Internationales Kauf-, Liefer- und Vertriebsrecht. Martin Rothermel
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– Vertrag von Lissabon vom 13.12.2007, in Kraft getreten am 1.12.2009: Nachdem die Versuche für eine Verfassung gescheitert sind, wurde die Europäische Gemeinschaft mit dem Vertrag von Lissabon erneut grundlegend reformiert. Der EU-Vertrag wurde neu strukturiert. Der EG-Vertrag wurde durch den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV)48 ersetzt. Der EUV und der AEUV sind nunmehr die Grundordnung für eine einheitliche und einzige Rechtspersönlichkeit, die die Bezeichnung „Europäische Union“ trägt; es wurden zahlreiche institutionelle Änderungen vorgenommen, darunter insbesondere Erweiterung der Befugnisse des Parlaments und Aufnahme des Europäischen Rates in den Kreis der Unionsorgane; die Charta der Grundrechte der Europäischen Union erhielt denselben Rang wie der EUV und der AEUV.49
– Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft und dem Vereinigten Königreiche Großbritannien und Nordirland vom 24.12.2020 [Draft] beendet die „no-Deal-Übergangsphase“ nach dem EU-Austritt Großbritanniens zum 31.1.2020 (siehe den Beschluss (EU) 2020/135 des Rates vom 30.1.2020 über den Abschluss des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft).
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Im Verhältnis zu Drittstaaten hat die EU nach Art. 207 AEUV die Kompetenz für eine gemeinsame Handelspolitik. Hierzu gehören alle Maßnahmen, deren primärer Zweck die Beeinflussung von Handelsvolumina und Handelsströmen ist, bzw. Instrumente, durch die typischerweise Handelsvolumina und Handelsströme beeinflusst werden. Die Europäische Gemeinschaft hat in Ausübung dieser Kompetenz mit einer großen Zahl von Drittstaaten Handelsabkommen, Kooperations-, Präferenz- oder Zollabkommen abgeschlossen.
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Embargomaßnahmen im Rahmen der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) sind nach Art. 215 AEUV möglich. Der Rat fasst die entsprechende Maßnahme. Dies erfolgte bislang (nach dem EGV ohne die Einflüsse des Vertrages von Lissabon) zumeist im Rahmen einer Verordnung. Die für die Regulierung des Außenhandels wohl wichtigste Verordnung ist die sog. Dual-Use-Verordnung (VO (EG) 428/2009 des Rates vom 5.5.2009) über eine Gemeinschaftsregelung für die Kontrolle der Ausfuhr von Gütern und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck, die in der aktuellen Fassung seit August 2009 in Kraft ist.50 Es gibt eine Neufassung von Oktober 2020. Sie dient der Kontrolle der Ausfuhr von Gütern, die sowohl zivil als auch militärisch benutzt werden können. Erfasst wird auch der nicht verkörperte Transfer von Software oder Technologie. Die Dual-Use-Verordnung schafft Ausfuhrlisten, die für alle Mitgliedstaaten gelten. Zudem enthält sie eine Catch-all-Klausel, um Exporte von Gütern zu erfassen, die nicht explizit in den Ausfuhrlisten enthalten sind.
d) EWR
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Das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) vom 2.5.1992 umspannt die EU-Mitgliedstaaten und Liechtenstein sowie Island und Norwegen. Der EWR wurde geschaffen, um den Staaten der EFTA, für die eine Vollmitgliedschaft in der EU (noch) nicht erfolgen sollte, eine weitgehende Teilnahme am EU-Binnenmarkt zu ermöglichen.51 Die Schweiz ist dem EWR-Abkommen nicht beigetreten, obwohl sie Mitgliedstaat der EFTA ist (siehe oben zu den Freihandelszonen in Rn. 16). Die Schweiz hat seit dem Freihandelsabkommen von 1972 aber etwa 120 sektorspezifische internationale Verträge mit der EU abgeschlossen.52 Die Schweiz gehört also nicht zum EWR – auch wenn das öfter einmal fälschlicherweise angenommen wird, obwohl die Schweiz der EFTA angehört und mit dem Lugano-Übereinkommen (LuGÜ – siehe unten Rn. 326) ein zivilprozessuales Abkommen mit der Europäischen Union, Norwegen und Island abgeschlossen hat.
e) Veränderungen im Kreis der EU-Mitgliedstaaten (Ein-/Austritte) – abstrakt
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Bei Veränderungen im Kreis der EU-Mitgliedstaaten, also bei Ein- und/oder Austritten von EU-Mitgliedstaaten, ist der Status des jeweiligen Landes dann neu zu bestimmen.
