Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen / Приключения барона Мюнхгаузена и другие удивительные истории. Книга для чтения на немецком языке. Отсутствует

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Abenteuer des Freiherrn von Münchhausen / Приключения барона Мюнхгаузена и другие удивительные истории. Книга для чтения на немецком языке - Отсутствует Klassische Literatur (Каро)

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Begebenheit erwähnt der Baron nicht gern, weil ihm da sein Versuch mißlang und er noch dazu um ein Haar sein Leben obendrein verloren hätte. Da sie gleichwohl ganz und gar nicht zu seiner Schande gereicht, so pflege ich sie wohl bisweilen hinter seinem Rücken zu erzählen.

      Nun, meine Herren, kennen Sie insgesamt den Herrn Baron von Münchhausen und werden hoffentlich an seiner Wahrhaftigkeit im mindesten nicht zweifeln. Damit Ihnen aber auch kein Zweifel gegen die meinige zu Kopfe steige, ein Umstand, den ich so schlechtweg[176] eben nicht voraussetzen mag, so muss ich Ihnen doch ein wenig sagen, wer ich bin. Mein Vater, oder wenigstens derjenige, welcher dafür gehalten wurde, war von Geburt ein Schweizer aus Bern.[177] Er führte daselbst eine Art von Oberaufsicht über Straßen, Alleen, Gassen und Brücken. Diese Beamten heißen dortzulande – hm! – Gassenkehrer.[178] Meine Mutter war aus den savoyischen Gebirgen[179] gebürtig und trug einen überaus schönen großen Kropf am Halse, der bei den Damen jener Gegend etwas sehr Gewöhnliches ist. Sie verließ ihre Eltern sehr jung und ging ihrem Glücke in ebender Stadt nach, wo mein Vater das Licht der Welt erblickt hatte. Solange sie noch ledig war, gewann sie ihren Unterhalt durch allerlei Liebeswerke[180] an unserm Geschlechte. Denn man weiß, dass sie es niemals abschlug, wenn man sie um eine Gefälligkeit ansprach und besonders ihr mit gehöriger Höflichkeit in der Hand zuvorkam. Dieses liebenswürdige Paar begegnete einander von ohngefähr auf der Straße, und da sie beiderseits ein wenig berauscht waren, so taumelten sie gegeneinander und taumelten sich alle beide über den Haufen. Wie sich nun bei dieser Gelegenheit ein Teil immer noch unnützer machte als der andere und das Ding zu laut wurde, so wurden sie alle beide erst in die Scharwache,[181] hernach aber in das Zuchthaus geschleppt. Hier sahen sie bald die Torheit ihrer Zänkerei ein, machten alles wieder gut, verliebten sich und heuerateten einander. Da aber meine Mutter zu ihren alten Streichen zurückkehrte, so trennte mein Vater, der gar hohe Begriffe von Ehre hatte, sich ziemlich bald von ihr und wies ihr die Revenüen von einem Tragkorbe zu ihrem künftigen Unterhalte an. Sie vereinigte sich hierauf mit einer Gesellschaft, die mit einem Puppenspiel umherzog. Mit der Zeit führte sie das Schicksal nach Rom, wo sie eine Austerbude hielt.

