Juristische Methodenlehre. Mike Wienbracke
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Hinweis
Namentlich im Zivilprozess ist die Unterscheidung zwischen Antwort- und Gegennormen von großer Bedeutung: Denn nach der sog. Normbegünstigungstheorie trägt der Anspruchsteller „nur“ die Beweislast für das Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen der anspruchsbegründenden (Antwort-)Norm. Demgegenüber obliegt es dem Anspruchsgegner zu beweisen, dass der Tatbestand einer Gegennorm erfüllt ist, so dass der ihm gegenüber geltend gemachte Anspruch nicht entstanden, wieder vernichtet oder aber zumindest nicht durchsetzbar ist.[48]
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Zur letztgenannten Gruppe der sog. Hilfsnormen zählen
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• | Legaldefinitionen (z.B. § 12 Abs. 1 StGB: „Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind“), mit denen der Gesetzgeber die Bedeutung eines in einem anderen Rechtssatz (z.B. § 23 Abs. 1 StGB) verwendeten Begriffs (z.B. „Verbrechen“) verbindlich festlegt.[49] |
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Hinweis
Legaldefinitionen sind entweder in einer separaten Vorschrift enthalten, die einen ganzen Katalog von gesetzlichen Begriffsbestimmungen enthält (z.B. § 11 Abs. 1 StGB: „Im Sinne dieses Gesetzes ist […]“), oder aber über das jeweilige Gesetz verstreut (siehe z.B. § 13 BGB: „Verbraucher ist […]“), wobei der Gesetzgeber sich dann nicht selten der sog. „Klammertechnik“ bedient (z.B. § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG: „Ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt) […].“).[50]
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Beispiel[51]
Im „Restaurant-Fall“ (Rn. 2) ist A dem I u.a. nur dann nach § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er dessen Eigentum „vorsätzlich oder fahrlässig“ verletzt hat. Was dabei unter dem Begriff „fahrlässig“ zu verstehen ist, ergibt sich aus der Legaldefinition des § 276 Abs. 2 BGB: „Fahrlässig handelt, wer die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt.“
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Hierbei ist der Gesetzgeber nicht etwa an eine außerrechtliche Terminologie gebunden, sondern verfügt über eine eigenständige Definitionshoheit („Definierfreiheit“).[52] Plastisch insoweit Rüthers/Fischer/Birk: „Ein schönes Beispiel dafür, dass Legaldefinitionen nichts anderes als vom Gesetzgeber festgelegte Sprachgebrauchsvereinbarungen sind, ist die Bestimmung einer ,Reichsschokoladenverordnung‘ der dreißiger Jahre, in der angeordnet wurde: ,Weihnachtsmänner im Sinne dieser Regelung sind auch Osterhasen‘.“[53] |
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Um dem Rechtsanwender die Handhabung eines unbestimmten Rechtsbegriffs (z.B. § 28 Abs. 2 VwVfG: „Anhörung […] nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten“) oder einer Generalklausel (z.B. § 138 Abs. 1 BGB: „Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig“) zu erleichtern, enthält das Gesetz mitunter eine beispielhafte Aufzählung von Fällen, in denen diese(r) „insbesondere“ erfüllt ist (siehe z.B. § 28 Abs. 2 Nr. 1-5 VwVfG, § 138 Abs. 2 BGB). Zwar bringt der Gesetzgeber durch diese Formulierung deutlich zum Ausdruck, dass der unbestimmte Rechtsbegriff bzw. die Generalklausel auch in anderen als den gesetzlich aufgeführten Fällen vorliegen kann (Voraussetzung: Vergleichbarkeit mit diesen). Doch gilt umgekehrt, dass falls eine von diesen Konkretisierungen gegeben ist (z.B. § 28 Abs. 2 Nr. 1 VwVfG bzw. § 138 Abs. 2 Var. 1 BGB), die betreffende Vorschrift ohne Weiteres eingreift.[54] Zur rechtlichen Lösung des konkreten Falles bedarf es dann keines weiteren Eingehens mehr auf den betreffenden unbestimmten Rechtsbegriff (z.B. § 28 Abs. 2 VwVfG: Wann ist die Anhörung „nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten“?) bzw. die jeweilige Generalklausel (z.B. § 138 Abs. 1 BGB: Wann verstößt ein Rechtsgeschäft gegen die „guten Sitten“?).[55] |
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Beispiel[56]
Im „Eckkneipen-Fall“ (Rn. 2) wurde A die nach § 2 Abs. 1 S. 1 GastG notwendige Gaststättenerlaubnis ursprünglich erteilt, obwohl er bereits zu diesem Zeitpunkt trunksüchtig gewesen ist. Als die zuständige Behörde hiervon nunmehr erfährt, beabsichtigt sie, die Erlaubnis wegen „Unzuverlässigkeit“ des A nach § 15 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zurückzunehmen. Ist A „unzuverlässig“?
„Unzuverlässig“ ist ein Gewerbetreibender nach einhelliger Auffassung dann, wenn er nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe zukünftig ordnungsgemäß betreibt. Welche Fälle im Allgemeinen genau hiervon erfasst werden, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden. Denn § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG enthält eine beispielhafte Aufzählung von Umständen, bei denen die erforderliche Zuverlässigkeit stets fehlt („insbesondere“). Einer von diesen („dem Trunke ergeben“) ist in Bezug auf den trunksüchtigen A gegeben, so dass die ihm zunächst erteilte Erlaubnis wegen „Unzuverlässigkeit“ nach § 15 Abs. 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zurückgenommen werden muss.
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Hiervon wiederum zu unterscheiden sind schließlich die zur Konkretisierung von unbestimmten Rechtsbegriffen (z.B. „besonders schwerer Fall“ des Diebstahls, § 243 Abs. 1 StGB) im Gesetz mitunter verwendeten sog. Regelbeispiele.[57] Wenngleich diese weder zwingend noch abschließend sind, so entfalten sie doch zumindest eine starke Indizwirkung: Sind die Voraussetzungen eines Regelbeispiels erfüllt, so bedarf es einer eingehenden Begründung, um darzutun, dass abweichend von der gesetzlichen Annahme („in der Regel“) im konkreten Fall – vorliegend bezogen auf § 243 Abs. 1 StGB – dennoch kein „besonders schwerer Fall“ gegeben ist. Umgekehrt kommt auch der Nichterfüllung eines Regelbeispiels Indizwirkung zu, nämlich i.d.S., dass der hier beispielhaft genannte „besonders schwere Fall“ nach § 243 Abs. 1 StGB grundsätzlich nicht vorliegt. Nur wenn festgestellt werden kann, dass Umstände vorliegen, die zwar nicht vom Wortlaut eines benannten Regelbeispiels erfasst werden, aber mit dem zugrundliegenden Leitbild eines solchen vergleichbar sind, kann im Beispiel des § 243 Abs. 1 StGB ausnahmsweise auf einen sog. unbenannten „besonders schweren Fall“ erkannt werden (z.B. Entwendung eines Kleidungsstücks nach Zerstörung des Sicherungsetiketts, vgl. § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StGB);[58] |
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Verweisungsnormen. Um Wiederholungen in der Rechtsordnung zu vermeiden, ordnet der Gesetzgeber als Rechtsfolge der Erfüllung des Tatbestands einer Vorschrift nicht selten die Anwendung derjenigen Rechtsfolge
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