Compliance Monitorships. Maximilian F. Schlutz
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„Compliance Monitorships“ – Wie kann
ein US-Instrumentarium den Alltag
deutscher Unternehmen bestimmen?
Maximilian F. Schlutz
Fachmedien Recht und Wirtschaft | dfv Mediengruppe | Frankfurt am Main
Zugleich Dissertation Goethe-Universität Frankfurt am Main.
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
ISBN: 978-3-8005-1790-9
© 2021 Deutscher Fachverlag GmbH, Fachmedien Recht und Wirtschaft, Frankfurt am Main
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Druck: WIRmachenDRUCK GmbH, Backnang
Printed in Germany
Vorwort
Die vorliegende Arbeit wurde im Herbst 2020 von der rechtswissenschaftlichen Fakultät der Goethe-Universität Frankfurt am Main als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten im Wesentlichen bis August 2020 berücksichtigt werden.
Auf meinem juristischen Werdegang und während der Erstellung dieses Werks haben mich viele Menschen unterstützt, denen ich an dieser Stelle danken möchte.
HerzlichdankenmöchteichzunächstmeinemDoktorvater, Herrn Prof. Dr. Matthias Jahn, für die exzellente Betreuung. Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. Theodor Baums danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.
Danken möchte ich Frau Rechtsanwältin Andrea Klamser, die meine juristische Ausbildung nachhaltig geprägt hat, sowie den Herren Dr. Theo Waigel und Dr. Andreas Pohlmann, dass sie mir im Rahmen von Experteninterviews Rede und Antwort gestanden haben.
Ich danke meinem Vater, Herrn Rechtsanwalt Joachim H. Schlutz, für die Inspiration, mich mit der Thematik Compliance Monitorship auseinanderzusetzen sowie für den gelegentlichen Meinungsaustausch.
Mein größter Dank gebührt meiner gesamten Familie, insbesondere meiner Mutter Petra von Hebel, die stets die Interessen ihrer Kinder vor ihre eigenen gestellt hat.
Diese Arbeit ist meinem Großvater Gerhard Dilcher gewidmet, der die Fertigstellung leider nicht mehr erleben konnte. Die Liebe und Dankbarkeit, die ich für ihn stets empfunden habe, kann ich nicht in Worte fassen. Er wird in meinen Erinnerungen immer weiterleben.
Frankfurt am Main, im Januar 2021 | Maximilian F. Schlutz |
I. Untersuchungsgegenstand
Die vorliegende Dissertation befasst sich mit Unternehmensbeobachtern bzw. -aufpassern, sogenannten „Compliance-Monitoren“, die für einen bestimmten Zeitraum Compliance-Systeme prüfen, bewerten und dabei helfen sollen, beanstandete Rechtsverstöße in Zukunft möglichst zu vermeiden.
1. Kernproblem
Die Strafvollstreckungspraxis der US-Behörden hat dazu geführt, dass die Thematik „Compliance Monitorship“ zunehmend auch für europäische Unternehmen Relevanz entfaltet.1 Als Folge strafverfahrensbeendender Vergleiche mit US-Behörden waren bzw. sind in mehreren deutschen Unternehmen Compliance-Monitoren tätig.2 Ein Compliance-Monitor ist eine Art „Unternehmensaufpasser“, der überprüft, sicherstellt und zertifiziert, dass die Compliance-Strukturen des Unternehmens den Anforderungen des US-Rechts entsprechen.3 Ausgangspunkt der abgeschlossenen Vergleiche sind regelmäßig Ermittlungen durch das US-amerikanische Department of Justice (DOJ) wegen möglicher Verstöße unter anderem gegen den Foreign Corrupt Practices Act (FCPA).
