Gesellschaftsrecht I. Recht der Personengesellschaften. Ulrich Wackerbarth
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Beispiel:
Schließt der Mandant M mit der Anwaltssozietät „Anwaltsgesellschaft A und B“, der neben Rechtsanwälten auch Steuerberater und Wirtschaftsprüfer angehören, einen Vertrag, so kontrahiert M mit der Sozietät und nicht mit einem einzelnen Anwalt. Ist die Beratung in einer Rechtsangelegenheit Gegenstand des Vertrages, so ist die Sozietät verpflichtet, die Beratungsleistung zu erbringen und nicht ein einzelnes Mitglied der Sozietät.[8] Ob M einen Anspruch darauf hat, dass ihn gerade der Anwalt B betreut, ist nicht eine Frage der Vertragspartei, sondern des Vertragsinhaltes.
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Sachen, die zu Eigentum in die Gesellschaft eingebracht werden, sind Eigentum der Gesellschaft[9]. Da die BGB-Gesellschaft als Gesamthandsgemeinschaft gem. § 718 Abs. 1 BGB Rechtspositionen wie namentlich das Eigentumsrecht einnehmen kann und insoweit rechtsfähig ist, steht ihr auch das Grundrecht auf Eigentum zu. Sie ist also insoweit grundrechtsfähig[10]. Die BGB-Gesellschaft kann nicht nur Gläubigerin vertraglich begründeter Ansprüche sein, sondern auch Gläubigerin von Ansprüchen aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 BGB), unerlaubter Handlung (§ 823 BGB) und aus § 1 UWG. Konsequenterweise muss auch die Markenfähigkeit i. S. d. § 7 MarkenG bejaht werden[11].
2. Die Grundbuchfähigkeit
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Lange Zeit war die Grundbuchfähigkeit der BGB-Gesellschaft umstritten. Nach einer Änderung der Grundbuchordnung (§ 47 Abs. 2 GBO) ist die Eintragung einer BGB-Gesellschaft in das Grundbuch, z. B. als Eigentümerin, gesetzlich zugelassen. Allerdings bestimmt § 47 Abs. 2 GBO, dass neben der Gesellschaft als derjenigen, der das Recht materiellrechtlich zusteht, auch die Gesellschafter in das Grundbuch eingetragen werden müssen. Eine Eintragung der Gesellschaft allein unter dem Namen, den ihr die Gesellschafter gegeben haben, kommt als taugliches Abgrenzungskriterium gegenüber anderen Gesellschaften bürgerlichen Rechts nicht in Betracht. Die Identifizierung der Gesellschaft erfolgt über die notwendige Benennung ihrer Gesellschafter.[12]
3. Die Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft
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Da die (Außen-)BGB-Gesellschaft Trägerin von Rechten und Pflichten sein kann, ist es nur konsequent, ihr auch die Parteifähigkeit im Zivilprozess (§ 50 ZPO), die mit der Rechtsfähigkeit korrespondiert, zuzuerkennen[13]. Die BGB-Gesellschaft kann also Partei, d. h. Klägerin oder Beklagte, im Prozess sein[14].
Beispiel:
Die BGB-Gesellschaft hat als Verkäuferin gegen X (Käufer) einen Anspruch aus § 433 Abs. 2 BGB auf Zahlung des Kaufpreises erworben. In einem möglichen Zivilprozess wäre die BGB-Gesellschaft die Klägerin.
4. Die BGB-Gesellschaft als Mitglied eines anderen Verbandes
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Dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Mitglied eines anderen Verbandes (einer Personengesellschaft oder einer juristischen Person) sein kann, folgt schon aus der Rechtsfähigkeit als der Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten sein zu können, sofern es sich um eine Gesamthandsgesellschaft (als Außengesellschaft) handelt. Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann sowohl Aktionärin einer AG sein als auch einen Geschäftsanteil einer GmbH erwerben[15]; für die Beteiligung an einer Genossenschaft gilt im Grundsatz nichts anderes[16].
