Familien- und Erbrecht. Ute Brenneisen
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Sie sind sich darüber einig, dass ein Zugewinn nicht entstanden ist, bzw. soweit ein Zugewinn entstanden sein sollte, dieser bereits ausgeglichen ist bzw. auf ihn verzichtet wird.“
Die F beantragt im Mai 2014 die Scheidung der Ehe. Der Scheidungsantrag wird dem M am 23. Juni 2014 zugestellt. Darauf kündigt M das Arbeitsverhältnis aus persönlichen Gründen zum 1. September 2014. M verlangt von F den Ausgleich des hälftigen Unternehmenswertes.
(Anmerkung: Dem Sachverhalt liegt die Entscheidung des BGH[107] zugrunde.)
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Lösung
A. Anspruch aus § 738 Abs. 1 S. 2
Ein Anspruch des M auf Ausgleich des hälftigen Unternehmenswertes könnte sich aus § 738 Abs. 1 S. 2 ergeben. Das setzt voraus, dass M ein Anspruch auf Auszahlung des Auseinandersetzungsguthabens einer BGB-Gesellschaft hat. Das wäre der Fall, wenn das Unternehmen der F Bestandteil einer sog. Ehegatteninnengesellschaft in hälftiger Mitberechtigung von M und F gewesen wäre. Als eine solche Gesellschaft wird eine BGB-Gesellschaft bezeichnet, die nicht nach außen in Erscheinung tritt, sondern bei der lediglich im Innenverhältnis eine Beteiligungsgesellschaft entsteht.
1. Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft
M und F haben ausdrücklich keinen Gesellschaftsvertrag geschlossen. Der Auseinandersetzungsanspruch des M könnte daher nur auf einer konkludenten Übereinkunft von F und M beruhen. Dazu müsste der Wille der Ehegatten erkennbar gewesen sein, dass die von M im Unternehmen der F geleistete Tätigkeit Grundlage einer gemeinsamen Teilhabe an dem Unternehmen der F sein sollte.
a) Anforderungen an einen stillschweigenden Vertragsschluss
Gegen die Annahme einer konkludenten Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft spricht zunächst, dass M und F im Zeitpunkt ihrer Heirat im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt haben. Im gesetzlichen Güterstand können Ehegatten eine Teilhabe an dem gemeinsam Erarbeiteten und damit einen Ausgleich einer nicht anderweitig vergüteten Ehegattenmitarbeit bereits über den Zugewinnausgleich erwarten, soweit er nicht durch einen Ehevertrag ausgeschlossen oder gegenständlich beschränkt worden ist, §§ 1378, 1414. Indizien gegen einen auf die Begründung einer Ehegatteninnengesellschaft gerichteten Willen der Ehegatten ergeben sich daher aus der begründeten Erwartung auf den Zugewinnausgleich.
b) Verfolgung eines die Ehe übersteigenden Zwecks
Eine andere Auslegung des Willens der Ehegatten hält die Rechtsprechung in den Fällen für möglich, in denen die Ehegatten einen über die Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft hinausgehenden Zweck verfolgt haben.[108] Ein solcher Zweck wird angenommen, wenn die Ehegatten in dem Aufbau und der Führung eines Unternehmens zusammen gewirkt haben. Die durch die Mitarbeit des M erzielten Erträge haben zwar ausgereicht, um den Lebensunterhalt der Ehegatten zu decken. Das könnte zunächst dafür sprechen, dass die Mitarbeit von M gemäß §§ 1353 Abs. 1 S. 2, 1356 Abs. 2 S. 2, 1360 unterhaltsrechtlich geschuldet und daher nicht als Zweck anzusehen war, der über die Ehe hinausging. Durch die Mitarbeit des M sind aber neben den Erträgen auch Beiträge zur Unternehmenssubstanz geleistet worden, die als Beiträge zur Vermögensbildung über die eheliche Lebensgemeinschaft hinausgegangen sind.