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Für Eintritte in die EU gibt es viele praktische Beispiele – siehe dazu etwa den letzten Beitritt von Kroatien zur EU am 1.7.2013 und die dazu vorhandenen Dokumente und die erschienene Literatur: Viele Regelungen galten vom ersten Tag an – für manche Regelungen gab es Übergangsbestimmungen. Die EU-Verordnungen zum anwendbaren Recht (Rom I-VO und Rom II-VO – siehe unten Rn. 69 und 142) galten mit dem Zeitpunkt des Beitritts als lex fori gemäß den Anwendungsbestimmungen der Verordnungen, die zeitlich früher griffen (also die Rom I-VO für ab dem 17.12.2009 geschlossene vertragliche Schuldverhältnisse und die Rom II-VO für schadensbegründende Ereignisse ab dem 11.1.2009). Für ab dem 1.7.2013 geschlossene Verträge bzw. schadensbegründende Ereignisse sind demnach die Rom I- und Rom II-Verordnungen anzuwenden. Die damals für die Zuständigkeit sowie die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen relevante Brüssel I-VO von 2001 (EuGVVO, nun novelliert als Brüssel Ia-VO – siehe unten Rn. 244) galt für Kroatien auch mit dem Beitritt zum 1.7.2013, d.h. für die nach diesem Zeitpunkt eingereichten Klagen bzw. gefällten Entscheidungen war bereits die Brüssel I-VO anzuwenden (gemäß Art. 66 Abs. 2 lit. d) EuGVVO a.F., sofern eine Zuständigkeit gemäß EuGVVO-kongruenten Normen bestand – so nun in der EuGVVO n.F. nicht mehr geregelt). Auch die weiteren Instrumente der justiziellen Zusammenarbeit, wie EuZVO, EuVTVO, EuBVO, EuMahnVO und EuSCVO sowie EuGFVO (siehe unten Rn. 363 ff.), galten für Kroatien seit dem 1.7.2013 und für die danach ergangenen Titel. Für weitere EU-Beitritte wird man die jeweiligen Übergangsregelungen ebenso im Einzelnen prüfen müssen. Eine Richtungstendenz ist der Vergangenheit jedenfalls zu entnehmen.
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EU-Austritte gab es vor dem Brexit nicht, so dass insofern keine beispielhaften Rechtsakte oder Antworten auf bereits gestellte Fragen vorliegen. Allerdings gibt es zum Beispiel mit dem vorstehend beschriebenen Abkommen über den europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen) durchaus Beziehungen der EU zu Nicht-EU-Ländern, die wegen deren Interesse an der Teilnahme am EU-Binnenmarkt geschlossen wurden. Es kann angenommen werden, dass ein aus der EU austretender Mitgliedstaat grundsätzlich zumindest in Teilen noch am Binnenmarkt wird teilnehmen wollen (so im Grunde ja auch Großbritannien), so dass er sich um ein solches Abkommen bemüht. Denkbar wäre insofern ein „Beitritt“ zum EWR-Abkommen oder der EFTA oder der Abschluss sonstiger bilateraler Vereinbarungen (siehe zu den Freihandelszonen wie der EFTA oder dem EWR die Ausführungen oben unter Rn. 16 ff.).
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Für Staaten, die aus der EU austreten, wird es also im Rahmen der handelsrechtlichen Fragestellungen dieses Buches eine gesonderte Betrachtung für Sachverhalte während der Zugehörigkeit zur EU und danach geben. Für die Sachverhalte während der EU-Zugehörigkeit dürften keine Besonderheiten bestehen. Für die Sachverhalte nach dem EU-Austritt muss, wie bei sonstigen Drittstaaten auch, geprüft werden, ob und inwiefern völkerrechtliche oder andere Abkommen Aussagen zum anzuwendenden Recht bzw. zuständigen Gericht treffen.
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Nimmt man wieder den „Brexit“ in solchen Fällen immer als konkretes Beispiel, wird abzuwarten sein, ob und inwiefern diese Länder dem EWR oder der EFTA (derzeit wird oft von „EFTA 2.0“ gesprochen) beitreten. Für Gerichtsstands-, Anerkennungs- und Vollstreckungsfragen wird abzuwarten sein, ob ein Beitritt zum Lugano-Übereinkommen oder ein ähnlicher völkerrechtlicher Vertrag zustande kommt – die Vorgängerregelung der