Das blutige Blockhaus. Charles Sealsfield

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Das blutige Blockhaus - Charles  Sealsfield

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      Charles Sealsfield

      DAS BLUTIGE BLOCKHAUS

      Die Pflanzung am Red River

      1

      Die beiden Freunde standen mit ihren Frauen auf dem Oberdeck des Raddampfers ›Alexandria‹, der den Red River aufwärts fuhr: der achtundzwanzigjährige schlanke George Howard, der von seinen Eltern eine herabgewirtschaftete Pflanzung am Strom einige dreißig Meilen oberhalb seiner Mündung in den »Vater der Flüsse« geerbt und mit Fleiß und dem Geld des Schwiegervaters wieder zur Blüte gebracht hatte, und der gleichaltrige riesige Ralph Doughby, der politischen Ehrgeiz hatte und ein eifriger Parteigänger des Generals Andrew Jackson war.

      Beide waren nach abenteuerlichen Brautfahrten jetzt glückliche Ehemänner und sogar Schwäger. Hatten zwei hübsche Schwestern geheiratet, feurige Kreolinnen französischer Abkunft, Töchter des reichen Pflanzers Menou, Howard die jüngere Luise und Doughby die ältere Julie, und waren nun auf der Fahrt zum Elternhaus ihrer Frauen. In ihrer Gesellschaft befanden sich noch Richard Moreland, ein Jugendfreund Howards, ebenfalls ein Pflanzer, mit seiner Frau Clara und mit seiner Tante Mistreß Houston, einer stattlichen, steifen, frostigen alten Dame, die so recht ein Gegenstück war zu dem leichtlebigen Kentuckier Doughby, der gern trank, polterte, lärmte, raufte, rauchte, kaute und sich mit Pflanzern, Jägern, Squatters, Krämern zu unterhalten, sich bei allen beliebt zu machen und doch wieder allen einen gewissen Respekt einzuflößen wußte.

      Es war im Indianersommer des Jahres 1828.

      Weit hinter ihnen lag bereits die Mündung des Black River mit seiner dunkelblauen Farbe, lagen die Windungen des schokoladebraunen unteren Red River mit den seeartigen Verbreiterungen und schneckenartigen Schrumpfungen. Lagen Urwälder mit dem Dunkelgrün der Zypressen, dem Silberweiß der Cottonwoods Amerikanische Pappelart und dem Hellgrün der Pecan-Bäume. Hickorynuß Lagen Haine säuselnder Palmettos, Eine straudige Fächerpalme und blühender Magnolien, Catalpas Trompetenbaum und Papaws, Melonenbaum die in roten und blauen und goldenen Tinten ineinander verschmolzen waren. Lagen schroffe, von Efeu bekleidete Felsenwände, lagen liebliche Auen voll Blumen, die wie bunte Edelsteine geleuchtet hatten.

      Hinter ihnen lag nun auch bereits Bakers Niederlassung mit der seeartigen Bucht, in die der Fluß sich dort erweiterte. Lagen Ufer mit parkähnlichen Gruppen gigantischer Cottonwoods und Immergrün-Eichen, vermengt mit Honigakazien und Bohnenbäumen, durch die der dunstige ferne Rand des Horizonts magisch durchschimmerte. Lagen Buchten, von Tränenweiden und Zypressen überhangen, die von Langschwanzpapageien, Spottvögeln und roten Kardinalen belebt und aus denen bei der Annäherung des Dampfers Züge von wilden Enten, Gänsen und Schwänen emporgeprallt waren. Lagen vereinzelte Blockhäuser und kleine Pflanzungen mit Mais-, Tabak- und Baumwollfeldern. Jeder Stoß der Maschine, jede Umdrehung der Räder am Heck hatten neue Schönheiten gebracht.

      Das Dampfboot mit den beiden hohen Schornsteinen näherte sich nun dem nördlichen Rand der großen Prärie, die sich vom rechten Ufer des Stromes südwärts bis hinab gegen die Opelousas zog. Es nützte die Gegenströmung und hielt sich nahe am Ufer. Der Farbenschmelz dieser herrlichen Prärie entfaltete sich vor Howards Augen in seiner ganzen Pracht. Es war ein Blumenteppich, ein Ozean von Blüten und balsamischen Düften. Die Gräser hoben und senkten sich in den Strahlen der untergehenden Sonne wie Meereswogen, die von einer leichten Brise gefächelt werden. Umspielt von den Strahlen der schräg einfallenden Sonne weideten in der Ferne Rinder und Pferde im hohen Gras. Gegen Westen begrenzte diese ungeheure Prärie ein Saum schwarzer Kiefern.

      Howard dachte daran, wie manche Tage er schon in dieser weiten Prärie umhergeirrt war. Obwohl nur eine Wiese im Vergleich zu den weiter westlich gelegenen Prärien, hatte sie ihm einen deutlichen Begriff von diesen Ebenen gegeben, und er bedauerte, daß die vorrückende Kultur ihr allmählich schon den wilden, großartig einsamen Charakter raubte, der in den Sabine-, Arkansas- und Oregon-Prärien so unbeschreiblich wirkte.

