Arbeitsrecht. Jean-Martin Jünger
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b) §§ 134, 138 Abs. 1 BGB
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Ein Vertragsschluss entgegen der §§ 134, 138 Abs. 1 BGB führt zur Nichtigkeit des Vertrags. Von § 134 BGB auch umfasst sind Verstöße gegen Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung.
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Beispiel
Wird im Arbeitsvertrag eine Vereinbarung getroffen, die den Arbeitnehmer dazu verpflichtet, 13 Stunden täglich zu arbeiten, so verstößt diese Regelung gegen § 3 ArbZG. Dieser Verstoß führt gemäß § 134 BGB grundsätzlich zur Nichtigkeit des ganzen Vertrages (§ 139 BGB). Dieses Ergebnis wird ganz offensichtlich dem Schutzbedürfnis des Arbeitnehmers aber nicht gerecht.
Insoweit gilt im Arbeitsrecht abweichend vom allgemeinen Zivilrecht der Grundsatz, dass im Zweifel der Rest des Vertrags als wirksam bestehen bleiben soll.[17]
2. Die Anfechtung des Arbeitsvertrages
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Besonderes Augenmerk soll im Folgenden auf die Anfechtung des Arbeitsvertrags gerichtet werden. Hier ergeben sich im Arbeitsrecht in Verbindung mit dem Fragerecht des Arbeitgebers Besonderheiten.
Anfechtung
I.Anfechtungserklärung, § 143 BGB
II.Anfechtungsgrund, §§ 119, 123 BGB
Lüge bei unzulässigen FragenRn. 114, Rn. 121 ff.
III.Wahrung der Anfechtungsfrist, §§ 121, 124 BGB
a) Anfechtung wegen arglistiger Täuschung
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Im Vorfeld des Vertrages ist der Arbeitgeber interessiert daran, Näheres über den Bewerber zu erfahren. Nur so kann er seine Entscheidung darüber treffen, wen er einstellt und wen nicht. In diesem Sinne wird er dem Bewerber zahlreiche Fragen stellen (wollen), sei es im Verlauf eines persönlichen Gesprächs oder auch mittels eines Fragebogens, der zur Vorbereitung eines Vorstellungsgespräches dienen soll.
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Stellt sich nach Vertragsschluss heraus, dass der Arbeitnehmer eine für den Arbeitgeber bedeutsame Frage nicht wahrheitsgemäß beantwortet hat oder einen für ihn bedeutsamen Punkt verschwiegen hat, so wird sich für den Arbeitgeber die Frage nach Lösungsmöglichkeiten vom Vertrag stellen.
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In Betracht kommt hier grundsätzlich eine Anfechtung des Vertrages wegen arglistiger Täuschung, § 123 BGB.
aa) Täuschung
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Unter einer Täuschung wird jedes Verhalten verstanden, was bei dem Vertragspartner kausal einen Irrtum – das unbewusste Abweichen des Vorstellungsbildes von der Realität – erregt.[18]
Sie kann durch positives Tun erfolgen, etwa durch eine Lüge auf eine Frage des Arbeitgebers hin. Eine Täuschung durch Unterlassen kommt dann in Betracht, wenn die andere Partei eine Tatsache, zu deren Aufklärung sie verpflichtet ist, nicht offen legt.[19]
Beispiel
Der Arbeitssuchende braucht ungünstige Umstände grundsätzlich nicht ungefragt zu offenbaren. Eine Aufklärungspflicht wurde z.B. ausnahmsweise angenommen, wenn die Verbüßung einer rechtskräftigen Freiheitsstrafe bevorsteht.[20]
bb) Arglist
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Arglistig ist die Täuschung dann, wenn sie darauf ausgelegt ist, den anderen zu einem Verhalten zu bewegen, das er bei richtiger Einschätzung der Sachlage unterlassen hätte.[21]
Bezüglich der Veranlassung des Vertragspartners zur Abgabe einer Willenserklärung reicht beim Täuschenden bedingter Vorsatz aus.
cc) Rechtswidrigkeit
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Liegen diese Voraussetzungen vor, so ergibt sich daraus grundsätzlich auch die Rechtswidrigkeit der Täuschung. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Lüge des Arbeitnehmers ausnahmsweise berechtigt war. Unzulässige Fragen darf der Arbeitnehmer ohne Konsequenzen zu befürchten unwahr beantworten.
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Danach muss der Arbeitnehmer nur diejenigen Fragen wahrheitsgemäß beantworten, an denen der Arbeitgeber „ein berechtigtes und schutzwürdiges Interesse“ hat, gegenüber dem das Interesse des Arbeitnehmers an der Geheimhaltung der Auskunft zurücktreten muss.[22]
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An dieser Stelle ist also eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen. Auf Seiten des Arbeitgebers steht das Informationsbedürfnis, ein möglichst genaues Bild von dem Bewerber zu gewinnen (Art. 12, 14, 2 GG). Der Arbeitnehmer muss hingegen davor geschützt werden, sich Fragen des Arbeitgebers über persönliche, für die Tätigkeit eher bedeutungslose Eigenschaften, ausgeliefert zu sehen (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG).
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Ein berechtigtes Interesse kann dem Arbeitgeber nur zugebilligt werden, wenn die Frage zur Einstellung, der fachlichen und persönlichen Eigenschaften sowie zur Ausübung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung aufschlussreich ist.[23] Die Frage muss stets in Beziehung zur geschuldeten Tätigkeit stehen und darf nicht unverhältnismäßig in die Intimsphäre des Arbeitnehmers eingreifen.
Beispiel
Fragen nach Alkohol- und Drogenkonsum, nach sexuellen Vorlieben, Krankheiten in der Familie sind unzulässig.
b) Eigenschaftsirrtum
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Auch die Anfechtung aufgrund eines Eigenschaftsirrtums nach § 119 Abs. 2 BGB ist im Arbeitsrecht von großer Bedeutung. Danach steht demjenigen ein Anfechtungsrecht