Der FCPA ist ein US-Gesetz, das internationale Korruption ahndet und sich durch einen sehr weiten4 Anwendungsbereich auszeichnet.5
In den USA sahen zwischen 1993 und 2009 etwa 30 % und im Jahr 2016 mehr als 50 % der abgeschlossenen Vergleichsvereinbarungen den Einsatz eines Monitors vor.6 Im Jahr 2018 war die Zahl der Unternehmen, die in den USA infolge von FCPA-Verfahren einen Monitor einsetzen mussten, gegenüber den Vorjahren rückläufig.7 Allerdings kann daraus noch nicht gefolgert werden, dass das der Ausgangspunkt einer langfristigen Entwicklung sein wird, wobei das vom DOJ im Oktober 2018 veröffentlichte und im Laufe der Untersuchung noch zu besprechende Benczkowski-Memorandum allerdings eine Tendenz in diese Richtung aufzeigt.8
2. Monitorships innerhalb deutscher Unternehmen
Die Berichterstattung im Fall der Korruptionsaffäre um den Münchner Elektrokonzern Siemens hat gezeigt, dass ausländische Antikorruptionsbehörden grenzüberschreitend gegen deutsche Unternehmen ermitteln und diese im Anschluss rechtlich zur Verantwortung ziehen. Im Jahr 2008 sprach in Washington D. C. ein US-Bundesgericht Siemens wegen vorsätzlich umgangener und fehlender interner Kontrollen und Nichteinhaltung der Rechnungslegungsvorschriften des FCPA für schuldig.9 Nach geständiger Einlassung der Siemens-Verantwortlichen erreichte das Unternehmen eine Beendigung des Verfahrens gegen Zahlung von 800 Millionen Dollar.10 Gleichzeitig erklärte sich Siemens in der Schuldvereinbarung („Plea Agreement“) damit einverstanden, dass Theo Waigel für einen Zeitraum von vier Jahren ab Unterzeichnung der Vereinbarung als unabhängiger Monitor für Siemens tätig wird.11 Mit dem ehemaligen Bundesminister der Finanzen war erstmalig in der US-amerikanischen Rechtspraxis ein Nicht-Amerikaner als Compliance-Monitor tätig.12
Die Siemens-Korruptionsaffäre und der anschließende Einsatz des Monitors stellen keinen Einzelfall dar. Auch Daimler und Bilfinger mussten bereits einen unabhängigen Monitor beauftragen, der innerhalb beider Unternehmen im Anschluss an die strafverfahrensbeendenden Vergleiche mehrere Jahre eingesetzt wurde. Im Fall von Daimler stellte das Unternehmen im Jahr 2006 zur Aufklärung von Schmiergeldzahlungen Louis Freeh, der in den 90er Jahren die US-Bundespolizei FBI geleitet hatte, als Berater ein. Am 22.03.2010 vereinbarte Daimler mit dem DOJ den Abschluss eines „Deferred Prosecution Agreements“ (DPA). Eine Bedingung dieses Vergleichs war, dass Daimler fortan einen Compliance-Monitor im Unternehmen einsetzt.13 Im Anschluss an den Vergleich von Daimler mit den US-Behörden zog das Unternehmen fortan Freeh als unabhängigen Kontrolleur heran.14 Auch beim Mannheimer Industriedienstleister Bilfinger wurde Freeh im Herbst 2015 als Monitor eingesetzt, nachdem bereits 2013 das US-Justizministerium den Schweizer Juristen Mark Livschitz als Monitor installiert hatte.15 Grund für die Doppelbesetzung der Beraterposition war der Abgang des Vorstandsvorsitzenden Roland Koch, woraufhin es zu Unruhe an der Spitze des Konzerns kam. Da Bilfinger-Manager bei einem Ölpipeline-Projekt in Nigeria Regierungsbeamte mit rund 6 Millionen US-Dollar bestochen haben sollen, zahlte das Unternehmen eine Geldstrafe in Höhe von 32 Millionen Dollar und erklärte sich im Dezember 2013 in einem DPA mit dem Einsatz eines unabhängigen Monitors einverstanden.16 Das Monitorship bei Bilfinger endete im Dezember 2018, nachdem das Unternehmen ein