Aphorismen zur Lebensweisheit. Артур Шопенгауэр

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Aphorismen zur Lebensweisheit - Артур Шопенгауэр

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in den meisten Dingen und Fällen, haben kann; ferner, wie ungünstig überhaupt sie meistenteils ist, so daß fast jeder sich krank ärgern würde, wenn er vernähme, was alles von ihm gesagt und in welchem Tone von ihm geredet wird; endlich, daß sogar die Ehre selbst doch eigentlich nur von mittelbarem und nicht von unmittelbarem Werte ist u. dgl. m. Wenn eine solche Bekehrung von der allgemeinen Torheit uns gelänge; so würde die Folge ein unglaublich großer Zuwachs an Gemütsruhe und Heiterkeit und ebenfalls ein festeres und sichereres Auftreten, ein durchweg unbefangeneres und natürlicheres Betragen sein. Der so überaus wohltätige Einfluß, den eine zurückgezogene Lebensweise auf unsere Gemütsruhe hat, beruht größtenteils darauf, daß eine solche uns dem fortwährenden Leben vor den Augen anderer, folglich der steten Berücksichtigung ihrer etwanigen Meinung entzieht und dadurch uns uns selber zurückgibt. Imgleichen würden wir sehr vielem realen Unglück entgehn, in welches nur jenes rein ideale Streben, richtiger jene heillose Torheit, uns zieht, würden auch viel mehr Sorgfalt für solide Güter übrig behalten und dann auch diese ungestörter genießen. Aber, wie gesagt, χαλεπα τα καλα.

      Die hier geschilderte Torheit unsrer Natur treibt hauptsächlich drei Sprößlinge: Ehrgeiz, Eitelkeit und Stolz. Zwischen diesen zwei letzteren beruht der Unterschied darauf, daß der Stolz die bereits feststehende Überzeugung vom eigenen überwiegenden Werte, in irgendeiner Hinsicht, ist; Eitelkeit hingegen der Wunsch, in andern eine solche Überzeugung zu erwecken, meistens begleitet von der stillen Hoffnung, sie, in Folge davon, auch selbst zu der seinigen machen zu können. Demnach ist Stolz die von innen ausgehende, folglich direkte Hochschätzung seiner selbst; hingegen Eitelkeit das Streben, solche von außen her, also indirekt zu erlangen. Dementsprechend macht die Eitelkeit gesprächig, der Stolz schweigsam. Aber der Eitle sollte wissen, daß die hohe Meinung anderer, nach der er trachtet, sehr viel leichter und sicherer durch anhaltendes Schweigen zu erlangen ist, als durch Sprechen, auch wenn einer die schönsten Dinge zu sagen hätte. – Stolz ist nicht wer will, sondern höchstens kann wer will Stolz affektiren, wird aber aus dieser, wie aus jeder angenommenen Rolle bald herausfallen. Denn nur die feste, innere, unerschütterliche Überzeugung von überwiegenden Vorzügen und besonderem Werte macht wirklich stolz. Diese Überzeugung mag nun irrig sein, oder auch auf bloß äußerlichen und konventionellen Vorzügen beruhen, – das schadet dem Stolze nicht, wenn sie nur wirklich und ernstlich vorhanden ist. Weil also der Stolz seine Wurzel in der Überzeugung hat, steht er, wie alle Erkenntnis, nicht in unserer Willkür. Sein schlimmster Feind, ich meine sein größtes Hindernis, ist die Eitelkeit, als welche um den Beifall anderer buhlt, um die eigene hohe Meinung von sich erst darauf zu gründen, in welcher bereits ganz fest zu sein die Voraussetzung des Stolzes ist.

      So sehr nun auch durchgängig der Stolz getadelt und verschrien wird; so vermute ich doch, daß dies hauptsächlich von solchen ausgegangen ist, die nichts haben, darauf sie stolz sein könnten. Der Unverschämtheit und Dummdreistigkeit der meisten Menschen gegenüber, tut jeder, der irgend welche Vorzüge hat, ganz wohl, sie selbst im Auge zu behalten, um nicht sie gänzlich in Vergessenheit geraten zu lassen: denn wer, solche gutmütig ignorirend, mit jenen sich gerirt, als wäre er ganz ihresgleichen, den werden sie treuherzig sofort dafür halten. Am meisten aber möchte ich solches denen anempfehlen, deren Vorzüge von der höchsten Art, d. h. reale, und also rein persönliche sind, da diese nicht, wie Orden und Titel, jeden Augenblick durch sinnliche Einwirkung in Erinnerung gebracht werden: denn sonst werden sie oft genug das sus Minervam exemplifizirt sehn. »Scherze mit dem Sklaven; bald wird er dir den Hintern zeigen« – ist ein vortreffliches arabisches Sprichwort, und das Horazische sume superbiam, quaesitam meritis ist nicht zu verwerfen. Wohl aber ist die Tugend der Bescheidenheit eine erkleckliche Erfindung für die Lumpe; da ihr gemäß jeder von sich zu reden hat, als wäre auch er ein solcher, welches herrlich nivellirt, indem es dann so herauskommt, als gäbe es überhaupt nichts als Lumpe.

