Wenn es Doch Nur Für Immer Wäre . Sophie Love
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Читать онлайн книгу Wenn es Doch Nur Für Immer Wäre - Sophie Love страница 9
Sie und Chantelle sahen die Dekorationen durch, wählten die Stücke aus, die sie verwenden wollten und packten die anderen wieder vorsichtig ein. Als sie damit fertig waren und sie sie an den Baum hängen wollten, war es draußen schon dunkel.
Daniel entzündete ein Feuer im Kamin, dessen orangenes Licht bis in den Eingangsbereich schien, als die Familie damit begann, den Baum zu schmücken. Chantelle hängte jede ihrer ausgewählten Dekorationen an den Baum und zwar mit genau der Präzision und Vorsicht, die Emily an dem Mädchen schon häufiger bemerkt hatte. Es schien, als würde das Mädchen jeden Moment genießen und die schrecklichen Erinnerungen ihrer frühen Kindheit mit neuen ersetzen.
Schließlich war es an der Zeit, den Engel auf die Baumspitze zu setzen. Chantelle hatte lange darüber nachgedacht, welche Dekoration den besonderen Platz einnehmen würde, und hatte sich letztendlich für einen handgestrickten Engel ausgewählt, der mit einem Rotkehlchen, einem Stern und einem dicken, kuscheligen Schneemann um den Platz konkurriert hatte.
„Bist du bereit?“, fragte Daniel Chantelle, als er zur Stufenleiter trat. „Ich werde dich hochnehmen müssen, damit du an die Spitze kommst.“
„Ich darf den Engel an die Spitze setzen?“, fragte Chantelle mit großen Augen.
Emily lachte. „Natürlich! Das ist immer die Aufgabe des Jüngsten!“
Sie beobachtete, wie Chantelle auf Daniels Rücken kletterte, wobei sie den Engel mit ihren Händen fest umschlossen hielt, um ihn nicht fallen zu lassen. Dann trug Daniel sie Schritt für Schritt nach oben. Zusammen streckten sie sich und Chantelle befestigte die Dekoration an der hohen Spitze des Baumes.
Sobald der Engel dort oben saß, wurde Emily plötzlich in die Vergangenheit gezogen. Der Flashback kam so schnell, dass sich ihr Atem beschleunigte. Der abrupte Wechsel von der hellen, warmen Pension zu dem kälteren, dunklen Haus dreißig Jahre zuvor löste eine Panik in ihr aus.
Emily sah zu Charlotte auf, die gerade den Engel, an dem sie den ganzen Tag lang gebastelt hatten, an dem Baum befestigte. Ihr Vater hielt Charlotte, damals noch ein pausbäckiges Kleinkind, fest, wobei er von den zahlreichen Sherries, die er an diesem Abend schon getrunken hatte, leicht schwankte. Emily hatte Angst, dass ihr angetrunkener Vater Charlotte in den Kamin fallen lassen würde. Emily war fünf Jahre alt und zum ersten Mal wurde ihr das Konzept des Todes bewusst.
Mit einem Keuchen kehrte Emily in die Gegenwart zurück und stellte fest, dass sie sich mit der Hand an der Wand abstützten musste, um sich auf den Beinen zu halten. Sie war am Hyperventilieren, doch schon war Daniel an ihrer Seite und legte ihr eine Hand auf den Rücken.
„Emily?“, fragte er besorgt. „Was ist passiert? Hattest du wieder eine Erinnerung?“
Sie nickte, unfähig, Worte zu formen. Die Erinnerung war so lebendig und erschreckend gewesen, obwohl sie genau wusste, dass Charlotte an jenem Winterabend nichts zugestoßen war. Emily freute sich über die meisten wiedererlangten Erinnerungen, doch diese hier hatte sich wie ein dunkles und unheilvolles Omen für kommende Ereignisse angefühlt.
Daniel rieb weiterhin über Emily Rücken, während diese versuchte, wieder zu Atem zu kommen. Chantelle sah besorgt zu ihr auf und es war schließlich das Gesicht des Kindes, das Emily aus dem eisernen Griff ihrer Erinnerungen riss.
„Es tut mir leid. Es geht mir gut“, sagte sie, der es ein wenig peinlich war, den anderen einen solchen Schreck versetzt zu haben.
