Eva Siebeck. Bertha von Suttner
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Doch auch diese Zweifel wurden aufgehoben. Eines Morgens erhielt Eva einen Blumenstrauß ins Haus geschickt. Von Siebeck ohne Zweifel. Die Blüthen dufteten ihr Dinge zu, die sie bisher noch nie vernommen. »Er liebt Dich! Er liebt Dich!« hauchten sie alle – besonders deutlich sagte das ein zwischen zwei Nelken verstecktes Kräutchen. Wenn sie das Gesicht in das Bouquet vergrub, was sie an diesem Tage wohl hundert Mal wiederholte, so suchte sie immer jene Stelle auf, wo das beredte Pflänzchen gar so eindringlich seine Liebesbotschaft ausströmte.
Zwei Tage darauf ein neuer Strauß und diesmal – es versetzte ihr einen süßerschütternden Schlag – schimmerte durch die Blätter ein Billetchen hervor. Mit erregungszitternden Händen entfaltete sie das Blatt: ein Liebesgedicht. Vier Strophen begeisterter Anbetung. Eva war in literarischen Dingen genug bewandert, um zu erkennen, daß das Gedicht ein echtes – das heißt aus keiner Sammlung herausgeschriebenes war, denn hier und da zeigten Reim und Rhythmus dilettantische Schwäche; doch die Gedanken waren voll zarter Poesie, die Gefühle voll edlen Feuers … Er war also werth, er verdiente geliebt zu werden – ; da fiel von ihrem Herzen die letzte beengende Klammer herab, und es weitete sich in dem Gefühle vollbewußter, nunmehr willkommen geheißener – erster Liebe.
In kurzer Zeit folgte ein zweites Gedicht und nach gleichem Zwischenraum ein drittes. Indessen, die Fensterparaden hatten aufgehört. Das war für Eva ein Verlust, denn ihn zu sehen war ja nunmehr ihr höchstes Glück – ; freilich jetzt, wo er sich schriftlich erklärt, bedurfte es dieser reitenden Huldigung nicht mehr. Doch warum kam er nicht ins Haus?
Eva lag mit sich im Kampfe: sollte sie sich ihrer Cousine Dorina anvertrauen? Einestheils lechzte sie darnach, von dem zu reden, wessen ihr Herz so voll war; anderntheils empfand sie ihr Geheimniß als einen Schatz, als ein Heiligthum, das durch etwaige spöttische Worte oder dergleichen nicht verletzt werden durfte, und Frau von Borowetz hatte so eine Art, Alles von der leichten, scherzhaften Seite aufzufassen.
Die anonymen Blumensträuße hatte Dorina wohl kommen gesehen und dieselben neckend kommentirt. Eva verrieth jedoch nicht, von wem sie glaubte – nein wußte —, daß sie geschickt wurden. Uebrigens war die junge Frau seit einiger Zeit sehr viel außer Hause, und wenn sie da war, so schien sie eigenthümlich zerstreut, als ob ihre Gedanken an ganz anderen Orten weilten. Das war Eva ganz recht, denn auch ihre Gedanken waren mit etwas Anderem ausgefüllt, und es war ihr lieb, daß sie nicht durch gleichgiltige Gespräche davon abgelenkt wurden. Sie erklärte sich Dorinens augenblicklich verändertes Wesen dahin, daß ihr der Gatte vielleicht wieder ein paar unangenehme Auftritte gemacht, und des Obersten Benehmen schien diese Annahme zu bestätigen: noch nie hatte sie ihn so übellaunig, so bärbeißig gesehen, wie in der letzten Zeit. Die arme Dorina! … Das war doch ein hartes Schicksal, so einen Mann zu haben. Warum hatte sie auch, ohne Liebe, nur um sich zu »versorgen«, diese unselige Wahl getroffen?
Was ihre eigene Zukunft ihr nun bringen sollte, darüber war sich Eva nicht recht klar. Würde Siebeck sich ihr nähern – um ihre Hand anhalten? Fast schien es, als legten sich Hindernisse in den Weg, denn warum hatte er sie in einem seiner Gedichte »die Unerreichbare« genannt? Doch sie wollte noch gar nicht viel an die Zukunft denken; die Gegenwart war voll so intensiven Lebensinteresses, daß dies genügte. Und Hindernisse? Nun, die sind ja eben dazu da, um überwunden zu werden. Robert Siebeck war noch sehr jung – vermuthlich durfte er vorläufig nicht ans Heirathen denken. Oder vielleicht trug er irgend eine Fessel – auch so etwas schienen seine Gedichte anzudeuten; doch die Worte: »Ich harre aus, das schwör‘ ich Dir« hatte eines der schwungvollen Lieder Refrain gebildet, und daraufhin leistete sich Eva denselben Schwur: auch sie würde »ausharren«.