      Sie haben ohnstreitig insgesamt von dem Papst Ganganelli oder Clemens XIV.,[182] und wie gern dieser Herr Austern aß, gehört. Eines Freitags, als derselbe in großem Pompe nach der St. Peterskirche[183] zur hohen Messe durch die Stadt zog, sah er meiner Mutter Austern (welche, wie sie mir oft erzählt hat, ausnehmend schön und frisch waren) und konnte unmöglich vorüberziehen, ohne sie zu versuchen. Nun waren zwar mehr als fünftausend Personen in seinem Gefolge; nichtsdestoweniger aber ließ er sogleich alles stillhalten und in die Kirche sagen, er könnte vor morgen das Hochamt[184] nicht halten. Sodann sprang er vom Pferde – denn die Päpste reiten allemal bei solchen Gelegenheiten —, ging in meiner Mutter Laden, aß erst alles auf, was von Austern daselbst vorhanden war, und stieg hernach mit ihr in den Keller hinab, wo sie noch mehr hatte. Dieses unterirdische Gemach war meiner Mutter Küche, Visitenstube und Schlafkammer[185] zugleich. Hier gefiel es ihm so wohl, dass er alle seine Begleiter fortschickte. Kurz, Seine Heiligkeit brachten die ganze Nacht dort mit meiner Mutter zu. Ehe Dieselben am andern Morgen wieder fortgingen, erteilten Sie ihr vollkommenen Ablaß, nicht allein für jede Sünde, die sie schon auf sich hatte, sondern auch für alle diejenigen, womit sie sich etwa künftig noch zu befassen Lust haben möchte. Nun, meine Herren, habe ich darauf das Ehrenwort meiner Mutter – und wer könnte wohl eine solche Ehre bezweifeln? – , dass ich die Frucht jener Austernacht bin.

      Dreizehntes Kapitel

      Fortgesetzte Erzählung des Freiherrn

      Der Baron wurde, wie man sich leicht vorstellen kann, bei jeder Gelegenheit gebeten, seinem Versprechen gemäß in der Erzählung seiner ebenso lehrreichen als unterhaltenden Abenteuer fortzufahren; allein geraume Zeit waren alle Bitten vergebens. Er hatte die sehr löbliche Gewohnheit, nichts gegen seine Laune zu tun, und die noch löblichere, durch nichts von diesem Grundsatze sich abbringen zu lassen. Endlich aber erschien der lange gewünschte Abend, an dem ein heiteres Lächeln, mit dem er die Aufforderungen seiner Freunde anhörte, die sichere Vorbedeutung gab, dass sein Genius ihm gegenwärtig sei und ihre Hoffnungen erfüllen werde.»Conticuere omnes, intentique ora tenebant[186]«, und Münchhausen begann vom hochbepolsterten Sofa:

      Während der letzten Belagerung von Gibraltar[187] segelte ich mit einer Proviantflotte unter Lord Rodneys Kommando nach dieser Festung, um meinen alten Freund, den General Elliot, zu besuchen, der durch die ausgezeichnete Verteidigung dieses Platzes sich Lorbeern erworben hat, die nie verwelken können. Sobald die erste Hitze der Freude, die immer mit dem Wiedersehen alter Freunde verbunden ist, sich etwas abgekühlt hatte, ging ich in Begleitung des Generals in der Festung umher, um den Zustand der Besatzung und die Anstalten des Feindes kennen zu lernen. Ich hatte aus London ein sehr vortreffliches Spiegelteleskop, das ich von Dollond[188] gekauft hatte, mitgebracht. Durch Hülfe[189] desselben fand ich, dass der Feind gerade im Begriff war, einen Sechsunddreißigpfünder auf den Fleck abzufeuern, auf dem wir standen. Ich sagte dies dem General; er sah auch durch das Perspektiv und fand meine Mutmaßung richtig. Auf seine Erlaubnis ließ ich sogleich einen Achtundvierzigpfünder von der nächsten Batterie bringen und richtete ihn – denn was Artillerie betrifft, habe ich, ohne mich zu rühmen, meinen Meister noch nicht gefunden – so genau, dass ich meines Zieles vollkommen gewiß war.