      Nur in blauer Ferne erspähte sein Auge einzelne Baumgruppen wie einsame Segel auf den rollenden Meereswogen. Immer nur Wiesen und Gräser und im Luftzug bewegte, gleichsam rollende Hügel schaute man, und näherte man sich einer Baumgruppe, so kamen Hirsche vertraulich neugierig heraus, erwarteten den Fremden, sowie er die Hände hob und winkte, und ließen ihn näher kommen, gleichsam um zu erfahren, was er ihnen denn brächte. Oft hatte es Howard leid getan, den Stutzen auf diese lieben Tiere anzulegen, die erst beim Schuß mit einem gewaltigen Satz das schützende Dickicht suchten. Wenn man tagelang so fortzog und immer nur Wiesen sah und Baumgruppen in der Ferne und zur Abwechslung eine Horde Präriehunde oder Wölfe, dann begann etwas wie Bangen über den Wanderer zu kommen. Die Größe, die Unermeßlichkeit der Natur erfüllte seine Sinne, sein Gemüt, sein ganzes Wesen. Das Treiben der Menschen, das er hinter sich gelassen hatte, sein eigenes Treiben wurde ihm so klein, so geringfügig, verächtlich!

      Ein geheimer Schauder überkroch ihn, besonders wenn er einige Tage einsam umhergeirrt war. In solchen Tagen, Stunden durchdrang die Allgewalt des Schöpfers auch den im Weltgetriebe Verschliffenen, Versteinerten bis ins Innerste. Dieser Tempel Gottes vermochte den Ungläubigen zum Glauben an ihn zurückzuführen.

      Howard dachte: Sendet den Gottesleugner für einen Monat, nur für einen Monat in unsere Prärien und er wird, er muß an Gott glauben!

      Bei Avoyelles Station hielt das Dampfschiff einen Augenblick an, um Fahrgäste abzusetzen und aufzunehmen. Dann tanzten die ersten Pflanzungen vorüber: Baumwoll- und Tabakfelder und Viehherden, viele Viehherden. Prärien an beiden Ufern des Stromes und weiter zurück Schwarzkieferwaldungen, die Ufer selbst mit Zypressen eingefaßt, deren dunkles Grün und vielgezackte Äste und Zweige das Auge wohltätig ansprachen. Ein paar häßlich braun und schmutzig gefleckte Ungeheuer plumpsten von vermoderten Baumstämmen in den Sumpf hinab, während andere, zu träge, ihre Eidechsenaugen dumm und unbeweglich auf den Dampfer richteten. Es waren Alligatoren, die ihre Siesta hielten.

      Abermals wechselte die Landschaft. Weiden und Cottonwoods deuteten einen leichteren Boden an. Der Dampfer näherte sich Holmes Station, dem Herzen der kreolischen Niederlassungen. Die freundlichen Pflanzer- und Negerhäuser mit ihren Cottonfeldern gaben schon Anzeichen amerikanischer Regsamkeit und ließen auf die Anwesenheit von Gliedern aus Uncle Sams Familie schließen. Wirklich war hier ein Dutzend amerikanischer Familien angesiedelt, die sich gleichzeitig mit Howard hier im nördlichen Louisiana niedergelassen hatten und wohl gediehen.

      Es hatte für Howard einen eigenen Reiz, das Land in seinen verschiedenen Entwicklungsphasen zu beobachten, die Kluft zwischen Vergangenheit und Gegenwart zurückzurufen. So hatte er diese Niederlassungen, deren Pflanzungen, noch ausschließlich von Kreolen bewohnt, ihm nun entgegenkamen, in einem so ärmlichen Zustand gesehen, wie ihn das ärgste Faulleben nur immer mit sich bringen kann. Er erinnerte sich noch, wie trostlos ihm zumute war, als er diese verfallenen Hütten und Häuser zum erstenmal erblickt hatte, diese mageren, von Unkraut überwachsenen Baumwoll- und Tabakfelder, die aller Arbeit zu spotten schienen.

      Es war wie ein verdammtes Stück Land gewesen, wo keine Arbeit fruchten und die kleine Gemeinschaft gar nicht gedeihen wollte. Da kamen ein paar Dutzend Amerikaner an, und die hatten das Ganze, ohne es zu wollen, vom Fleck gebracht. Anfangs freilich war des Schimpfens und Nachredens kein Ende gewesen. Die ganze Gemeinde war eine Stimme in diesem Punkt. Sie glich einem wohlgemästeten Schankwirt, der, in seine vier Pfähle wie die Made in den Käselaib eingewühlt, sich weder um die Welt noch um seine Gäste kümmert, denn er weiß, daß beide seinen abgestandenen Wein doch trinken müssen, weil weit und breit kein besserer zu haben ist. Erst wenn er an einem heiteren Morgen plötzlich gegenüber ein neues Schild heraushängen sieht und davor einen jungen Wirt, der billige Zeche verspricht, rafft er sich aus seiner Trägheit auf. Der gute Mann poltert und lärmt, und seine Partei tobt. Aber aus Neugierde versucht man den Wein des Eindringlings und findet ihn besser als den sauren, abgestandenen des alten Wirts. Die Gemeinde schimpft zwar über den neuen, zieht aber doch seinen Wein dem des alten vor und beginnt einzusehen,

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