Inselwelt. Erster Band. Indische Skizzen. Gerstäcker Friedrich

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Inselwelt. Erster Band. Indische Skizzen - Gerstäcker Friedrich

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bezahlen hat, als ob sie von Gold und Seide gewesen wären, – nein, das soll verdammt sein. Und dann dagegen hier die rothen Schufte, was die für ein Götterleben in all ihren Bequemlichkeiten führen; nicht rühren thun sie die faulen Knochen, als vielleicht einmal auf einem Brotfrucht- oder Cocosnußbaum zu steigen, oder einen Fisch mit der Holzharpune aus dem seichten Wasser zu holen, die kleine Insel ist zum Überlaufen voll von hübschen Mädchen und man kann den ganzen Tag in Hemdsärmeln gehn. – Hol's der Henker, der liebe Gott hätte mir keinen größeren Gefallen thun können, als mich ebenfalls braun anzustreichen – die Farbe hält besser, und was spart man an Überzügen.“

      „Ich hätte auch nichts dagegen!“ rief ein Anderer, mit einer feinen, kreischenden Stimme dazwischen, der eigentlich Roberts hieß, seines Organes wegen aber gewöhnlich „Pfeife“ genannt wurde, „denn auf das Bischen Couleur wird Einem doch nichts zu Gute gethan; was will aber der Mensch machen? Wir müssen doch immer noch Gott danken, daß er nicht in den ganz schwarzen Topf gegriffen, denn dann wären wir geleimt gewesen, zeitlebens.“

      „Bah, was sind wir besser als Sclaven?“ brummte Legs; „die können doch wenigstens heirathen und an Land bleiben, und was können wir? Hol der Teufel das Seeleben; wenn man eine Weile draußen ist, gewöhnt man sich zuletzt daran, und es kommt Einem sogar manchmal ganz hübsch vor, wie man aber nur wieder den Fuß auf festes Land, und besonders auf solches Land setzt, ist auch der Teufel los und es zwickt und reißt Einen wieder, daß man sich ordentlich die Beine festhalten muß, nicht davon zu laufen.“

      Der Schotte war indessen aufgestanden und am Strande hin, nach den einzelnen Cocospalmen hinaufschauend, als ob er sich eine Nuß aussuchen wolle, langsam in den dichten Busch geschlendert, der den Corallenboden begrenzte, und Jonas erhob sich ebenfalls, zog sich den Bund seiner Segeltuchhose auf, spuckte sein Priemchen aus und biß ein frisches ab und setzte sich den auf der Erde verschobenen Hut wieder fester auf das in kleine, krause Löckchen gedrehte Haar.

      „Nun, dir wird wohl die Zeit lang,“ sagte Pfeife, sich noch bequemer ausstreckend und ein Bündel Cocosnußbast unter den Kopf schiebend, weicher darauf zu liegen, „ich kann's abwarten – zum Henker, daß man nun nicht einmal das Glück hat, an irgend einer solchen Corallenbank hier – und Zeug ist genug da – ordentlich auf den Strand und fest zu kommen. Das wäre doch ein kapitaler Spaß, wenn wir nachher eine Colonie gründeten und uns häuslich einrichteten – ich weiß auch, wen ich heirathete.“

      „Ja, wenn wir einmal auf den Strand kommen,“ knurrte Lemon dazwischen, „so kannst du dich drauf verlassen, daß es auch im Schnee und Eis und ohne Fausthandschuh ist; unser Glück kenne ich; rennen wir aber nicht auf, so magst du Gift darauf nehmen, Kamerad, daß die „Lucy Walker“ droben noch drei volle Jahreszeiten12 herumschwimmt, und nachher immer noch nicht voll ist. Ich habe meine Hoffnung jetzt auch nur auf nächsten Winter gesetzt, da wird „der Alte“ schon dafür sorgen, daß wir wieder hier anlaufen.“

      Jonas hatte sich indessen, ohne weiter Theil an dem Gespräch zu nehmen, ebenfalls langsam und scheinbar ohne besondern Zweck von der in dem Pandanusschatten gelagerten Gruppe entfernt, und hier an einem Busch schüttelnd, dort sich einen Zweig niederbiegend und vielleicht abbrechend, kam er nach und nach aus Sicht. Dann aber eine Richtung einschlagend, die ihn näher dorthin brachte, wo Mac Kringo vor ihm verschwunden war, traf er auch diesen bald, seiner harrend, unter einer kleinen Gruppe von Cocospalmen und Casuarinen, von wo aus er ihm winkte hinanzukommen.

