Wenn Sie Sähe . Блейк Пирс
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Wenn Sie Sähe - Блейк Пирс страница 4
„Ja, das hat schon was“, meinte Kate. „Allen kommt es allerdings auch ein wenig merkwürdig vor, wieder eine Beziehung zu haben. Wir haben viel Spaß, wenn wir zusammen sind, aber… es ist schon merkwürdig, wenn Sex dann da mit reinspielt.“
„Ja, ja…“, sagte Clarissa. „Aber sieht du ihn als deinen Freund an?“
„Müssen wir da jetzt wirklich drüber reden?“, fragte Kate und bemerkte, dass sie errötete.
„Oh ja, allerdings müssen wir das“, sagte Clarissa. „Wir alten Frauen fiebern doch mit dir mit.“
„Und das gilt auch für deinen Job“, fügte Jane hinzu. „Wie geht es eigentlich damit?“
„Ich habe seit zwei Wochen keinen Anruf bekommen, und beim letzten Mal ging es auch nur um Recherche. Sorry, Mädels, es ist beim besten Willen nicht so aufregend, wie ihr scheinbar gehofft habt.“
„Das heißt, du bist jetzt wieder Rentnerin?“, fragte Clarissa.
„Im Grunde ja. Es ist irgendwie alles kompliziert.“
Damit war der Fragerei ein Ende gesetzt, und sie unterhielten sich wieder über lokale Themen – über Filme, die bald ins Kino kommen sollten, über das Musikfestival, den Bau der neuen Autobahn, und so weiter. Es war schön zu wissen, dass das FBI immer wieder auf sie zurückgriff, aber sie hatte eigentlich auf eine aktivere Rolle gehofft, nachdem sie den letzten Fall so erfolgreich aufgeklärt hatte. Aber seitdem hatte sie nur ein einziges Mal von Deputy Director Duran gehört, und das auch nur, weil er sich über DeMarcos Leistung zu erkundigen wollte.
Ihr war bewusst, dass es ihren Freundinnen merkwürdig vorkam, dass sie theoretisch ein aktiver Agent war, und gleichzeitig so in ihrer Großmutterrolle aufging. Herrgott, es kam ihr ja sogar selbst merkwürdig vor. Wenn man dann noch die langsam erblühende Beziehung zu Allen betrachtete, war ihr Leben alles in allem wahrscheinlich wirklich interessant für ihre Freundinnen.
Und ja, sie schätzte sich wahrlich glücklich. Am Monatsende wurde sie sechsundfünfzig, und ihr war klar, dass viele Frauen ihres Alters sie um ihren Lebensstil beneiden würden. Das sagte sie sich, wenn sie mal wieder das Bedürfnis verspürte, eine aktivere Rolle beim FBI einzunehmen. Und hin und wieder klappte das auch.
Und heute war so ein Tag, denn heute sollte sie zum ersten Mal Besuch seit ihrer Geburt Besuch von ihrer Enkelin bekommen.
***
Eine der Schwierigkeiten, eine Balance zu finden zwischen ihrer neuen Großmutterrolle und ihrem Bedürfnis, sich wieder aktiv mit einem Fall zu befassen, lag darin, sich das Denken einer Großmutter zu eigen zu machen. An diesem Nachmittag verließ sie das Haus und machte sich auf den Weg zu den kleinen Geschäften in Carytown, einem Stadtteil von Richmond. Sie wollte ein Geschenk für Michelle besorgen, zur Feier ihres ersten Abends bei ihrer Großmutter.
Es fiel ihr nicht leicht, die Gedanken an Waffen und Verdächtige beiseite zu schieben und sich stattdessen auf Plüschtiere und Kinderpyjamas zu konzentrieren. Aber während sie so durch mehrere Läden bummelte, fiel es ihr zunehmend leichter. Tatsächlich machte es ihr Spaß, etwas Schönes für ihre Enkelin zu kaufen, obwohl die Kleine mit ihren zwei Monaten natürlich nichts mit den Geschenken würde anfangen können. Trotzdem musste sich Kate zurückhalten, um nicht gleich all die niedlichen Sachen zu kaufen, die sie fand. Allerdings, war es nicht die Aufgabe einer Großmutter, ihre Enkel zu verwöhnen?