Sie sah zu dem Engel mit dem paillettenbesetzen Kleid auf. Charlotte und sie hatten mehrere Stunden damit verbracht, die einzelnen Pailletten an dem Stoff zu befestigen. Jetzt glitzerten sie in dem sanften Licht, das aus dem Kamin im Wohnzimmer hinausschien, in Regenbogenfarben. Emily hatte das Gefühl, als würden sie ihr zuzwinkern. Nicht zum ersten Mal spürte sie Charlottes Nähe, mit der sie ihr Liebe, Frieden und Vergebung entgegenbrachte. Emily versuchte, sich an diesem Gefühl festzuhalten und darin Trost zu finden.
„Wir sollten zum Marktplatz gehen“, meinte Emily schließlich. „Wir wollen doch schließlich nicht verpassen, wie die Lichter am Baum entzündet werden.“
„Bist du dir sicher, dass es dir gut geht?“, fragte Daniel, der immer noch einen besorgten Eindruck machte.
Emily lächelte. „Mir geht es gut. Das verspreche ich.“
Doch ihre Worte schienen Daniel nicht ganz zu überzeugen. Sie bemerkte, dass er sie immer noch aus den Augenwinkeln beobachtete, während sie sich warm anzogen. Trotzdem stellte er ihre Entscheidung nicht weiter in Frage, weshalb die Familie hinaus zum Pickup-Truck ging und in die Stadt fuhr.
KAPITEL VIER
Trotz der bitteren Kälte hatte sich ganz Sunset Harbor auf dem Marktplatz versammelt, um die Beleuchtung des Baumes zu sehen. Sogar Colin Magnum, der das Kutscherhaus für den restlichen Monat gebucht hatte, war hier und genoss die Feierlichkeiten. Karen aus dem kleinen Supermarkt verteilte frisch gebackene Zimtrollen, während Cynthia Jones mit Thermoflaschen voller heißer Schokolade herumlief. Emily nahm die Getränke und das Essen dankend entgegen, deren Wärme sich in ihrem Bauch ausbreitete, während sie dabei zusah, wie Chantelle glücklich mit ihren Freunden spielte.
In der Menge konnte Emily Trevor Mann ausmachen. Bei seinem Anblick wurde sie von einer nagenden Angst befallen. Von dem Moment an, da Trevor beschlossen hatte, Emily um alles auf der Welt aus der Pension zu vertreiben, waren sie Feinde gewesen. Das hatte sich erst im Laufe des vergangenen Monats geändert, als er herausfand, dass er einen nicht-operablen Hirntumor besaß. Nun war Trevor nicht mehr Emilys Feind, sondern ihr engster Verbündeter. Er hatte ihre gesamten Steuerrückstände beglichen – im Wert von mehreren hunderttausend Dollar – und lud sie nun regelmäßig auf einen Kaffee und ein Stück Kuchen zu sich nach Hause ein. Es schmerzte Emily, ihn leiden zu sehen. Jedes Mal, wenn sie ihn sah, erschien er schwächer und mehr von seiner Krankheit mitgenommen zu sein.
Als er nun sah, dass Emily sich ihm näherte, begann sein Gesicht zu strahlen.
„Wie geht es Ihnen?“, fragte Emily, während sie ihn umarmte. Er fühlte sich dünner an und bei der Umarmung konnte sie seine Knochen spitz an ihrem Körper spüren.
„Den Umständen entsprechend“, erwiderte Trevor und senkte den Blick.
Es schockierte Emily, ihn so schwach und geschlagen zu sehen.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte sie vorsichtig und mit leiser Stimme, um den Stolz des Mannes nicht zu verletzen.
Trevor schüttelte wie erwartet den Kopf. Es lag nicht in seiner Natur, Hilfe anzunehmen. Aber es lag auch nicht in ihrer Natur, ein Nein als Antwort zu akzeptieren.
„Chantelle hat Schneeflockenketten zur Dekoration gebastelt“, sagte sie. „In Wirklichkeit sind es einfach nur Glitzerschnipsel, aber sie ist sehr stolz darauf und möchte allen Nachbarn welche schenken. Wäre es in Ordnung, wenn ich sie Ihnen morgen vorbeibringe?“
Das war ein gerissener Trick, doch Trevor fiel darauf herein.
„Nun