Die Räuber. Friedrich von Schiller
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Grimm. Getroffen! und wenn das nicht geht, ein Atheist! Wir könnten die vier Evangelisten auf's Maul schlagen, liessen unser Buch durch den Schinder verbrennen, und so gieng's reissend ab.
Razmann. Oder zögen wir wider die Franzosen zu Felde – ich kenne einen Doktor, der sich ein Haus von purem Quecksilber gebauet hat, wie das Epigramm auf der Hausthüre lautet.
Schweizer. (Steht auf und gibt Spiegelberg die Hand.) Moriz, du bist ein grosser Mann! – oder es hat ein blindes Schwein eine Eichel gefunden.
Schwarz. Vortreffliche Plane! honnete Gewerbe! Wie doch die grossen Geister sympathisiren! Izt fehlte nur noch, daß wir Weiber und Kupplerinnen würden, oder gar unsere Jungferschaft zu Markte trieben.
Spiegelberg. Possen, Possen! Und was hinderts, daß ihr nicht das meiste in einer Person seyn könnt? Mein Plan wird euch immer am höchsten poussiren, und da habt ihr noch Ruhm und Unsterblichkeit! Seht arme Schlucker! Auch so weit muß man hinausdenken! Auch auf den Nachruhm, das süsse Gefühl von Unvergeßlichkeit —
Roller. Und oben an in der Liste der ehrlichen Leute! Du bist ein Meister-Redner, Spiegelberg, wenn's drauf ankommt, aus einem ehrlichen Mann einen Hollunken zu machen – Aber sag doch einer, wo der Moor bleibt? —
Spiegelberg. Ehrlich, sagst du? Meynst du, du seyst nachher weniger ehrlich, als du izt bist? Was heist du ehrlich? Reichen Filzen ein Drittheil ihrer Sorgen vom Hals schaffen, die ihnen nur den goldnen Schlaf verscheuchen, das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter wieder herstellen, mit einem Wort, das goldne Alter wieder zurückrufen, dem lieben Gott von manchem lästigen Kostgänger helfen, ihm Krieg, Pestilenz, theure Zeit und Doktors ersparen – siehst du, das heiß ich ehrlich seyn, das heiß ich ein würdiges Werkzeug in der Hand der Vorsehung abgeben, – und so bey jedem Braten, den man ißt, den schmeichelhaften Gedanken zu haben: den haben dir deine Finten, dein Löwenmuth, deine Nachtwachen erworben – von groß und klein respektirt zu werden —
Roller. Und endlich gar bey lebendigem Leibe gen Himmel fahren, und trotz Sturm und Wind, trotz dem gefrässigen Magen der alten Urahne Zeit unter Sonn und Mond und allen Fixsternen schweben, wo selbst die unvernünftigen Vögel des Himmels, von edler Begierde herbeygelockt, ihr himmlisches Koncert musiciren, und die Engel mit Schwänzen ihr hochheiliges Synedrium halten? Nicht wahr? – und wenn Monarchen und Potentaten von Motten und Würmern verzehrt werden, die Ehre haben zu dürfen, von Jupiters königlichem Vogel Visiten anzunehmen? – Moriz, Moriz, Moriz! nimm dich in Acht! nimm dich in Acht, vor dem dreybeinigten Thiere!
Spiegelberg. Und das schröckt dich, Hasenherz? ist doch schon manches Universal-Genie, das die Welt hätte reformiren können, auf dem Schind-Anger verfault, und spricht man nicht von so einem Jahrhunderte, Jahrtausende lang, da mancher König und Kurfürst in der Geschichte überhüpft würde, wenn sein Geschichtschreiber die Lücke in der Successions-Leiter nicht scheute, und sein Buch dadurch nicht um ein paar Oktavseiten gewönne, die ihm der Verleger mit baarem Gelde bezahlt – Und wenn dich der Wanderer so hin und her fliegen sieht im Winde – der muß auch kein Wasser im Hirn gehabt haben, brummt er in den Bart, und seufzt über die elenden Zeiten.
Schweizer. (klopft ihn auf die Achsel.) Meisterlich, Spiegelberg! Meisterlich! Was, zum Teufel, steht ihr da, und zaudert?
Schwarz. Und laß es auch Prostitution heissen – Was folgt weiter? Kann man nicht auf den Fall immer ein Pülverchen mit sich führen, das einen so im stillen übern Acheron fördert, wo kein Hahn darnach kräht! Nein, Bruder Moriz! dein Vorschlag ist gut. So lautet auch mein Katechismus.
Schufterle. Blitz! Und der meine nicht minder. Spiegelberg, du hast mich geworben!
