Juristische Methodenlehre. Mike Wienbracke
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– einerseits Rechtsgrund- bzw. Tatbestandsverweisungen, wonach die Rechtsfolge derjenigen Rechtsnorm, auf die verwiesen wird (§ B), nur dann eintritt, wenn zusätzlich zu den Tatbestandsmerkmalen der verweisenden Vorschrift (§ A) auch noch diejenigen der verwiesenen Rechtsnorm (§ B) erfüllt sind (so z.B. nach h.M. § 951 Abs. 1 S. 1 BGB bzgl. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 BGB: „Wer infolge der Vorschriften der §§ 946 bis 950 einen Rechtsverlust erleidet, kann von demjenigen, zu dessen Gunsten die Rechtsänderung eintritt, Vergütung in Geld nach den Vorschriften über die Herausgabe einer ungerechtfertigten Bereicherung fordern“)[62] und |
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– andererseits Rechtsfolgenverweisungen, wonach nur bzgl. der Rechtsfolgen auf eine andere Vorschrift (§ D) verwiesen wird, die tatbestandlichen Voraussetzungen aber allein der verweisenden Rechtsnorm (§ C) zu entnehmen sind (so z.B. in Bezug auf § 303 Abs. 1 StGB die Vorschrift des § 303 Abs. 2 StGB: „Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert“);[63] |
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– zum einen zwischen statischen Verweisungen. Eine solche liegt dann vor, wenn eine Vorschrift auf eine andere Rechtsnorm in einer ganz bestimmten (zeitlichen) Fassung verweist (z.B. § 1 Abs. 1 nds. VwVfG a.F.: „Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes […] gelten die Vorschriften des Verwaltungsverfahrensgesetzes [des Bundes] in der Fassung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102) […]“)[64] und |
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– zum anderen dynamischen Verweisungen, bei der eine Rechtsnorm auf eine andere Vorschrift in ihrer jeweils geltenden Fassung verweist (z.B. § 1 Abs. 1 VwVfG RhPf.: „Für die öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit der Behörden des Landes […] gelten […] die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) [des Bundes] in der Fassung vom 23. Januar 2003 (BGBl. I S. 102) in der jeweils geltenden Fassung […]“).[65] Während also bei der statischen Verweisung auf diejenige Fassung der verwiesenen Rechtsnorm Bezug genommen wird, welche diese im Zeitpunkt des Inkrafttretens der verweisenden Vorschrift hatte, ist bei der dynamischen Verweisung diejenige Fassung der verwiesenen Rechtsnorm maßgeblich, welche diese zum Zeitpunkt der jeweiligen Rechtsanwendung hat, d.h. eine zwischenzeitliche Änderung der verwiesenen Vorschrift kommt nur bei der dynamischen, nicht aber auch der statischen Verweisung zum Tragen.[66] Ob es sich bei einer Verweisung um eine statische oder dynamische handelt, vermag mitunter erst nach eingehender Auslegung der betreffenden Vorschrift beantwortet zu werden;[67] |
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• | die häufig – freilich nicht immer (siehe z.B. Art. 20 Abs. 1 GG: Demokratieprinzip) – ungeschriebenen allgemeinen Rechtsprinzipien, in denen übergeordnete Rechtsgrundsätze zusammengefasst sind und die den einzelnen Rechtsregeln zugrunde liegen (z.B. der Schuldgrundsatz im Strafrecht).[68] Anders als diese haben Rechtsprinzipien typischerweise weder einen subsumtionsfähigen Tatbestand noch treffen sie eine konkrete Rechtsfolgenbestimmung, sondern bedürfen vielmehr der Konkretisierung durch den Gesetzgeber bzw. die Rechtsprechung (Bildung von Fallgruppen).[69] Sollten sie sich hiernach nicht zu einem jeweils „rechtssatzförmigen Prinzip“ verdichten lassen und damit unmittelbar der Einzelfallentscheidung zugrunde gelegt werden können (so aber z.B. der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz[70] als Konkretisierung namentlich des Rechtsstaatsprinzips), geben die sog. „offenen Prinzipien“ als leitende Rechtsgedanken (Direktiven) die Richtung bei der Auslegung und Anwendung anderer Vorschriften vor, indem sie auf die Verwirklichung bestimmter Ziele hinwirken, sog. Finalprogramm (z.B. Umweltschutz, siehe Art. 20a GG).[71] Insoweit, als diese miteinander kollidieren (z.B. das Prinzip der Privatautonomie und das Sozialstaatsprinzip), sind sie derart auszugleichen, dass alle möglichst optimale Geltung entfalten („Optimierungsgebote“[72]).[73] Demgegenüber sind Rechtsregeln entweder erfüllt oder nicht erfüllt;[74] |
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JURIQ-Klausurtipp
Bei der Falllösung hat die Anwendung der (präziseren Rechts-)„Regeln“ (Rn. 79) Vorrang vor den (allgemeinen) Rechtsgrundsätzen.[75]
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gesetzliche Vermutungen und Fiktionen, mit denen der Gesetzgeber Schwierigkeiten bei der Sachverhaltsfeststellung Rechnung trägt.[76] Kommt es nach dem Tatbestand der jeweils einschlägigen Rechtsnorm für das Eingreifen der in dieser vorgesehenen Rechtsfolge auf das Vorliegen einer bestimmten Tatsache an, kann diese aber nicht aufgeklärt werden, so ist gleichwohl von ihrem Vorliegen auszugehen, sofern das Gesetz eine entsprechende Vermutungsregelung aufstellt und die Voraussetzungen für deren Eingreifen, die sog. Vermutungsbasis, gegeben sind.[77] Entspricht die gesetzliche Vermutung nicht den wirklichen Tatsachen, so ist gem. § 292 S. 1 ZPO der Beweis des Gegenteils zulässig (sog. widerlegliche Vermutung; z.B. § 477 BGB: „Zeigt sich innerhalb von sechs Monaten seit Gefahrübergang ein Sachmangel, so wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war […]“; Signalwort im Übrigen: „im Zweifel“), sofern es sich nicht um eine unwiderlegliche Vermutung
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