Impfpflicht. Claudio Deriu

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Impfpflicht - Claudio Deriu

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Menschen mit Vernunft zu behandeln.“8 Der Schutz der Menschenwürde ist für Jürgen Papierdie Königin der Verfassungsnormen“, die Basis vieler Grundrechte, und sie herrscht über das Grundgesetz. Weder kann sie in ihrem normativen Wesensgehalt verändert werden noch können andere Grundrechte sie beschränken. Wohlgemerkt nicht die Gesundheit ist die Königin der Verfassungsnormen, sondern die Menschenwürde. Es möge ein Politiker in Deutschland oder Österreich oder der EU derzeit erklären, inwieweit dieser Grundsatz in der Politik, in der Pandemiebekämpfung Berücksichtigung findet. „Die Wahrung der Menschenwürde ist stets oberstes Gebot, auch für den Staat und in gleichem Maß, wenn andere Rechtsgüter bedroht sind.“9 Auch die Notlage, Leben retten zu wollen, würde nach Jürgen Papier nicht die Verletzung der Menschenwürde rechtfertigen.10 Wenn man diese Worte von Jürgen Papier liest, scheint es fast so als bekäme das Lied von Bob Dylan „Blowing in the wind“ eine neue Bedeutung. Sind dies in der Verfassungswirklichkeit alles Worte, die in den Wind geschrieben stehen, und das erste Erdbeben lässt sie einstürzen in bedeutungslose Wortfetzen? Spätestens mit Einführung der 3G-Regel wurde dieses Prinzip der Menschenwürde verlassen, mit der 2G-Regel, die jede Vernunft außer Acht lässt, noch mehr verletzt und letztlich mit Einführung einer sinnwidrigen Impfpflicht ins Absurde verkehrt. Papier spricht vom Rechtsstaatsprinzip der Menschenwürde, das offenkundig in den Juristenköpfen der neuen Generation aus dem Blickfeld geraten ist. Wie dieser zu bedenken gibt, habe eine Umfrage unter 3.000 Erlanger Juristen ergeben, 1/3 sei für die Wiedereinführung der Todesstrafe.11Für diese Generation sind auch die Schrecken des Dritten Reiches mit seiner millionenfachen Entwertung und Vernichtung von Leben bereits weit entrückt, die Anlass waren für die Schöpfer des Grundgesetzes, den Begriff der Menschenwürde in das Zentrum zu rücken. Nach Rassismus, Judenhass, Euthanasie, Eugenik und andere Formen der Diskriminierung hat das Grundgesetz diesen Begriff mehrfach konkretisiert und schreibt nunmehr ganz klar fest, dass jeder Mensch Wert und Achtungsanspruch hat – unabhängig von seinen Eigenschaften, seinen körperlichen oder geistigen Befähigungen, seiner Leistung oder sozialem Status.“12 Wenn es nun Menschen gibt, die Angst vor dem neuen Impfstoff haben, die Gründe dafür mögen verschieden sein, so haben sie nichts desto weniger Anteil an der Menschenwürde, die ihnen die Verfassung verleiht. In Österreich wird man mit Einführung der Impfpflicht diese „Angst“ nicht als Befreiung von der Impfpflicht anerkennen. Vermutlich weil nicht nur jeder Mensch als infektiös gilt, sondern auch als Drückeberger. Das BVerfG hat ausgesprochen, dass zur Unantastbarkeit der Menschenwürde die Anerkennung eines absolut geschützten Kernbereichs privater Lebensgestaltung gehört.13 Die Menschenwürde ist absolut und entzieht sich jeder Abwägung.14 Eine gleichlautende Bestimmung fehlt leider in der österreichischen Verfassung. Man findet den Ausdruck dieses Gedankens in der Kodifikation des Privatrechtes in § 16 ABGB. Sie wird unter jusline als eine Zentralnorm der österreichischen Rechtsordnung bezeichnet und als Einflugschneise der Grundrechte. (jusline.at). Diese Bestimmung weist in ihrer Bedeutung also über das Privatrecht hinaus, sie hätte besser in die Verfassung platziert werden müssen. Und selbst diese Bestimmung ist offenbar nur aus zarter Rücksichtnahme auf das Ausland in das ABGB ursprünglich aufgenommen worden.15

       „Jeder Mensch hat angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte und ist daher als eine Person zu betrachten. Sklaverei oder Leibeigenschaft und die Ausübung einer sich darauf beziehenden Macht werden in diesen Ländern nicht gestattet.“

      Diese angeborenen Rechte waren vom Naturrechtsdenken, dem Vernunftdenken geforderte Menschenrechte. Sie brachten laut Barta schon im 18. Jahrhundert neben Menschenwürde und Freiheit den wichtigsten Gleichheitsgedanken ein, der noch heute für das Privatrecht bestimmend ist.16 Aber dieser Gedanke ist wie dargelegt nicht bloß für das Privatrecht bestimmend, sondern viel mehr noch für das Verfassungsrecht. Weil die Politiker diese Bestimmung nicht zu kennen scheinen, böte es sich an, diese Norm ins Verfassungsrecht zu übernehmen, und zwar gerade so wie in Deutschland an erster Stelle. Diese Forderung stellte bereits der österreichische Verfassungsrechtler Klecatsky, um dadurch eine „Generalklausel für den Grundrechtsschutz“ zu erhalten.17 Unverständlich, dass diese Bestimmung bis heute keinen Verfassungsrang genießt. Die deutsche, die italienische und die spanische Verfassung stellen die unantastbare Würde des Menschen als höchste Aufgabe des Staates heraus.18 In der derzeitigen Politik vermisst man die Besinnung auf diesen Grundsatz zur Gänze, nicht zuletzt auch bei der Europäischen Union.

