Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen. Kurt Schellhammer

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Sachenrecht nach Anspruchsgrundlagen - Kurt Schellhammer

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Ersatzverlangens in einem Eigentümer-Besitzer-Verhältnis stehen[90].

      Gemäß § 999 I kann der jetzige – unberechtigte – Besitzer, wenn er Rechtsnachfolger des Vorbesitzers ist, auch dessen notwendige oder werterhöhende Verwendungen nach §§ 994, 995, 996 ersetzt verlangen[91]. „Rechtsnachfolger“ wird man nur durch ein – wirksames oder unwirksames – Veräußerungsgeschäft, nicht schon durch Besitzübergabe[92] oder Erwerb mittelbaren Besitzes[93].

      Nach §§ 999 II, 994 I, 995, 996 schuldet der jetzige Eigentümer auch Ersatz derjenigen Verwendungen, die schon vor seinem Eigentumserwerb gemacht worden sind[94].

      192

      Nach § 994 II hat zwar auch der auf Herausgabe verklagte oder bösgläubige Besitzer Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Verwendungen, die er auf die fremde Sache gemacht hat, aber nur unter den strengen Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag nach §§ 677, 683, und das ist eine hohe Hürde, die der Besitzer so leicht nicht überspringt. Denn die Verwendungen müssen nicht nur objektiv zur Erhaltung der Sache notwendig sein, sondern nach § 677 auch noch dem Interesse und dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entsprechen[95]. Andernfalls bleibt dem Besitzer nur ein schwacher Bereicherungsanspruch nach § 684 mit §§ 812, 818. Ein ablehnender Wille des Eigentümers ist nach § 679 nur dann unbeachtlich, wenn die notwendige Verwendung im öffentlichen Interesse liegt.

      193

      Nach dem System der Beweislast ist § 994 II als Ausnahme von § 994 I ein Zwitter: sowohl Anspruchsgrundlage als auch anspruchsmindernde Einwendung. Da der gute Glaube wie überall im Sachenrecht als gesetzliche Regel vermutet wird, hat der unberechtigte Besitzer solange Anspruch auf Ersatz seiner notwendigen Verwendungen nach § 994 I, bis ihm der Eigentümer einen bösen Glauben oder die Rechtshängigkeit der Herausgabeklage nachweist. Erst wenn der Eigentümer diesen Beweis geführt hat, reduziert sich der Verwendungsersatz nach § 994 II auf einen Anspruch aus berechtigter Geschäftsführung ohne Auftrag, und muss der Besitzer die Voraussetzungen der §§ 677, 683 beweisen.

      194

      Dem Anspruch des Besitzers auf Verwendungsersatz nach § 994 I kann der Eigentümer die Rechtshängigkeit der Herausgabeklage oder den bösen Glauben des Besitzers entgegenhalten, muss dies aber beweisen. Gelingt ihm der Nachweis, werden notwendige Verwendungen des Besitzers nach § 994 II nur noch unter den Voraussetzungen einer berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag und werterhöhende Verwendungen überhaupt nicht mehr ersetzt (RN 193).

      195

      

      Gemäß § 1002 erlischt der Anspruch auf Verwendungsersatz nach Ablauf eines Monats, bei einem Grundstück nach Ablauf von 6 Monaten ab Herausgabe der Sache an den Eigentümer[96]. Das ist eine gesetzliche Ausschlussfrist; sie hat zwei Voraussetzungen: die Herausgabe der Sache an den Eigentümer und den Fristablauf. Der Eigentümer muss vor allem den Zeitpunkt der Herausgabe beweisen.

      Der Anspruch auf Verwendungsersatz erlischt ausnahmsweise nicht, wenn der Besitzer vor Fristablauf seinen Anspruch gerichtlich geltendmacht oder der Eigentümer die Verwendungen genehmigt. Diesen anspruchserhaltenden Gegeneinwand muss der Besitzer beweisen[97], ebenso eine Hemmung der Ausschlussfrist nach § 1002 II mit §§ 206, 210, 211.

      Ist der Anspruch auf Verwendungsersatz erst einmal erloschen, lebt er wegen derselben Verwendung durch eine neue Vindikationslage nicht wieder auf[98].

      Der Verwendungsersatzanspruch verjährt normal nach §§ 195, 199.

6. Das Wegnahmerecht des Besitzers

      196

      Nach § 997 I 1 darf jeder unberechtigte Besitzer, ob gut- oder bösgläubig, eine Sache, die er nach §§ 946, 947 mit der herauszugebenden Sache des Eigentümers fest verbunden hat, abtrennen und sich aneignen. Zwischen dem Verwendungsersatz nach §§ 994, 996 und der Aneignung nach § 997 I 1 muss er wählen, er bekommt nicht beides.

      § 997 I gilt nur für wesentliche Bestandteile nach § 93, 94, nicht auch für Scheinbestandteile nach § 95 und nicht für Zubehör nach § 97. Soweit derartige Sachen bereits dem Besitzer oder einem Dritten gehören, nimmt der Besitzer sie einfach mit oder verlangt vom Eigentümer die Herausgabe.

      Das Recht des Besitzers auf Trennung und Aneignung ist kein Anspruch, sondern ein Gestaltungsrecht: Der Besitzer klagt nicht auf Aneignung, sondern trennt und eignet sich an. Freilich muss er die herauszugebende Sache nach §§ 997 I 2, 258 S. 1 auf seine Kosten in den vorigen Zustand zurückversetzen. Auch muss er den ganzen wesentlichen Bestandteil wegnehmen und darf nicht lediglich die brauchbaren Teile ausschlachten[99].

      Erst wenn die Sache wieder im Besitz des Eigentümers ist, verwandelt sich das Aneignungsrecht des früheren Besitzers in einen klagbaren Anspruch auf Duldung der Trennung und Aneignung, vollstreckbar nach § 890 ZPO. Der Eigentümer wiederum darf die Gestattung verweigern, bis ihm für den drohenden Schaden Sicherheit geleistet wird (§ 997 I 2 mit § 258 S. 2 Hs. 2).

      197

      Das Wegnahmerecht ist nach § 997 II in drei Fällen ausgeschlossen: Der Besitzer kann insoweit nach § 994 I 2 keinen Verwendungsersatz verlangen, oder die Trennung hat für ihn keinen Nutzen, oder der Eigentümer hat ihm den Wert ersetzt. Verbietet das öffentliche Recht eine Trennung, ist der Besitzer nach § 242 angemessen zu entschädigen[100].

      198

       Fall 1: Kein Eigentümer-Besitzer-Verhältnis

      Die Beklagte vermietet ihre Diesellokomotive an die Fa. H, die sich vertraglich verpflichtet, die Mietsache während der Mietzeit auf ihre Kosten instandzuhalten. Dementsprechend lässt die Fa. H die defekte Lokomotive vom Kläger reparieren. Der Kläger gibt sie repariert an die Fa. H zurück, die dem Kläger über die Reparaturkosten einen Wechsel gibt, ihn aber nicht einlöst und später insolvent wird. Der Insolvenzverwalter gibt die Lokomotive an die Beklagte zurück. Der Kläger, der im Insolvenzverfahren der Fa. H mit seinem Werklohnanspruch ausgefallen ist, verklagt nun die Beklagte auf Zahlung.

      Die Klage hat keinen Erfolg. Zwischen den Parteien besteht kein Vertragsschuldverhältnis.

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