      „Was zum Teufel hast du denn nur, Douglas,“ sagte Jonas kopfschüttelnd, als er das geheimnißvolle Wesen des Kommenden sah. „Du willst doch nicht etwa auskneifen, mein Bursche? – das gib auf, denn du weißt nicht, wie dick der Capitain mit dem alten Häuptling ist, und wie er überhaupt nur auf eine anständige Entschuldigung wartete, noch länger hier liegen zu bleiben; der holte dich wieder und wenn er die ganze Jahreszeit darum versäumen sollte.“

      „Schrei doch nicht, als ob du ein Segel draußen bei einem steifen Nordwester anrufen müßtest, Mate,“ brummte der vorsichtige Schotte mit gedämpfter Stimme; „es fällt mir nicht ein, solchen tollen Gedanken zu haben, aber – hättest du was dagegen, Kamerad, wenn wir hier an Land blieben und Brotfrucht und Schweinefleisch rösteten, wie Christen, anstatt hinter den alten, schmierigen Fischen herzufahren, wie ein Trupp Narren, und für andere Leute, die zu klug sind, selber zu gehen, Brennöl zu holen? – Hättest du was dagegen, mir zu helfen einen gescheuten Gedanken auszuführen, bei dem wir nicht die geringste Gefahr laufen, wenn wir – das Maul halten und unser eigenes Geheimniß bewahren können?“

      „Frag' mich, ob ich lieber Grog trinke, als Salzwasser,“ knurrte der Matrose; „laß die Vorrede und komm zur Sache, wenn du wirklich was hast, denn der Alte kann alle Augenblicke herunter kommen und pfeifen und dann müssen wir fort.“

      „Gut, Jonas, ich will keine Umschweife machen,“ sagte der Schotte leise, vorsichtig noch einmal dabei den Blick umherwerfend, „aber schweigen mußt du können, denn ein Bischen Gefahr ist am Ende doch dabei.“

      „Unsinn, – ich werde mir nicht selber die Schlinge machen, in die sie mich hängen wollen,“ sagte der Matrose mürrisch über die vielen Vorreden.

      „Nun, gut denn,“ flüsterte der Schotte, „hast du die beiden Wraks gesehen, die vor Honolulu lagen, wie wir dort waren?“

      „Die Wraks von den zwei Wallfischfängern? – gleich am Eingang vom Hafen?“

      „Dieselben.“

      „Ja wohl; und was ist mit denen?“

      „Du weißt, wie sie dorthin gekommen sind.“

      „Es ist Feuer an Bord ausgebrochen, und die Schiffe sind verbrannt.“

      „Und die Mannschaft?“

      „Blieb nachher an Land, bis sie sich auf andere Schiffe verdingte,“ brummte Jonas, „so haben sie's mir da wenigstens erzählt; aber was hat das mit uns zu thun.“

      „Wirst gleich hören, Kamerad; wer hat die Schiffe angesteckt?“

      „Angesteckt?“

      „Nun ja, glaubst du, daß ein Schiff im Hafen so leicht von selber zu brennen anfängt?“ lachte der Schotte, „nein, wenn du's denn nicht weißt, will ich dir's sagen; die Leute der beiden Wallfischfänger haben sich den Gefallen selber gethan, und was in der weiten Welt hindert uns hier, daß wir nicht dasselbe thun?“

      „Was uns hindert? – unser Hals,“ sagte Jonas kopfschüttelnd, dem die Idee zu rasch gekommen war, sie sogleich vollständig begreifen zu können, „weißt du, mein Junge, daß sie uns einfach an die Raanocke13 aufhängen, wenn sie uns dabei erwischen?“

      „Wenn sie uns erwischen, ja,“ lachte der Schotte, „wer hat denn aber die erwischt, die die Schiffe in der Bai von Honolulu angesteckt haben, heh? – Wer kann uns denn nachher überführen, wenn wir unsere Sache nur einigermaßen klug anfangen. Nein, Jonas, mit einem Schwefelholz haben wir's in der Gewalt, uns einen Aufenthalt auf diesen Inseln zu sichern, so lang wie er uns behagt, und ich glaube, unser Alter selber wär' ganz damit einverstanden, wenn er sich's nur eben dürfte merken lassen.“

      „Aber die Andern?“ sagte Jonas, schon halb unschlüssig mit der verführerischen Aussicht vor sich, dem traurigen Leben an Bord eines Wallfischfängers auf so leichte Art plötzlich enthoben zu werden.

      „Würden uns auch nicht verrathen,“ meinte der Schotte, „brauchen aber auch gar Nichts davon zu erfahren; Muth haben sie doch nicht genug, dafür einzustehen, und ein Paar von ihnen trau' ich nicht eine Schiffslänge aus Sicht; Pfeife besonders, der Hallunke, ist mir ein Dorn im

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<p>12</p>

Die Jahreszeit des Fischfangs, also volle Jahre.

<p>13</p>

Die Raanocke, das äußerste Ende der Raaen oder Querbalken, an denen die Segel befestigt sind. Auf der See werden bei etwa stattfindenden Executionen die Verurtheilten daran aufgezogen.