Handbuch Ius Publicum Europaeum. Martin Loughlin

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Handbuch Ius Publicum Europaeum - Martin  Loughlin

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und das Streikrecht können unter dem Gesichtspunkt ihrer Struktur betrachtet ohne Weiteres als klassische Freiheitsrechte bezeichnet werden, wohingegen andere die sozialen Beziehungen berührenden Verfassungsprinzipien weniger als „Rechte“ denn als objektive Regeln zu analysieren sind, die aufgrund ihrer Unbestimmtheit über nur schwache normative Dichte verfügen und deswegen meist in Form von Staatszielen der Rechtfertigung von Freiheitsbeschneidungen dienen. Alles in allem ist der Unterschied zwischen der deutschen Formel des „Sozialstaats“ und der französischen Rechtsprechung zu genannten sozialen „Rechten“ recht gering: die sozialen „Rechte“ oder besser „Staatsziele“, die von der französischen Verfassungsordnung garantiert werden, stellen lediglich eine Kasuistik der Generalklausel der „sozialen Republik“ zusammen, ohne jedoch im Grundsatz bestimmte subjektive Ansprüche begründen zu können. Hinzu kommt, dass die durch das Völkervertragsrecht gewährleisteten „sozialen Rechte“, so die Fachgerichte, regelmäßig keine unmittelbare Wirkung entfalten können, da ihre Durchsetzung eine interpositio legislatoris erfordere. Letzten Endes bilden die so genannten sozialen „Rechte“ einen Gesamtkomplex verhältnismäßig vage formulierter und an den Gesetzgeber gerichteter Zielbestimmungen, deren normatives Gewicht im französischen Rechtssystem äußerst gering bleibt.[218]

      § 2 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Frankreich › IV. Fazit: Die Fünfte Republik zwischen Normalisierung und nationaler Besonderheit

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      Das französische Verfassungssystem stellt in der Landschaft westlicher Demokratien sicherlich eine Ausnahme dar. Dieses einzigartige System, das in Form eines autoritären Republikanismus aus der Taufe gehoben wurde und einer starken Mystik des Chefs verhaftet blieb, konnte im Lichte der Vergangenheit seines federführenden Gründervaters nicht einfach in die Form faschistischer Regime oder autoritärer Regierungen gegossen werden. In seinem Ursprung war das System ein Amalgam aus traditionellen Wertvorstellungen der Republik und autoritären Ideen, daher auch der hier verwendete Begriff des „autoritären Republikanismus“. Im Laufe der Zeit, insbesondere nach General de Gaulles Amtszeit sowie einigen Wechselfolgen und Perioden der Cohabitation, haben sich die einzigartigen Züge des Systems vor dem Hintergrund des europäischen Aufbaus und der Verfestigung der Herrschaft der EMRK zweifelsohne abgeschwächt. Allerdings scheint dieser verfassungsrechtliche Normalisierungsprozess im Wesentlichen das materielle Verfassungsrecht zu berühren, d.h. die Reichweite der verfassungsrechtlichen Gewährleistung von Grundrechten. In institutioneller Hinsicht bleibt die Fünfte Republik eine Besonderheit, insbesondere aufgrund des großen Gewichts des Präsidentenamtes, aber auch aufgrund der in Europa einzigartigen Organisierung der Verfassungsgerichtsbarkeit.

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      Diese besondere Form der Verfassungsgerichtsbarkeit belegt das traditionelle Problem Frankreichs, die gerichtliche Kontrolle der öffentlichen Gewalt zuzulassen und zu organisieren. Die besondere Organisation der Verwaltungsgerichtsbarkeit und vor allem des Conseil d’État, der nach dem Prinzip der funktionalen Dualität gleichermaßen Berater und Richter der Exekutive ist, rührt von ebendieser Schwierigkeit her, die bis auf die Französische Revolution zurückverfolgt werden kann und im Grunde Ausdruck des historisch schwachen Einflusses liberaler Ideen auf die französischen Institutionen ist. Die Fünfte Republik bildet keine Ausnahme von dieser Regel.

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      § 2 Grundlagen und Grundzüge staatlichen Verfassungsrechts: Frankreich › Bibliographie

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