Gewandelt . Морган Райс
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Читать онлайн книгу Gewandelt - Морган Райс страница 8
»Was willst du damit sagen?«
Er zuckte mit den Schultern.
Sie musterte ihn. Er wirklich richtig niedergeschlagen.
»Wohin willst du denn?«, wollte sie wissen.
»Vielleicht … mache ich mich auf die Suche nach Dad.«
»Wie denn? Wir haben doch keine Ahnung, wo er ist.«
»Ich könnte es versuchen. Vielleicht könnte ich ihn finden.«
»Sam. Nach allem, was wir wissen, könnte er genauso gut tot sein.«
»Sag so was nicht!«, schrie er und lief dunkelrot an.
»Tut mir leid«, entschuldigte sie sich.
Er beruhigte sich wieder.
»Hast du dir schon mal überlegt, dass er uns vielleicht gar nicht sehen will, selbst wenn wir ihn finden? Schließlich hat er uns verlassen. Und er hat nie versucht, wieder Kontakt zu uns aufzunehmen.«
»Vielleicht, weil Mom ihn nicht gelassen hat.«
»Oder vielleicht, weil er uns nicht mag.«
Sams Blick wurde noch finsterer, während er unruhig die Füße hin und her bewegte. »Ich habe ihn auf Facebook gesucht.«
Caitlin riss überrascht die Augen auf.
»Du hast ihn gefunden?«
»Da bin ich mir nicht sicher. Es gab vier Personen mit seinem Namen, und zwei davon haben kein Foto eingestellt. Also habe ich beiden eine Nachricht geschickt.«
»Und?«
Sam schüttelte den Kopf.
»Ich habe noch keine Antwort bekommen.«
»Dad ist bestimmt nicht bei Facebook.«
»Das kannst du gar nicht wissen«, entgegnete er.
Caitlin seufzte, ging zu ihrem Bett und legte sich darauf. Sie starrte an die vergilbte Decke, von der die Farbe bereits abblätterte, und fragte sich, wie es dazu hatte kommen können, dass sie diesen Punkt erreicht hatten. Es hatte Orte gegeben, an denen sie glücklich gewesen waren, sogar Zeiten, als selbst ihre Mom beinahe zufrieden gewirkt hatte. Wie damals, als sie mit diesem Typen zusammen gewesen war. Da war sie zumindest zufrieden genug, um Caitlin in Ruhe zu lassen.
Es hatte Städtchen gegeben, wie beispielsweise ihren letzten Wohnort, wo sowohl Sam als auch Caitlin echte Freunde gefunden hatten. Beinahe hatte es so ausgesehen, als könnten sie tatsächlich auch dort bleiben – zumindest lange genug, um ihren Schulabschluss zu machen. Doch dann hatte sich ganz schnell alles wieder verändert. Koffer packen, Abschied nehmen … War es etwa zu viel verlangt, sich eine normale Kindheit zu wünschen?
»Ich könnte nach Oakville zurückgehen«, meinte Sam unvermittelt und unterbrach damit ihre Gedanken. Oakville war ihr letzter Wohnort gewesen. Irgendwie war es verblüffend, dass er immer ihre Gedanken lesen konnte. »Ich könnte bei Freunden wohnen.«
Der Tag wuchs ihr allmählich über den Kopf. Es war einfach zu viel. Sie konnte nicht mehr klar denken, und weil sie so frustriert war, verstand sie bloß, dass Sam sie auch noch im Stich lassen wollte. Anscheinend bedeutete sie ihm nicht mehr wirklich etwas.
»Dann geh doch!«, schnauzte sie ihn an, ohne es zu wollen. Es war, als hätte jemand anderes für sie gesprochen. Als sie merkte, wie barsch sie geklungen hatte, bedauerte sie ihre Unbeherrschtheit sofort.
Warum bloß musstest du so damit herausplatzen? Warum hast du dich nicht besser unter Kontrolle?
