Das Buch der Bilder. Rainer Maria Rilke

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Das Buch der Bilder - Rainer Maria Rilke

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Blau und Grün

      mit einem Ruf von Rot an hellen Stellen.

      Der Teich entfernte sich in kleinen Wellen,

      und mit dem Winde kam ein fernes Blühn

      und sang von Gärten draußen vor der Stadt.

      Es war, als ob die Dinge sich bekränzten,

      sie standen licht, unendlich leicht besonnt;

      ein Fühlen war in jeder Häuserfront,

      und viele Fenster gingen auf und glänzten.

      Das Abendmahl

      Sie sind versammelt, staunende Verstörte,

      um ihn, der wie ein Weiser sich beschließt

      und der sich fortnimmt denen er gehörte

      und der an ihnen fremd vorüberfließt.

      Die alte Einsamkeit kommt über ihn,

      die ihn erzog zu seinem tiefen Handeln;

      nun wird er wieder durch den Ölwald wandeln,

      und die ihn lieben werden vor ihm fliehn.

      Er hat sie zu dem letzten Tisch entboten

      und (wie ein Schuß die Vögel aus den Schoten

      scheucht) scheucht er ihre Hände aus den Broten

      mit seinem Wort: sie fliegen zu ihm her;

      sie flattern bange durch die Tafelrunde

      und suchen einen Ausgang. Aber

      ist überall wie eine Dämmerstunde.

      Zweiter Teil

      Initiale

      Aus unendlichen Sehnsüchten steigen

      endliche Taten wie schwache Fontänen,

      die sich zeitig und zitternd neigen.

      Aber, die sich uns sonst verschweigen,

      unsere fröhlichen Kräfte – zeigen

      sich in diesen tanzenden Tränen.

      Zum Einschlafen zu sagen

      Ich möchte jemanden einsingen,

      bei jemandem sitzen und sein.

      Ich möchte dich wiegen und kleinsingen

      und begleiten schlafaus und schlafein.

      Ich möchte der Einzige sein im Haus,

      der wüßte: die Nacht war kalt.

      Und möchte horchen herein und hinaus

      in dich, in die Welt, in den Wald.

      Die Uhren rufen sich schlagend an,

      und man sieht der Zeit auf den Grund.

      Und unten geht noch ein fremder Mann

      und stört einen fremden Hund.

      Dahinter wird Stille. Ich habe groß

      die Augen auf dich gelegt;

      und sie halten dich sanft und lassen dich los,

      wenn ein Ding sich im Dunkel bewegt.

      Menschen bei Nacht

      Die Nächte sind nicht für die Menge gemacht.

      Von deinem Nachbar trennt dich die Nacht,

      und du sollst ihn nicht suchen trotzdem.

      Und machst du nachts deine Stube licht,

      um Menschen zu schauen ins Angesicht,

      so mußt du bedenken: wem.

      Die Menschen sind furchtbar vom Licht entstellt,

      das von ihren Gesichtern träuft,

      und haben sie nachts sich zusammengesellt,

      so schaust du eine wankende Welt

      durcheinandergehäuft.

      Auf ihren Stirnen hat gelber Schein

      alle Gedanken verdrängt,

      in ihren Blicken flackert der Wein,

      an ihren Händen hängt

      die schwere Gebärde, mit der sie sich

      bei ihren Gesprächen verstehn;

      und dabei sagen sie:und

      und meinen:.

      Der Nachbar

      Fremde Geige, gehst du mir nach?

      In wieviel fernen Städten schon sprach

      deine einsame Nacht zu meiner?

      Spielen dich hunderte? Spielt dich einer?

      Giebt es in allen großen Städten

      solche, die sich ohne dich

      schon in den Flüssen verloren hätten?

      Und warum trifft es immer mich?

      Warum bin ich immer der Nachbar derer,

      die dich bange zwingen zu singen

      und zu sagen: Das Leben ist schwerer

      als die Schwere von allen Dingen.

      Pont du Carrousel

      Der blinde Mann, der auf der Brücke steht,

      grau wie ein Markstein namenloser Reiche,

      er ist vielleicht das Ding, das immer gleiche,

      um das von fern die Sternenstunde geht,

      und der Gestirne stiller Mittelpunkt.

      Denn alles um ihn irrt und rinnt und prunkt.

      Er ist der unbewegliche Gerechte,

      in viele wirre Wege hingestellt;

      der dunkle Eingang in die Unterwelt

      bei einem oberflächlichen Geschlechte.

      Der Einsame

      Wie einer, der auf fremden Meeren fuhr,

      so bin ich bei den ewig Einheimischen;

      die vollen Tage stehn auf ihren Tischen,

      mir aber ist die Ferne voll Figur.

      In mein Gesicht reicht eine Welt herein,

      die vielleicht unbewohnt ist wie ein Mond,

      sie

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