       Die neue Normalität als Paradigmenwechsel

      „In diesem unsichtbaren Würgegriff möchten wir zur Normalität zurückkehren, fühlen wir, dass wir das Recht dazu haben. Auf einmal scheint die Normalität unser höchstes Gut zu sein, nie hatten wir ihr diese Bedeutung beigemessen, und wenn wir es genau bedenken, wissen wir nicht einmal genau, was sie ist: Sie ist das, was wir wiederhaben wollen.“19 Jetzt ist die Zeit der Anomalität, wir müssen lernen damit zu leben.“20 Giorgio Agamben befürchtet, es werde nach der Krise nicht mehr möglich sein, „zum normalen Leben zurückzukehren“.21 Sebastian Kurz sprach von einer neuen Normalität. Die Frage ist, welche Normalität Kurz meinte, die Normalität der Kritiklosigkeit, die Normalität des Endes der Meinungsvielfalt, der Infragestellung demokratischer Entscheidungsfindung, des Bröckelns des Rechtsstaates, der Aushöhlung von Grundrechten? Die Frage ist, ob das Volk diese „neue Normalität“ mitträgt. Wenn das Volk den Glauben an diese neue Normalität verliert, wird sich diese auch verändern, denn Normalität lässt sich nicht auf Dauer diktieren. Werte, die über Jahrhunderte erkämpft wurden, die sich als notwendige Entwicklung unserer Gesellschaft erwiesen haben und uns auf eine neue Stufe der Entwicklung der Menschheit geführt haben, können nicht von einem Moment auf den anderen wegen einer vermeintlichen Gefahr für die Bevölkerung, die bei genauem Hinsehen noch nicht einmal diesen Anspruch einzulösen vermag, beseitigt werden. Wenn wir zulassen, dass eine Gesellschaftsordnung ins Wanken gerät, ihre eigenen Fundamente aufzugeben bereit ist, sollten wir jedenfalls hellhörig werden, wenn man uns sogar den Weg des Diskurses verweigert, müssen wir ihn einfordern. Im Juni 2021 will Sebastian Kurz der Bevölkerung erklären, wir befänden uns wieder in der Normalität. Zu dieser gehört seiner Ansicht nach die Maskenpflicht in Öffis und beim Einkaufen. Unabhängig von Temperaturen um die 30 Grad, die den Bürgern den Schweiß unter der Maske hervortreiben. Zu dieser Normalität gehören jetzt auch die 3Gs. Ohne geimpft oder getestet zu sein darf man nicht mehr ins Gasthaus, ins Café oder gar ins Schwimmbad. Das ist aber nicht die Normalität, die zur Verfassung einer rechtsstaatlichen Demokratie passen will. Gefahr ist im Verzug, wenn die Medien diese „neue Normalität“ mittragen, kommunizieren, ohne aufzudecken, dass es nicht die „alte Normalität“ ist. Ohne aufzuklären, dass wir uns in einer Überwachungsgesellschaft wiederfinden. Unwidersprochen, unaufgeklärt, unkritisch. Dies darf nicht hingenommen werden Es ist bereits alarmierend, dass man dies überhaupt fordern muss. Die Begründungspflicht hat sich ins Gegenteil verkehrt. Nicht der muss etwas nachweisen, der etwas ändert, sondern der muss den Beweis antreten, der sich auf Bewährtes, unstrittig Zustehendes beruft. Die Sprache des Bundeskanzlers, wenn er von „neuer Normalität“ spricht, in die wir vielleicht zurückkehren dürfen. Oder wie man lesen konnte, er „gewährt“ uns künftig die Reisefreiheit wieder? Wie kann sich der Bundeskanzler anmaßen, uns etwas zu gewähren, was uns kraft der Verfassung zusteht? Es ist unser Recht, das uns fragwürdigst genommen wurde. Wieso beruft er sich bei seinen Maßnahmen auf Vorbilder wie Südkorea? Das sind Aussagen, die mit einer rechtsstaatlichen Demokratie nicht vereinbar sind. Zellmann vermutet bereits am 24.3.2020, Massenmanipulation kenne keine Bildungsgrenzen.22 Es ist diese neue Normalität, die uns den „Grünen Pass“ beschert hat, und die uns nunmehr die Impfpflicht beschert, vor dem Weihnachtsfest 2021 feierlich verkündet.

       These der Erschaffung eines neuen Menschenbildes - Paradigmenwechsel

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