Insolvenzstrafrecht. Gerhard Dannecker

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Insolvenzstrafrecht - Gerhard Dannecker Praxis der Strafverteidigung

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bei Eröffnung des ansonsten unausweichlichen Insolvenzverfahrens geben die Gläubiger regelmäßig nach. Dann erreicht ein überzeugend auftretender „Sanierer“ oftmals die Gewährung von Stundungen oder den Abschluss von Teilerlassverträgen im Sinne eines teilweisen Forderungsverzichts.[110] Gleichzeitig wird bei den Gläubigern unter Andeutung von durch Dritte bereits bereitgestellten Geldern für die Durchführung eines Sanierungsplans und damit die Einrichtung eines Gläubiger-Fonds geworben. Das Vertrauen der Gläubiger in die angebliche Sanierung wird dabei insbesondere durch die Einrichtung eines dem Zugriff des Schuldners entzogenen Anderkontos gewonnen. Zur Unterstreichung der Seriosität und als scheinbare Sicherheit werden teilweise sogar Bankvorstände als Berater oder Mitkontrolleure von den Scheinsanierern genannt.[111]

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      Je nach Vorgehensweise macht sich ein solcher „Sanierer“ wegen Täterschaft oder Teilnahme an einem (Kredit-)Betrug, einer Untreue, einer Insolvenzverschleppung oder an einer Gläubiger- bzw. Schuldnerbegünstigung strafbar. Eine Untreue gegenüber den Gläubigern kann etwa dann bejaht werden, wenn der „Sanierer“ den Gläubigern zusagt, ihnen im Rahmen eines Sanierungsplans Fonds-Gelder auszubezahlen, um dadurch einen Stundungsvergleich herbeizuführen, in Wirklichkeit jedoch die Gelder abredewidrig anderweitig verwenden will.[112] Macht der vermeintliche „Sanierer“ falsche Angaben über den Fonds und die angeblich zur Verfügung stehenden (Dritt-)Gelder, so kann er sich wegen Betruges strafbar machen, wenn die Gläubiger dadurch zum Abschluss von Stundungs- oder Teilerlassverträgen veranlasst worden sind.

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      Oftmals misslingt den Strafverfolgungsbehörden jedoch der Nachweis eines Vermögensschadens. So muss zu Lasten des Täters nachgewiesen werden, dass die Gläubigerforderungen ohne den täuschungsbedingten Abschluss des Stundungs- oder Teilerlassvertrages zumindest teilweise noch realisierbar gewesen wären und erst nach der erfolglosen Durchführung der „Sanierung“ wertlos geworden sind.[113] Gelingt dieser Nachweis nicht, so kommt eine Verfolgung der Tat als Kreditbetrug gem. § 265b StGB in Betracht.[114] Schließlich droht dem „Sanierer“ ein Strafverfahren wegen Insolvenzverschleppung, wenn und soweit er als faktischer Geschäftsführer eingestuft werden kann oder formal betrachtet sogar eine entsprechende Funktion innerhalb des überschuldeten Unternehmens übernommen hat. In den übrigen Fällen kommt zumindest eine Strafbarkeit wegen Anstiftung oder Beihilfe zu einer Insolvenzverschleppung durch den Schuldner in Betracht.[115]

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      Soll ein bereits insolventes oder zumindest entsprechend gefährdetes Unternehmen vorübergehend fortgeführt oder optimal verwertet werden, so liegt häufig die Gründung so genannter Auffang-, Sanierungs- oder Betriebsübernahmegesellschaften nahe.[116] Ein solches Vorgehen ist sowohl vor als auch noch innerhalb eines Insolvenzverfahrens grds. zulässig.[117] Selbst wenn die Gründung im Einzelfall dem Interesse der Gläubiger entsprechen kann, darf nicht übersehen werden, dass es bei diesen Gesellschaften regelmäßig ausschließlich um die Zerschlagung des Unternehmens zu Lasten einzelner oder aller Gläubiger geht.[118] Außerhalb eines Insolvenzverfahrens kann in der Gründung einer solchen Auffanggesellschaft sogar eine Form der gesteuerten Insolvenz liegen. Bereits die Gründung einer Auffang-, Sanierungs- oder Betriebsübernahmegesellschaft kann unter Umständen strafrechtlich von Relevanz sein. Je nach Einzelfall verwirklicht sie ein Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen gem. § 283 Abs. 1 Nr. 1 StGB oder eine als unwirtschaftlich einzustufende Ausgabe im Sinne von § 283 Abs. 1 Nr. 2 StGB.[119] Auch der Auffangtatbestand des § 283 Abs. 1 Nr. 8 StGB kommt hier in Frage.[120] An eine Strafbarkeit wegen Insolvenzverschleppung, Gläubigerbegünstigung oder wegen Untreue ist in diesen Fällen ebenfalls zu denken. Da die Gründung solcher Gesellschaften jedoch grds. zulässig ist, sind die entsprechenden Merkmale der Straftatbestände hier besonders genau zu prüfen.[121]

