Das BGB für ausländische Studierende - Übungen zu Rechtssprache und Methodik. Lydia Scholz
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Es kann sein, dass eine Auslegungsmethode dazu führt, dass eine größtmögliche Zahl von Lebenssachverhalten erfasst wird, und eine andere Auslegungsmethode dazu führt, dass eine kleinere Zahl von Lebenssachverhalten erfasst wird. Wenn viele Lebenssachverhalte erfasst werden, sagt man, dass die Norm weit ausgelegt wurde. Wenn wenige Lebenssachverhalte erfasst werden, sagt man, dass die Norm eng ausgelegt wurde. Ausnahmevorschriften sind generell eng auszulegen, weil der Gesetzgeber schon durch den Ausnahmecharakter den Auslegungsspielraum eingeengt hat.
Beispiel
Nach der Wortlautauslegung und auch der teleologischen Auslegung kann ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB jedes Recht sein. Legt man die Norm hingegen systematisch aus, muss man ihren Regelungszusammenhang betrachten. Man schaut sich die anderen genannten Rechte wie Leben, Körper, Gesundheit usw. an und stellt fest, dass diese Rechte sogenannte absolute Rechte sind. Nach der systematischen Auslegung muss ein sonstiges Recht im Sinne der Norm daher ebenfalls ein absolutes Recht sein. Aus diesem Grund ist der Besitz als absolutes Recht ein sonstiges Recht im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB.
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Die Gesetzesanalogie
Mit einer Analogie wird eine Lücke im Gesetz geschlossen. Eine Analogie bedeutet, dass die Rechtsfolge einer Norm auf einen Fall entsprechend angewendet wird, selbst wenn nicht alle Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt sind. Es kommt vor, dass eine Situation nicht von den Normen des BGB erfasst ist, auch wenn man die Normen weit auslegt. Man sagt, dass es dann eine Regelungslücke gibt. Der Gesetzgeber hat diese bestimmte Situation nicht geregelt. Sofern der Gesetzgeber das nicht beabsichtigt und nicht geplant hat (die Regelungslücke also planwidrig ist), können andere vergleichbare Normen analog angewendet werden, wenn die Interessenlage gebietet, dass die Lücke geschlossen wird.
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Der Verweis
Schließlich kann eine Norm auch auf eine andere Norm hinweisen. Dies wird Verweis genannt. Wenn auf die gesamte andere Norm verwiesen wird, also auf deren Tatbestand und die Rechtsfolge, so handelt es sich um eine sogenannte Rechtsgrundverweisung. Wenn nur auf die Rechtsfolge verwiesen wird, so liegt eine Rechtsfolgenverweisung vor.
b) Beantworten Sie folgende Fragen zu den Texten.
(1) Was ist eine Legaldefinition?
(2) Wann spricht man davon, dass eine Norm eng ausgelegt wird?
(3) Was versteht man unter einer planwidrigen Regelungslücke?
(4) Welche Auslegungsmethode wendet man immer zuerst an?
(5) Bei welcher Auslegungsmethode berücksichtigt man den Sinn und Zweck der Norm?
(6) Was ist eine Rechtsgrundverweisung?
(7) Ist eine Interpretation entgegen dem Wortsinn möglich?
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c) Üben Sie nun die Auslegungsmethoden, den Verweis und die Analogie. Lesen Sie hierzu zunächst das folgende fiktive Gesetz.
Das Flüssigkeitshaushaltsgesetz von Trockenland
In Trockenland ist das Wasser knapp geworden. Es gibt nur eine einzige Wasserstelle, an der die Tiere trinken können. Das Parlament von Trockenland hat daher das folgende Flüssigkeitshaushaltsgesetz erlassen, das sicherstellen soll, dass die Tiere, die in der Wildnis leben und um die sich kein Mensch kümmert, Zugang zur Wasserstelle haben.
Flüssigkeitshaushaltsgesetzbuch (FHG) Allgemeiner Teil
§ 1 Anwendungsbereich
Dieses Gesetz regelt den Zugang zur Wasserstelle.
§ 2 Tiere
(1) Tiere im Sinne dieses Gesetzes sind nur wilde Tiere.
(2) Haustiere und Tiere, die in Begleitung eines Menschen sind, sind keine wilden Tiere.
§ 3 Zugang zur Wasserstelle
Die Tiere haben nach den Vorschriften dieses Gesetzes Zugang zur Wasserstelle.
§ 4 Verwaltung der Wasserstelle
Die Wasserstelle wird vom Krokodil verwaltet.
Besonderer Teil § 5 Säugetiere
(1) Kamele dürfen jeden zehnten Tag an der Wasserstelle trinken.
(2) Alle übrigen Säugetiere dürfen einmal am Tag an der Wasserstelle trinken.
§ 6 Reptilien
Auf Reptilien finden die für Säugetiere geltenden Vorschriften Anwendung.
§ 7 Falsche Angaben
Macht ein Tier falsche Angaben zu seiner Gattung, um dadurch häufiger an der Wasserstelle trinken zu dürfen, so darf es einen Monat lang nicht an der Wasserstelle trinken.
d) Vervollständigen Sie folgende Sätze mit den Wörtern bzw. Wortgruppen aus dem Kasten. Achten Sie auf die richtige Endung am Adjektiv und konjugieren Sie die Verben.
Regelungslücke – teleologische Auslegung – weit – grammatikalische Auslegung – verweisen – systematische Auslegung – planwidrig – Interessenlage – legaldefiniert – Sinn und Zweck – eng – analog |
In § 2 FHG ist der Begriff des Tieres . . . . . . . . . . . . . . .(1).
Nach der . . . . . . . . . . . . . . .(2) sind Haustiere solche Tiere, die in einem Haus leben.
. . . . . . . . . . . . . . .(3) des § 2 Abs. 2 FHG ist jedoch, solche Tiere von der Wasserstelle auszuschließen, um die sich ein Mensch kümmert und die daher von einem Menschen Wasser bekommen. Nach der . . . . . . . . . . . . . . .(4) können Haustiere deshalb nur solche Tiere sein, die sich mit dem Wissen und dem Willen der