Wenn sie einer besseren Stimmung gewesen wäre, wenn sie ruhiger gewesen wäre und wenn nicht so viel gleichzeitig auf sie eingestürmt wäre, wäre ihr das sicher nicht passiert. Dann wäre sie freundlicher gewesen.
Sie hätte zum Beispiel etwas gesagt wie zum Beispiel: Ich weiß, dass du niemals abhauen würdest, egal, wie schlimm es kommt, weil du mich nicht allein lassen würdest. Dafür liebe ich dich. Und natürlich würde ich dich auch nicht im Stich lassen. Trotz unserer verkorksten Kindheit haben wir wenigstens uns.
Stattdessen hatte sie sich von ihrer schlechten Laune leiten lassen. Stattdessen hatte sie egoistisch reagiert und ihn angeschnauzt.
Sie setzte sich auf. An seinem Gesichtsausdruck konnte sie erkennen, wie verletzt er war. Gerne hätte sie ihre Worte zurückgenommen und ihm gesagt, dass es ihr leidtat, aber sie war schlichtweg überfordert. Irgendwie schaffte sie es nicht, den Mund aufzumachen.
Still stand Sam auf, verließ den Raum und schloss leise die Tür hinter sich.
Du blöde Kuh, dachte sie. Du bist so eine Idiotin. Warum musst du ihn genauso behandeln, wie Mom dich behandelt?
Sie legte sich zurück und starrte wieder an die Decke. Auf einmal begriff sie, dass es noch einen anderen Grund für ihre barsche Reaktion gab. Er hatte ihren Gedankengang unterbrochen, und das genau zu dem Zeitpunkt, als sie zu den schlechten Dingen kam. Eine dunkle Erinnerung war ihr durch den Kopf geschossen, und Sam war dazwischengekommen, bevor sie den Gedanken hatte festhalten können.
Es ging um den Exfreund ihrer Mom. Am vorvorletzten Wohnort. Zu der Zeit hatte Mom tatsächlich glücklich gewirkt, ein einziges Mal. Frank. Fünfzig. Klein, untersetzt, beginnende Glatze. Er roch immer nach billigem Rasierwasser. Damals war Caitlin sechzehn gewesen.
Sie hatte in der winzigen Waschküche gestanden und ihre Wäsche zusammengelegt, als plötzlich Frank in der Tür auftauchte. Er war ein fieser Typ, ständig starrte er sie an. Er hob ein Unterhöschen von ihr auf und hielt es grinsend hoch. Sie spürte, wie ihr vor Verlegenheit und Zorn das Blut ins Gesicht schoss.
»Das hast du fallen lassen«, meinte er, und sein Grinsen wurde noch breiter. Sie riss ihm ihre Unterwäsche aus der Hand.
»Was willst du?«, fuhr sie ihn an.
»Redet man so mit seinem neuen Stiefvater?«
Er machte einen halben Schritt auf sie zu.
»Du bist nicht mein Stiefvater.«
»Aber ich werde es sein – und zwar bald.«
Sie versuchte, sich wieder auf die Wäsche zu konzentrieren, aber er kam noch näher. Zu nahe. Ihr Herz schlug heftig.
»Ich denke, es ist an der Zeit, dass wir beide uns ein bisschen besser kennenlernen«, sagte er dann und öffnete dabei seinen Gürtel. »Findest du nicht auch?«
Entsetzt versuchte sie, sich an ihm vorbeizuquetschen. Sie wollte flüchten, aber er versperrte ihr den Weg, packte sie grob und drückte sie gegen die Wand.
Und da geschah es.
Sie kochte vor Wut. So wütend war sie noch nie gewesen. Sie spürte, wie ihr von Kopf bis Fuß heiß wurde. Als er noch näher kam, sprang sie in die Höhe und trat ihm mit beiden Füßen gegen die Brust.
Obwohl sie nicht einmal halb so viel wog wie er, flog er rückwärts durch die Tür, riss sie dabei aus den Angeln und landete drei Meter weiter im Nebenzimmer. Es war, als wäre er von einer Kanonenkugel durchs Haus geschossen worden.