Little Pearl. Madlen Schaffhauser

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Little Pearl - Madlen Schaffhauser Little Pearl

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      Zu diesem Buch

      »Ich bin nicht er.«

      »Nein, bist du nicht, aber das macht keinen Unterschied.«

      Evan und Beziehung? Auf keinen Fall.

      Evan und Familie? Unmöglich.

      Er hält nichts von ernsthaften Bindungen, er hat der Liebe abgeschworen. Nur so bleibt er vor größerem Verlust verschont. Das dachte er sich zumindest, bis ihm Avery gegenübersteht.

      Avery, die das letzte Jahr durch die Staaten gereist war, um zu vergessen und um die schrecklichen Bilder ihrer Vergangenheit aus dem Kopf zu streichen, hat in Little Pearl endlich das Gefühl, angekommen zu sein. Und als sie dann noch Evan über den Weg läuft, erscheint es ihr, als würde sie wieder zu leben beginnen.

      Doch kann sie über ihren Schatten springen und Evan in ihr Herz lassen?

      Widmung

      Für alle Averys und Evans da draußen.

      Kapitel 1

      Evan

      Heilige Scheiße, mein linkes Auge ist praktisch zugeschwollen, ich kann im Moment nichts damit sehen. Dylan konnte zwar nur einen Haken landen, dafür aber einen recht schmerzhaften. Ihm dürfte jedoch viel mehr wehtun. Am liebsten hätte ich noch länger auf ihn eingeprügelt. Für das was er meiner Schwester angetan hat, waren meine Schläge verhältnismäßig milde. Wenn er nicht wie ein Schlappschwanz auf dem Boden gelegen hätte, nachdem ich ihm die Faust ins Gesicht gerammt hatte, würde er wahrscheinlich die nächsten Tage nicht mehr auf seinem Arsch sitzen können.

      Cécile ist fast durchgedreht, als ich vorhin bei ihr war und sie erfahren hat, dass ich mich mit Dylan geprügelt habe. Wenn ich ehrlich bin, habe bloß ich auf ihn eingedroschen, während er nicht mal seine Hände zum Schutz gehoben hat. Unglaublich aber wahr, Cee hat sogar noch ihren Ex in Schutz genommen. Sie meinte, er hätte ihr nicht extra wehtun wollen.

      Gott, wie kann sie nur so blind sein?! Allerdings dachte auch ich für eine kurze Zeit, Dylan wäre ganz in Ordnung. Er ist im Grunde genommen ziemlich witzig und klug, und versteht sein Handwerk. Dennoch, allem Anschein nach sollte man doch dem ersten Eindruck mehr Beachtung schenken.

      Ich schleudere mein New York Yankees Cap zur Seite. Eigentlich habe ich auf die Couch gezielt, allerdings ist er knapp über die braune Kiste geflogen, die als Tisch dient, und zwischen ihr und der Couch zu Boden gesegelt. Statt ihn aufzuheben, gehe ich in die Küche, die gleich links neben dem Eingang ist, um mir ein Bier aus dem fast leeren Kühlschrank zu holen. Wäre vielleicht wieder mal an der Zeit einkaufen zu gehen.

      Ich lehne mich an die weiße Arbeitsfläche und drehe den Kronkorken ab. Nachdem ich einen tiefen Zug genommen habe, halte ich mir die Flasche ans blaue Auge, um es zu kühlen. Das Veilchen wird Morgen bei der Arbeit nicht gerade einen guten Eindruck machen. Tja, auch egal. Jemand musste ja Dylan zeigen, dass man so wie er, meine Schwester nicht behandelt.

      Nach einem weiteren Schluck schüttle ich den Kopf. Ich bin noch immer fassungslos, und das alles nur wegen diesem Scheißkerl Dylan. Ich muss mich irgendwie auf andere Gedanken bringen, Dampf ablassen. Ich kann nicht ständig an meine Schwester und an ihren verletzten Gesichtsausdruck denken.

      Mein Handy steckt in meiner hinteren Jeanstasche, das ich jetzt hervorhole. Als ich das Display entsperrt habe, rufe ich meinen Freund Gordon an, mit dem ich schon seit der Highschool abhänge. Nach mehrmaligem Klingeln kommt die Mailbox. Ich hasse es draufzusprechen. Heute mache ich jedoch eine Ausnahme. »Hey, wo steckst du? Kommst du später ins Blue? Ich mach mich in wenigen Minuten auf den Weg.« Ohne Verabschiedung drücke ich auf auflegen und schmeiße das Telefon auf die Arbeitsfläche neben den Kühlschrank.