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Die (Außen-)BGB-Gesellschaft kann auch persönlich haftende Gesellschafterin einer OHG oder KG sein[17]. Ihr wird auch die Fähigkeit zuerkannt, Gesellschafterin einer anderen Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu sein.
Wird die BGB-Gesellschaft z. B. Kommanditistin, so sind neben der BGB-Gesellschaft auch die ihr zum Zeitpunkt des Beitritts angehörenden Gesellschafter in das Handelsregister einzutragen[18].
5. Die fehlerhafte BGB-Gesellschaft
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Auf die fehlerhaft zustande gekommene BGB-Gesellschaft finden die für die fehlerhafte Gesellschaft entwickelten Regeln Anwendung.[19] (siehe dazu unten Rn. 429 ff.)
Teil II Die BGB-Gesellschaft › § 6 Die Rechtsbeziehungen der BGB-Gesellschaft zu Dritten › II. Die Vertretung
1. Die Vertreter der Gesellschaft
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Die Vertretungsmacht als die Befugnis, im Namen der Gesellschaft mit Wirkung für und gegen alle Gesellschafter rechtsgeschäftliche Erklärungen (Willenserklärungen) abzugeben und entgegenzunehmen, steht nach §§ 714, 709 BGB den Gesellschaftern gemeinschaftlich zu. Das bedeutet, dass grundsätzlich für jedes Geschäft die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich ist. Wenn ein Vertrag mit einer BGB-Gesellschaft auch für den Vertragspartner erkennbar auf Seiten der Gesellschaft von allen Gesellschaftern abgeschlossen werden soll, so kommt der Vertrag im Zweifel erst in dem Moment zustande, in dem alle Gesellschafter die dazu notwendigen Willenserklärungen abgegeben haben. Das gilt auch für den Fall, dass schon vorher ein einzelvertretungsbefugter Gesellschafter dem Vertragsschluss zugestimmt hat[20]. Werden die vertretungsberechtigten Gesellschafter im Namen der Gesellschaft rechtsgeschäftlich Dritten gegenüber tätig, wird daraus die BGB-Gesellschaft berechtigt und verpflichtet. Nach § 714 BGB richtet sich der Umfang der Vertretungsmacht im Zweifel nach der über die Geschäftsführungsbefugnis getroffenen Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag. Das bedeutet: Wenn keine von der gesetzlichen Regelung abweichende Vereinbarung vorliegt, decken sich Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht. Haben z. B. nach dem Gesellschaftsvertrag mehrere Gesellschafter Einzel- oder Gesamtgeschäftsführungsbefugnis gem. § 710 BGB, so ist im Zweifel anzunehmen, dass sie dementsprechend Einzel- oder Gesamtvertretungsmacht haben sollen. Die Erteilung von Einzelvertretungsmacht muss nicht ausdrücklich erfolgen, sondern kann auch in konkludenter Form geschehen[21].
Beispiel:
In der aus A und B bestehenden Gesellschaft beschränkte A seinen Wirkungskreis über viele Jahre auf die internen Verhältnisse der Gesellschaft; dem anderen geschäftsführenden Gesellschafter B überließ der A ausschließlich die Regelung der Außenverhältnisse, d. h. er ließ ihm dafür freie Hand. Das führte dazu, dass B alle Verträge mit Dritten im Namen der Gesellschaft allein unterschrieb. Darin hat der BGH[22] eine konkludent erteilte Vollmacht zur Alleinvertretung der Gesellschaft gesehen. Im Zweifel handelt es sich um eine Duldungsvollmacht, weil A es wissentlich geschehen ließ, dass B für die Gesellschafter wie ein Alleinvertretungsbefugter auftrat. In der Duldung des A ist eine durch konkludentes Handeln abgegebene Willenserklärung zu sehen, mit der dem B die Alleinvertretungsbefugnis erteilt wurde.
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