Razmann. Du hast, wie ein anderer Orpheus, die heulende Bestie, mein Gewissen, in den Schlaf gesungen. Nimm mich ganz, wie ich da bin.
Grimm. Si omnes consentiunt ego non dissentio. Wohlgemerkt ohne Komma. Es ist ein Aufstreich in meinem Kopf; Pietisten – Quacksalber – Rezensenten und Gauner. Wer am meisten bietet, der hat mich. Nimm diese Hand, Moriz.
Roller. Und auch du Schweizer? (gibt Spiegelberg die rechte Hand.) Also verpfänd ich meine Seele dem Teufel.
Spiegelberg. Und deinen Namen den Sternen! was liegt daran, wohin auch die Seele fährt? Wenn Schaaren vorausgesprengter Kuriere unsere Niederfahrt melden, daß sich die Satane festtäglich herausputzen, sich den tausendjährigen Ruß aus den Wimpern stäuben, und Myriaden gehörnter Köpfe aus der rauchenden Mündung ihrer Schwefel-Kamine hervorwachsen, unsern Einzug zu sehen? Kameraden! (aufgesprungen) frisch auf! Kameraden! was in der Welt wiegt diesen Rausch des Entzückens auf? Kommt Kameraden!
Roller. Sachte nur! Sachte! wohin? das Thier muß auch seinen Kopf haben, Kinder.
Spiegelberg. (Giftig.) Was predigt der Zauderer? Stand nicht der Kopf schon, eh noch ein Glied sich regte? folgt Kameraden!
Roller. Gemach sag ich. Auch die Freyheit muß ihren Herrn haben. Ohne Oberhaupt gieng Rom und Sparta zu Grunde.
Spiegelberg. (Geschmeidig.) Ja – haltet – Roller sagt recht. Und das muß ein erleuchteter Kopf seyn. Versteht ihr? Ein feiner politischer Kopf muß das seyn. Ja! wenn ich mir's denke, was ihr vor einer Stunde waret, was ihr izt seyd, – durch Einen glücklichen Gedanken seyd – Ja freylich, freylich, müßt ihr einen Chef haben – Und wer diesen Gedanken entsponnen, sagt, muß das nicht ein erleuchteter politischer Kopf seyn?
Roller. Wenn sich's hoffen ließe – träumen ließe – Aber ich fürchte, er wird es nicht thun.
Spiegelberg. Warum nicht? Sag's kek heraus, Freund! – So schwer es ist, das kämpfende Schiff gegen die Winde zu lenken, so schwer sie auch drückt die Last der Kronen – Sag's unverzagt, Roller – Vielleicht wird ers doch thun.
Roller. Und lek ist das Ganze, wenn er's nicht thut. Ohne den Moor sind wir Leib ohne Seele.
Spiegelberg. (Unwillig von ihm weg.) Stockfisch!
Moor. (tritt herein in wilder Bewegung, und läuft heftig im Zimmer auf und nieder, mit sich selber.)
Moor. Menschen – Menschen! falsche, heuchlerische Krokodilbrut! Ihre Augen sind Wasser! Ihre Herzen sind Erz! Küsse auf den Lippen! Schwerter im Busen! Löwen und Leoparde füttern ihre Jungen, Raben tischen ihren Kleinen auf dem Aas, und Er, Er – Bosheit hab ich dulden gelernt, kann dazu lächeln, wenn mein erboster Feind mir mein eigen Herzblut zutrinkt – aber wenn Blutliebe zur Verrätherinn, wenn Vaterliebe zur Megäre wird; o so fange Feuer, männliche Gelassenheit, verwilde zum Tyger, sanftmüthiges Lamm, und jede Faser recke sich auf zum Grimm und Verderben!
Roller. Höre Moor! Was denkst du davon? Ein Räuberleben ist doch auch besser, als bey Wasser und Brod im untersten Gewölbe der Thürme?
Moor. Warum ist dieser Geist nicht in einen Tyger gefahren, der sein wüthendes Gebiß in Menschenfleisch haut? Ist das Vatertreue? Ist das Liebe für Liebe? Ich möchte ein Bär seyn, und die Bären des Nordlands wider dies mörderische Geschlecht anhetzen – Reue, und keine Gnade! – Oh ich möchte den Ocean vergiften, daß sie den Tod aus allen Quellen saufen! Vertrauen, unüberwindliche Zuversicht, und kein Erbarmen!
Roller. So höre doch, Moor, was ich dir sage!
Moor. Es ist unglaublich, es ist ein Traum, eine Täuschung