      Mit der halbleeren Bierflasche gehe ich ins Bad und mache die Dusche an. Meine Wohnung ist kein Palast, sie hat bloß zweieinhalb Zimmer, dafür liegt sie an der beliebten Main Street von Little Pearl, und über meinem Fitnessstudio. Mehr brauche ich im Moment auch nicht, so wenig wie ich Zuhause bin.

      Mein geschwollenes Auge schmerzt, als mir Seife übers Gesicht läuft. Ich ziehe scharf die Luft ein. Ich muss zugeben, Dylan hat einen harten rechten Haken. Wie würde ich wohl aussehen, wenn er sich gewehrt hätte? Ich denke besser nicht darüber nach, wie ich aussehen und mich fühlen würde, hätte er ein paar Mal richtig zugeschlagen.

      Trotzdem frage ich mich immer wieder, warum er nicht seine Fäuste benutzt hat, um sich zu wehren. Warum er es sich gefallen ließ, wie ich auf ihn losgegangen bin. Doch dann sehe ich Cécile, und wie sie wegen ihm leidet. Und mein schlechtes Gewissen verpufft so schnell, wie es aufgetaucht ist.

      Kurze Zeit später bin ich bereit, mich amüsieren zu gehen. Wer weiß, wenn ich eine gute Story wegen meinem blauen Auge erfinde, hat möglicherweise eine scharfe Braut Mitleid mit mir. Wenn ich es mir genau überlege, brauche ich gar nichts zu erfinden. Manche Frauen mögen es, wenn sich Männer prügeln.

      Gerade als ich nach dem Smartphone greifen und in meiner Hosentasche verstauen will, taucht eine Nachricht von Kyle auf. Mein zweitältester Bruder will wissen, was ich heute noch für Pläne habe. Sein Date ist scheinbar ins Wasser gefallen.

      Statt ihn anzurufen, texte ich ihm kurz, dass ich auf dem Weg ins Blue bin. Ich mag meinen Bruder - ich korrigiere mich: Ich mag meine Brüder. Leider leben mein ältester und mein jüngster in New York, sodass wir uns etwa bloß einmal im Monat sehen. Nur werden die Abstände zwischen ihren Besuchen hier meiner Ansicht nach immer größer. Coben, der älteste von uns Johnsons, ist wegen seiner Freundin weggezogen und Chase macht sein Medizinstudium dort.

      Wenigstens machen Kyle und ich ziemlich oft was zusammen. Er arbeitet als Zimmermann und kommt regelmäßig in mein Fitnessstudio. Ich habe ja schon dicke Oberarme, aber der, der hat noch ein paar Zentimeter mehr.

      Ich bin noch nicht mal in meinem Chevy, da meldet sich Kyle mit einem blinzelnden Smiley und Daumen hoch.

      Das Blue ist ein angesagter Club in der Gegend. Eigentlich ist es nicht so mein Ding, den ganzen Abend Bumm-Bumm-Musik zu hören, aber es gibt da ziemlich heiße Mädels, die nur darauf warten, von einem Gentleman wie mir angebaggert zu werden. Ja, genau, ich kann ein wahrer Gentleman sein. Zumindest für eine Nacht.

      Der Türsteher lässt mich gleich rein, als ich vor ihm stehe. Er ist ein guter Kunde von mir und wir trainieren ab und zu miteinander.

      Ich suche den Club nach bekannten Gesichtern ab. Doch das Einzige, was mir ins Auge springt, sind die halbnackten Weiber auf der Tanzfläche. Ich lehne mich an die Theke und schaue zu, wie sie sich zur Musik bewegen. Wie sie ihre Hüften schwingen und ihre langen Beine zeigen. Eine süße Blondine in einem kurzen engen Kleid streckt ihre Hände in die Höhe, wobei ihr schier die Airbags aus dem Ausschnitt kullern.

      »Was darf’s sein?«, fragt mich der Barkeeper, womit er zu meinem Missfallen mein Spannen unterbricht. Es wurde gerade interessant.

      »Ein Bier.« Gleich darauf schiebt mir der Typ hinter der Theke eine Flasche zu und ich ihm einen Zehndollarschein. Ich drehe mich wieder zur Tanzfläche, um mich umzusehen. Um mich wieder der Blondine zu widmen.

      »Hey, Kumpel.«

      Ich verschütte fast mein Bier, als ich von hinten angerempelt werde. Ich balle schon meine Faust, um dem Kerl, der es gewagt hat, mich zu stoßen, eine reinzuhauen. Mann, bin ich noch immer aufgeladen. Normalerweise bin ich nicht der, der gleich zuschlägt oder

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