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      Verbinden sich einzelne Gläubiger eines Schuldners zu einem Gläubigerpool, so stellt sich die Frage, inwieweit sie als Konstrukt in die Unternehmensorganisation des Schuldners eingreifen dürfen. Dies hängt zum einen von der privatrechtlichen Ausgestaltung des schuldnerischen Unternehmens, zum anderen von der Bereitschaft des Schuldners zur Zusammenarbeit ab. Handelt es sich bei dem Schuldner etwa um eine natürliche Person in der Form eines Einzelkaufmanns, so besteht für den Gläubigerpool rechtlich grds. keine Möglichkeit, eine Zusammenarbeit des Schuldners zu erzwingen. Insbesondere ist der Schuldner nicht dazu verpflichtet, mit dem Gläubigerzusammenschluss zu kooperieren. Ein Insolvenzverfahren ist in diesen Fällen schließlich (noch) nicht anhängig.

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      Handelt es sich bei dem Schuldner dagegen um eine Aktiengesellschaft oder eine andere vergleichbare juristische Person, so kann der Gläubigerverbund versuchen, über seine Mitbestimmung im Aufsichtsrat bzw. in einem Vergleichsgremium in die Unternehmensorganisation einzugreifen. Auch hier sind die hinter der juristischen Person stehenden natürlichen Personen aber nicht zu einer Zusammenarbeit mit dem Gläubigerpool verpflichtet.

      Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und InsolvenzstrafrechtsF. Verzahnung von Insolvenzrecht und Insolvenzstrafrecht › IV. Maßnahmen zur Massesicherung und zur Befriedigung von Gläubigern

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      Die Maßnahmen zur Massesicherung und zur Befriedigung einzelner Gläubiger sind in der InsO geregelt. Zu strafrechtlich bewehrten Verhaltensweisen von Schuldnern im Kontext der Insolvenz sei auf die unten[122] aufgeführten Insolvenzdelikte der §§ 283 ff. StGB verwiesen.

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      Eine in der Praxis häufig vorkommende Maßnahme zur Massesicherung, die während des Insolvenzverfahrens durch den Insolvenzverwalter genutzt werden kann,[123] ist die oben bereits erwähnte Insolvenzanfechtung nach §§ 129 ff. InsO. Diese bietet gem. § 129 Abs. 1 InsO die Möglichkeit, Rechtshandlungen, die noch vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgenommen worden sind und die Insolvenzgläubiger benachteiligen, nach den §§ 130 ff. InsO anzufechten. Mit dieser Möglichkeit soll dem Umstand Rechnung getragen werden, dass nicht selten von dem noch verfügungsberechtigten Schuldner im Vorfeld der Insolvenz Verfügungen getroffen worden sind, um entweder vorübergehend flüssige Mittel zur Verfügung zu haben oder aber auch um das Vermögen dem Zugriff der Gläubiger zu entziehen.[124] Solche Rechtshandlungen vor Insolvenzeröffnung sind grundsätzlich wirksam, jedoch anfechtbar, um sachlich ungerechtfertigte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen.

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      Wenn ein Insolvenzverfahren eröffnet wird, prüft der Insolvenzverwalter daher immer, ob möglicherweise Anhaltspunkte vorliegen, die eine Insolvenzanfechtung nach den §§ 129 ff. InsO zur Folge haben könnten. Der Begriff der Rechtshandlung i. S. d. § 129 Abs. 1 InsO ist weit auszulegen. Hierunter fallen neben rechtsgeschäftlichen Verfügungen schuldrechtliche Verträge, geschäftsähnliche Handlungen und Realakte

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