Wenngleich die Fensterparaden aufgehört hatten, und obschon Siebeck seinen ersten Besuch im Hause Borowetz nicht wiederholte, so bekam ihn Eva doch öfters zu Gesichte. Beinahe jedesmal, wenn sie ausging – alle Nachmittage machte sie mit Dorina einen Spaziergang – begegnete ihr der Gegenstand ihrer Träume. Er grüßte ehrerbietig, sprach sie jedoch nicht an. Eva fühlte die Röthe der Verwirrung auf ihren Wangen glühen, und auch er – es war nicht zu verkennen – auch er erröthete, und in seinen Augen blitzte es auf, so oft er an den beiden Frauen vorbeikam.
Eines Tages kam Eva von einem kleinen Besorgungsgange – Bücherkauf beim Buchhändler des Orts —, den sie ausnahmsweise allein gemacht, nach Hause. Als sie die Treppe hinaufstieg, stieß sie mit dem eben eiligst herabkommenden Grafen Siebeck zusammen.
Eva sah deutlich, daß der junge Mann über und über roth geworden. Sie selber war so bewegt, daß sie, um einen Halt zu haben, sich an das Geländer stützte.
»O, Pardon, Baronin – ich hätte Sie beinah umgerannt.«
»Sie haben wohl große Eile, Graf Siebek?« – Woher nahm sie nur den Muth, zu sprechen? Sie bewunderte sich selber darob.
»Eile? Nein … das heißt … Ich wollte dem Herrn Obersten meine Aufwartung machen – er ist aber abwesend.«
»Ja, seit gestern, auf einer Inspektionstour. Das wußten Sie nicht?«
»Nicht wissen? … Ich hätte es wissen sollen … Bitte, wenn er kommt, sagen Sie ihm nicht, daß ich da war. Versprechen Sie mir das? … Ehrenwort? …«
Er hielt ihr die Hand hin.
Eva legte die ihre etwas zitternd hinein. Sie glaubte ihn zu durchschauen: er sprach so verwirrt und sinnlos, weil er durch diese Begegnung ebenso bewegt war wie sie; und dieses verlangte Ehrenwort – um eine so belanglose Sache – war nur ein Vorwand, um ihre Hand zu erfassen. Jetzt drückte er dieselbe kräftig:
»Wir sind einig,« sagte er und ließ sie wieder frei. Dann mit einem raschen grüßenden Griff an die Mütze eilte er weiter, die Treppe hinab.
Eva blieb betroffen stehen. »Wir sind einig« klang ihr in den Ohren nach. Das war wohl eine gesprochene Bestätigung des geschriebenen »Ich harre aus, das schwör‘ ich Dir.« Doch warum hatte er nicht länger mit ihr gesprochen? Schüchternheit vermuthlich.
Als sie in die Wohnung kam, suchte sie Dorina auf.
»Du hattest Besuch?«
»Ich Besuch? Wer denn?«
»Lieutenant Graf Siebeck. Ich bin ihm auf der Stiege begegnet.«
»Ja so … Eva, liebes Herz, sei so gut – erzähle es meinem Manne nicht, daß Siebeck da war … Du weißt ja – Du kennst seine klägliche Eifersucht. Wenn er wüßte, daß ich in seiner Abwesenheit den Besuch eines jungen Offiziers empfangen – er würde mir wieder einen jener Auftritte machen, die mir das Leben vergällen.«
»So hast Du ihn empfangen? Ich glaubte, es sei nur eine dienstliche Aufwartung bei seinem Obersten gewesen … Und sag‘, Dorina, was hat er gesprochen?«
»Was soll er gesprochen haben? Von gleichgültigen Dingen – vom Wetter, von – ah, jetzt fällt mir ein! auch von Dir – Du gefällst ihm außerordentlich.«
Jetzt setzte sich Eva zu der Freundin hin und frug sie eifrig aus; jedes Wort wollte sie erfahren das er gesprochen. Nur zögernd, als ob sie das Gespräch vergessen, oder als ob sie es allmälig erst improvisierte, gab Dorina Antwort, doch in ihrem Frageeifer bemerkte das Eva nicht.
Von nun an, da das Eis gebrochen war, da sie es überhaupt über sich gebracht, mit Dorina von Graf