      Die wohlfeilste Art des Stolzes hingegen ist der Nationalstolz. Denn er verrät in dem damit Behafteten den Mangel an individuellen Eigenschaften, auf die er stolz sein könnte, indem er sonst nicht zu dem greifen würde, was er mit so vielen Millionen teilt. Wer bedeutende persönliche Vorzüge besitzt, wird vielmehr die Fehler seiner eigenen Nation, da er sie beständig vor Augen hat, am deutlichsten erkennen. Aber jeder erbärmliche Tropf, der nichts in der Welt hat, darauf er stolz sein könnte, ergreift das letzte Mittel, auf die Nation, der er gerade angehört, stolz zu sein: hieran erholt er sich und ist nun dankbarlich bereit, alle Fehler und Torheiten, die ihr eigen sind, πυξ και λαξ zu verteidigen. Daher wird man z. B. unter fünfzig Engländern kaum mehr als einen finden, welcher mit einstimmt, wenn man von der stupiden und degradirenden Bigotterie seiner Nation mit gebührender Verachtung spricht: der eine aber pflegt ein Mann von Kopf zu sein. – Die Deutschen sind frei von Nationalstolz und legen hierdurch einen Beweis der ihnen nachgerühmten Ehrlichkeit ab; vom Gegenteil aber die unter ihnen, welche einen solchen vorgeben und lächerlicher Weise affektiren; wie dies zumeist die »deutschen Brüder« und Demokraten tun, die dem Volke schmeicheln, um es zu verführen. Es heißt zwar, die Deutschen hätten das Pulver erfunden: ich kann jedoch dieser Meinung nicht beitreten. Und Lichtenberg frägt: »warum gibt sich nicht leicht jemand, der es nicht ist, für einen Deutschen aus, sondern gemeiniglich, wenn er sich für etwas ausgeben will, für einen Franzosen oder Engländer?« Übrigens überwiegt die Individualität bei weitem die Nationalität, und in einem gegebenen Menschen verdient jene tausendmal mehr Berücksichtigung als diese. Dem Nationalcharakter wird, da er von der Menge redet, nie viel Gutes ehrlicherweise nachzurühmen sein. Vielmehr erscheint nur die menschliche Beschränktheit, Verkehrtheit und Schlechtigkeit in jedem Lande in einer andern Form und diese nennt man den Nationalcharakter. Von einem derselben degoutirt loben wir den andern, bis es uns mit ihm eben so ergangen ist. – Jede Nation spottet über die andere, und alle haben recht.

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      1

       Die Natur hat in ihren Tagen seltsame Käuze hervorgebracht, einige, die stets aus ihren Äuglein vergnügt hervorgucken, und, wie Papageien über einen Dudelsackspieler lachen, und andere von so sauertöpfischem Ansehn, daß sie ihre Zähne nicht durch ein Lächeln bloß legen, wenn auch Nestor selbst schwüre, der Spaß sei lachenswert.

      2

       Die Natur steigert sich fortwährend, zunächst vom mechanischen und chemischen Wirken des unorganischen Reiches zum vegetabilischen und seinem dumpfen Selbstgenuß, von da zum Tierreich, mit welchem die Intelligenz und das Bewußtsein anbricht und nun von schwachen Anfängen stufenweise immer höher steigt und endlich durch den letzten und größten Schritt bis zum Menschen sich erhebt, in dessen Intellekt also die Natur den Gipfelpunkt und das Ziel ihrer Produktionen erreicht, also das Vollendetste und Schwierigste liefert, was sie hervorzubringen vermag. Selbst innerhalb der menschlichen Spezies aber stellt der Intellekt noch viele und merkliche Abstufungen dar und gelangt höchst selten zur obersten, der eigentlich hohen Intelligenz. Diese nun also ist im engeren und strengeren Sinne das schwierigste und höchste Produkt

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