Als sie gerade im dritten Laden ihre Einkäufe bezahlte, erhielt sie einen Anruf. Sie nahm sofort ab. Während der letzten Wochen hatte sie immer mehr die Hoffnung gehabt, von Duran oder jemand anderem vom FBI zu hören. Sie schalt sich, da sie enttäuscht wurde - denn es war nicht Duran oder jemand vom FBI, sondern es war Allen, der sie anrief. Aber nach dem ersten Stich, den es ihr versetzt hatte, dass das FBI sich noch immer nicht bei ihr gemeldet hatte, freute sie sich, dass Allen sich meldete. Sie freute sich ja im Grunde immer, von ihm zu hören.
„Allen, Hilfe!“, sagte sie spaßend. „Ich bin gerade in den Läden für Michelle unterwegs und ich kann mich kaum stoppen, all die süßen Dinge zu kaufen, dir mir in die Hände fallen. Ist das normal?“
„Keine Ahnung, da kann ich nichts zu sagen“, antwortete Allen. „Keiner meiner Söhne hatte oder hat momentan eine feste Beziehung und mich bis jetzt zum Großvater gemacht.“
„Dann lass dir gesagt sein: fange lieber jetzt schon an zu sparen.“
Allen kicherte, worüber Kate sich freute. „Also, heute ist der große Abend?“, fragte er.
„Ja. Ich habe zwar schon ein Kind großgezogen und sollte deshalb wissen, was da auf mich zukommt, aber ich habe trotzdem ein mulmiges Gefühl.“
„Ach was, das wird super. Wo wir gerade von mulmigem Gefühl sprechen… ich gehe heute mit ein paar Jungs aus… und ich habe seit ungefähr fünf Jahren nicht mehr als zwei Drinks am Abend gehabt.“
„Viel Spaß.“
„Ich wollte fragen, ob wir uns nicht morgen Abend zum Essen treffen wollen. Dann können wir uns gegenseitig berichten, wie es gelaufen ist.“
„Das wäre schön. Willst du so gegen sieben hier sein?“
„Hört sich gut an. Viel Spaß heute Abend. Schläft Michelle schon durch?“
„Ich glaube nicht.“
„Autsch“, kicherte Allen und beendete damit das Gespräch.
Mit den verschiedenen Einkaufstaschen in den Händen steckte sie ihr Handy wieder ein. Sie musste lächeln. Sie befand sich in ihrem Lieblingsstadtteil, stand in der Sonne, hatte gerade schöne Dinge für ihre zwei Monate alte Enkelin besorgt. So, wie ihr Tag gerade lief, wollte sie da überhaupt, dass das FBI anrief?
Zu Fuß ging sie wieder nach Hause – etwa drei Blocks von der Stelle, an der sie Allens Anruf erhalten hatte – als sie ein Mädchen mit einem My Little Pony-T-shirt erblickte. Hand in Hand mit ihrer Mutter kam sie Kate entgegen. Sie war fünf oder sechs Jahre alt und ihre blonden Haare waren zu einem Pferdeschwanz gebunden, wie ihn nur eine Mutter hinkriegte. Sie hatte blaue Augen und ein spitzes Näschen, das sie feenartig erscheinen ließ. Und genau dieses Aussehen versetzte Kate einen Stich.
Ein Bild machte sich in ihren Gedanken breit, nämlich das von einem Mädchen, das diesem zum verwechseln ähnlich gesehen hatte. Doch vor ihrem inneren Auge hatte das Mädchen ein schmutzverschmiertes Gesicht, und es weinte. Hinter ihr sah man das Licht der Polizeiwagen.
Das Bild war so stark, dass Kate einen Moment innehalten musste. Sie riss ihren Blick von dem Mädchen los, da sie nicht merkwürdig erscheinen wollte. Sie hielt das Bild in ihren Gedanken fest und versuchte, die Erinnerung heraufzubeschwören. Die Erinnerung breitete sich langsam vor ihrem inneren Auge aus, so, als lese sie gerade den Bericht des Falls.
Fünfjährige gefunden, drei Tage nachdem sie vermisst gemeldet wurde, in einer Fischerhütte in Arkansas neben den Leichen ihrer Eltern. Die Eltern waren das fünfte und sechste Opfer eines Serienkillers, der Arkansas seit fast vier Monaten terrorisiert hatte. Ein Killer, dem Kate das Handwerk legte, aber erst, nachdem er schon neun Menschen umgebracht hatte.
Plötzlich