so nebenher. Seit dieser Nacht fochten Ellen und Uwe noch intensiver im Unterricht. Aber das war auch alles, was sich noch zwischen ihnen abspielte.

      5.Küsschen in der „Melodie“

      Uwe war vorgesehen für das Theater am Schiffbauerdamm! Mit Christa und Ursula sollte er in Berlin sein Berufspraktikum absolvieren, wobei Christa, weil von höherem Semester, als Leiterin der Gruppe vorgesehen war. Nun gut. Seitdem Frauen gleichberechtigt waren, durfte das kein Ärgernis sein. Christa war eine ganz nette Person, unter ihrem Kommando würde es wohl auszuhalten sein. Ursula hatte gelegentlich eine Art rechthaberisch zu sein, die Uwe nicht behagte, welcher man aber aus dem Wege gehen konnte, indem man ihr geschickt auswich. Beide Frauen hatte er im Übrigen bislang nie irgendwie im Sinne einer Annäherung ins Visier genommen. Und wenn, dann hätte er Christa vorgezogen; denn die sah nicht nur gut aus, die war auch von Statur sozusagen seine Kragenweite. Ursula war ihm einfach zu groß.

      So stand denn Uwe im Sommer 1951 mit den zwei Kommilitoninnen vorm Theater am Schiffbauerdamm. Nur kurz verharrten sie gewissermaßen in Ehrfurcht vor dem immerhin schon damals historischen Musentempel und schritten alsdann zur Begrüßung durch den Chefdramaturgen. Günther Ruschin höchstpersönlich empfing sie in seinem Büro. Der freundliche alte Herr erzählte zunächst kurz vom Theater, erläuterte sehr überzeugend den aktuellen Spielplan, fand die aktuelle Formalismus-Debatte arg übertrieben und wollte schließlich wissen, ob die jungen Gäste aus Weimar vom berühmten Theaterinstitut irgendwelche besondere Wünsche hätten. Wenn das nicht der Fall sei, werde er vorschlagen, wie er sich ein solches Praktikum vorstelle. Christa, die nun gefragt war, erklärte, was ihnen aufgetragen worden war, und das erwies sich als durchaus kongruent mit dem, was Herr Ruschin sich ausgedacht hatte.

      Uwe indessen hatte natürlich noch ein anderes Interesse, und das war, je nach Gemütslage, fast noch brennender. Nicht dass er sich das zur allerersten Aufgabe gemacht hätte, aber vorgenommen hatte er sich das schon: Nämlich endlich einmal bei einer Frau richtig zum Zuge zu kommen. Und in der Hauptstadt müsste das doch eigentlich leichter sein als irgendwo sonst im Lande.

      Sehr bald hatte Uwe herausgefunden, dass sich nur wenige Schritte und um nur einige Ecken entfernt vom Theater im Keller des Friedrichstadtpalastes ein respektables Tanzlokal befand. Dorthin, in die „Melodie“, zog es ihn nach den Vorstellungen, wenn nicht noch irgendeine Verpflichtung zu absolvieren war. Zu der Tageszeit, zu der er dort aufzukreuzen pflegte, war es daher grundsätzlich schon rappelvoll und nur schwer Platz zu kriegen. Meist fand er sich ziemlich abgemeldet in einer Ecke wieder, von wo aus nur sehr erschwert beim Beginn einer Tanzrunde an eine Tänzerin heranzukommen war. Die Schönen, für die er ein Auge hatte, waren dann meist schon vergeben für den Abend. Aber Uwe gab nicht auf, schließlich ist man nicht alle Tage in Berlin.

      Die Lage in der „Melodie“ war noch aus anderem Grund höchst ungünstig für einen wie ihn, der aus der „Zone“ kam. Uwe war das zunächst gar nicht aufgefallen, aber eines Abends war er an einen Tisch geraten, wo ihn ein neugieriger Einheimischer in ein Gespräch verwickelte. Der Berliner machte Uwe darauf aufmerksam, dass es grundsätzlich nicht ratsam sei, Damen zum Tanz zu bitten, die an einem Tisch sitzen, wo Wein getrunken wird. Dort säßen nämlich in der Regel Westberliner, die aufgrund des aktuellen Umtauschkurses hier wie die Fürsten leben könnten, und Westberlinerinnen würden einem „Zoni“ fast immer die kalte Schulter zeigen. Wenn er Erfolg haben wolle, müsse er sich Weiber suchen, die bei einem Bier oder bei einer Selters sitzen. Die nämlich kämen meist aus dem Ostsektor. Obwohl, auch die seien schwierig, denn die seien in der Regel auf einen Westberliner scharf; weil der einfach immer gut bei Kasse sei. Uwe verschlug es den Atem.

      „Das ist ja der Hammer!“ stöhnte er geradezu.

      „Ja, wir sind angeschmiert!“ sagte der Fremde, lachte und klopfte Uwe herzhaft auf die Schulter.

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