      Nun beobachtete ich die Feinde auf das schärfste, bis ich sah, dass sie die Zündrute an das Zündloch ihres Stückes legten, und in demselben Augenblicke gab ich das Zeichen, dass unsere Kanone gleichfalls abgefeuert werden sollte. Ungefähr auf der Mitte des Weges schlugen die beiden Kugeln mit fürchterlicher Stärke gegeneinander, und die Wirkung davon war erstaunend. Die feindliche Kugel prallte mit solcher Heftigkeit zurück, dass sie nicht nur dem Manne, der sie abgeschossen hatte, rein den Kopf wegnahm, sondern auch noch sechzehn andere Köpfe vom Rumpfe schnellte, die ihr auf ihrem Fluge nach der afrikanischen Küste im Wege standen. Ehe sie aber nach der Barbarei kam, fuhr sie durch die Hauptmaste von drei Schiffen, die eben in einer Linie hintereinander im Hafen lagen; und dann flog sie noch gegen zweihundert englische Meilen in das Land hinein, schlug zuletzt durch das Dach einer Bauerhütte, brachte ein altes Mütterchen, die mit offenem Munde auf dem Rücken lag und schlief, um die wenigen Zähne, die ihr noch übrig waren, und blieb endlich in der Kehle des armen Weibes stecken. Ihr Mann, der bald darauf nach Hause kam, versuchte die Kugel herauszuziehen; da er dies aber unmöglich fand, so entschloß er sich kurz und stieß sie ihr mit einem Rammer in den Magen hinunter, aus dem sie dann auf dem natürlichen Wege unterwärts abging. Unsere Kugel tat vortreffliche Dienste. Sie trieb nicht nur die andere auf die eben beschriebene Weise zurück, sondern setzte auch, meiner Absicht gemäß, ihren Weg fort, hob dieselbe Kanone, die gerade gegen uns gebraucht worden war, von der Lafette[190] und warf sie mit solcher Heftigkeit in den Kielraum eines Schiffes, dass sie sogleich den Boden desselben durchschlug. Das Schiff schöpfte Wasser und sank mit tausend spanischen Matrosen und einer beträchtlichen Anzahl Soldaten, die sich auf demselben befanden, unter. – Dies war gewiß eine höchst außerordentliche Tat. Ich verlange indes keinesweges sie ganz auf die Rechnung meines Verdienstes zu setzen. Meiner Klugheit kommt freilich die Ehre der ersten Erfindung zu, aber der Zufall unterstützte sie einigermaßen. Ich fand nämlich nachher, dass unser Achtundvierzigpfünder durch ein Versehen auf eine doppelte Portion Pulver gesetzt war, wodurch allein seine unerwartete Wirkung vorzüglich in Absicht der zurückgeworfenen feindlichen Kugel begreiflich wird.

      General

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<p>176</p>

schlechtweg = geradezu, einfach

<p>177</p>

Bern – Hauptstadt der Schweiz und des gleichnamigen Kan-

<p>178</p>

Gtoansssenkehrer m (landsch.) = Straßenkehrer

<p>179</p>

Savoyen – historische Provinz in Ostfrankreich

<p>180</p>

Liebeswerke – wohltätige Handlung

<p>181</p>

Scharwache f (früher) – von einer kleinen Gruppe (bes. Bürgern einer Stadt) gebildete Wache

<p>182</p>

Ganganelli, Clemens XIV = Lorenzo Ganganelli (1705–74) war unter dem Namen Clemens XIV Papst von 1769 bis 1774

<p>183</p>

St. Peterskirche = Petersdom (auch: Petersbasilika) – Grabeskirche des Apostels Simon Petrus in Vatikan, eine der größten Kirchen der Welt

<p>184</p>

Hochamt n (kath. Kirche) – feierliche Messe, bei der bestimmte liturgische Texte gesungen werden

<p>185</p>

Schlafkammer f (früher) – (meist außerhalb des eigentlichen Wohnbereichs eines Hauses gelegener) kleinerer [einfach ausgestatteter] Raum zum Schlafen

<p>186</p>

<lat.> Still schwieg alles umher mit gespannt aufmerkendem Antlitz – erste Zeile aus dem 2. Buch des» Aeneis «von Vergilius

<p>187</p>

Gibraltar <arab.> – Halbinsel an der Südspitze Spaniens

<p>188</p>

Dollond m [nach dem Namen des Erfinders, dem Engländer J.Dollond (1706–61)] – achromatisches Fernglas

<p>189</p>

Hülfe f (veraltet) = Hilfe f

<p>190</p>

Lafette f <franz.> – Untergestell der Geschütze