c) Gleichberechtigte Mitarbeit
Ein Ausgleich nach gesellschaftsrechtlichen Gründen setzt weiter voraus, dass der Ehegatte gleichberechtigt mitgearbeitet und nicht nur eine untergeordnete Tätigkeit im Unternehmen innegehabt hat. Hierzu muss der mitarbeitende Ehegatte einen nennenswerten und für den erstrebten Erfolg bedeutsamen Beitrag geleistet haben.[109] M hat seit Beginn der Ehe bis zu seiner Kündigung das Unternehmen der F als Geschäftsführer geleitet. Dadurch hat er bedeutsame Beiträge für den Erhalt und das Fortkommen des Unternehmens geleistet. Dagegen spricht zwar, dass M mit F einen Arbeitsvertrag geschlossen hat, durch den er als Lagerarbeiter mit einer entsprechenden Entlohnung tätig sein sollte. Das könnte der Annahme, dass die Ehegatten durch die Mitarbeit des M eine konkludente Innengesellschaft begründet haben, entgegenstehen. Allerdings war der Wille der Ehegatten nicht wirklich auf eine solche Tätigkeit des M gerichtet. Der Arbeitsvertrag wurde vielmehr wegen der Überschuldung des M zum Schein geschlossen. M und F waren sich von vornherein darüber einig, dass M nicht nur als Lagerarbeiter, sondern in der Funktion eines Geschäftsführers tätig werden sollte. Der beiderseitige Ehegattenwille war daher auf eine erhebliche und gleichberechtigte Mitarbeit des M in dem Unternehmen der F ausgerichtet.
d) Zwischenergebnis
Damit liegen die Voraussetzungen einer durch die konkludente Mitarbeit des M begründete Ehegatteninnengesellschaft grundsätzlich vor.
2. Gesellschaftsrechtlicher Ausgleich neben dem Zugewinnausgleich
Soweit sich der Ausgleichanspruch auf den Zeitraum der Ehe bezieht, könnte er durch die Möglichkeit des Zugewinnausgleichs verdrängt sein. Der BGH hat bei Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, zwar nur in seltenen Fällen das Bestehen einer Ehegatteninnengesellschaft angenommen. Denn der im Fall einer Scheidung regelmäßig gebotene Vermögensausgleich ist durch die Vorschriften über den Zugewinnausgleich gesichert. Nach Auffassung des BGH bedeutet dies indes nicht, dass gesellschaftsrechtliche Ansprüche nur subsidiär gegeben sind, wie das bei ehebezogenen Zuwendungen der Fall ist.[110] Der Zugewinnausgleich dient gerade nicht dem Ausgleich der die Ehe übersteigenden Leistungen. Solche Leistungen sind nur nach gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen ausgleichsfähig und zwar unabhängig davon, ob die Ehegatten im gesetzlichen Güterstand lebten oder wie vorliegend den Zugewinnausgleich anlässlich der bevorstehenden Ehescheidung ausgeschlossen haben.
3. Ausschluss des gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruchs durch den Ehevertrag
Fraglich ist, ob die Ehegatten über den Wortlaut des Vertrages hinaus auch einen eventuell gesellschaftsrechtlichen Ausgleich ausschließen wollten. In dem Ehevertrag haben die Ehegatten erklärt, dass kein Zugewinn entstanden sei bzw. dass ein Zugewinn, soweit ein solcher entstanden sei, bereits ausgeglichen bzw. auf den Ausgleich verzichtet worden sei. In dem Ehevertrag wurde mithin nicht ausdrücklich auf die gesellschaftsvertraglichen Ansprüche verzichtet. Die Vereinbarung könnte indes so auszulegen sein, dass auch der gesellschaftsrechtliche Ausgleich zwischen den Ehegatten ausgeschlossen sein sollte. Dafür könnte sprechen, dass der Ehevertrag im unmittelbaren Vorfeld der Scheidung geschlossen worden ist und die Ehegatten zu diesem Zeitpunkt neben dem Unternehmen kaum Vermögen besaßen, auf das sich der Zugewinnausgleich hätte beziehen können. Deshalb könnte man annehmen, dass der Zugewinnausgleich inhaltlich dem gesellschaftsrechtlichen Ausgleich entspricht und deshalb beides von dem in dem Ehevertrag vereinbarten Verzicht erfasst sein sollte. Dieser Ansicht ist im Ergebnis jedoch nicht zu folgen.[111] Zwischen dem Zugewinnausgleich und dem gesellschaftsrechtlichen Ausgleich bestehen inhaltliche Unterschiede. Die Begründung der Innengesellschaft ist bereits vor der Eheschließung erfolgt und zudem nicht mit der Trennung der Ehegatten, sondern erst mit der Kündigung des M aus dem Unternehmen der F am 1.9.2014 beendet worden. Damit erfasst der gesellschaftsrechtliche Ausgleich einen anderen Zeitraum als der Zugewinnausgleich. Die Ehegatten hatten auch in dem Ehevertrag erklärt, dass sie sich einig seien, dass kein Zugewinn entstanden sei. Auch diese Vereinbarung lässt darauf schließen, dass sie den Wert des Unternehmens nicht als Zugewinn, sondern als gesellschaftsrechtlichen Tatbestand angesehen haben. Es liegt daher näher, den vereinbarten Ausschluss des Zugewinnausgleichs nicht auch auf einen