Abenteuer und Drangsale eines Schauspielers. Александр Дюма
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Alles dies geschah in drei Tempi auf militärische Weise.
Doch schon waren die Kinder herangewachsen und aus den Händen der zwei alten Jungfern in die eines ehemaligen Unterofficiers übergegangen, der, da er die Tochter eines Professors geheirathet, eine Schule gegründet hatte, wo der Schwiegervater das Lateinische und das Französische lehrte, während der Schwiegersohn Lectionen in der Geographie und in der Mathematik gab.
An den Abenden, wo der Vater nicht im Dienste war, gingen Vater und Kinder um acht Uhr im Winter und um neun Uhr im Sommer zu Bette, und Alles schlief bis zum Tage, der gewöhnlich mit seinem ersten Strahle die Augen von Jedermann wieder öffnete.
An den Tagen oder vielmehr in den Nächten, wo der Vater wachte, machten ihm gewöhnlich die Kinder einen Besuch in der Wachstube, welche am Ufer des Flusses lag.
Um zehn Uhr, manchmal um elf Uhr, – und sogar um Mitternacht, aus besonderer Gnade und wenn die Douaniers, die Kameraden des Vaters, sich an dem Geplauder der zwei Kinder belustigten, – schickte man sie zum Schlafengehen nach dem Hause, dessen Schlüssel man ihnen anvertraute unter der Bedingung, daß sie weder Feuer, noch Licht anzünden würden.
Die Kinder entfernten sich sodann, jedoch mit einem sichtbaren Widerwillen; sie baten, in der Wachstube bleiben und aus dem Feldbette schlafen zu dürfen, eine Bitte, die ihnen unbarmherzig abgeschlagen wurde.
Der Vater führte sie bis zur Thüre zurück und sagte zu ihnen: »Geht!« Die Kinder gingen, ohne das weiter zu widerstreben wagten, und der Vater schloß die Thüre hinter ihnen.
Sie marschirten Anfangs sachte, flüsterten leise, und suchten in den dunklen, nebeligen Nächten eine unentschiedene Form, die sich am Himmel zeichnete, – in den vom Monde erleuchteten Nächten, hatten sie nicht nöthig, etwas zu suchen, – diese Form hob sich kräftig oder klar, je nachdem sie im Schatten oder im Lichte war, vom gestirnten Azur des Firmamentes ab.
Diese Form war die eines hohen Thurms, und es geschah zuweilen, daß die zwei Fenster seiner Spitze, von einem röthlichen Feuer erleuchtet, wie Wehrwolfsaugen glänzten
Die Kinder waren genöthigt, am Fuße dieses Thurmes vorbeizugehen.
Wenn sie nur noch zwanzig Schritte vom Granitriesen, der in der Dunkelheit mit der Majestät der unbeweglichen Dinge emporragte, entfernt waren, nahmen sie sich bei der Hand und liefen, ohne ein Wort, ohne ein anderes Geräusch, als das, welchen ihrer keuchenden Brust entschlüpfte, unaufhaltsam bis sie am Hause angekommen waren. Hier erst blieben sie stehen; derjenige welcher den Schlüssel hatte, steckte ihn mit einer zitternden Hand ins Schloß, der Schlüssel drehte sich den Riegel ergreifend, die Thüre öffnete sich, die Knaben traten rasch ein, und der Muthigere, das heißt der Aeltere schloß die Thüre wieder.
Dann kleidete man sich rasch aus, man legte sich in einem Nu zu Bette, man schwatzte noch einen Augenblick leise; bald aber erlosch das Geplauder und es Folgte darauf ein doppeltes Athmen, sanft und rein, wie das von zwei entschlummerten Tauben.
Warum machte nun dieser Thurm den Kindern so sehr bange? Was hatte dieser Thurm Erschrecklicheres, als jeden andere Gebäude? Woher kam es, daß die zwei Kinder, welche doch sonst nicht furchtsam waren, so stark zitterten und so schnell liefen, wenn sie am Fuße dieses Thurmes vorbeigehen mußten?
Wir wollen es sagen.
Dieser Thurm hieß der Thurm des Amphiteaters; in diesem Thurme versammelten sich, um die Todten der Hospitäler von Caen zu seciren, die Studenten der Medicin. Die Tradition versicherte, diese glühenden Schüler der Wissenschaft studiren nicht nur in anima vili, sondern es liefern ihnen auch Entheiliger der Kirchhöfe Todte, die an Krankheiten verschieden, welche aristokratischer als die, die den Armen zu treffen pflegen und in den Hospitälern herrschen.
Die zwei glänzenden Augen des Thurmes waren entflammt durch das innere Licht, bei dessen Helle die Studenten arbeiteten.
Die schwarzen, krächzenden Raben, die sich vom Morgen bis zum Abend in einem unheimlichen Wirbel um die Spitze des Thurmes drehten, was suchten sie hier? was forderten sie mit heftigem Geschrei, wenn man sie warten ließ? Die Fetzen Menschenfleisch, die ihnen so reichlich Nahrung lieferten, daß sie, wenn sie ihre Tafel auf der Spitze des Thurmes halten, ihr Futter nicht anderswo zu suchen brauchten.
Das war es, was den Kindern bange machte, wenn sie am Fuße dieses Thurmes vorüberkamen; das ließ sie bleicher werden; das machte reichlicher den Schweiß von ihren eiskalten Stirnen fließen, besonders wenn sie auf ihren Wege einem verspäteten Arbeiter begegneten, der eine Last trug; denn sie hielten diesen Arbeiter für einen Todtendieb! denn sie hielten diese Last für eine Leiche!
Ein Lied der Leute vom Hafen, ein Lied so häßlich, so erschrecklich als die Sache, auf die es sich bezog, bestätigte die Tradition und erhob sie zum Range der Legende
Dieses Lied heißt:
C’est à l’Amphitéâtre
Qu’y a des écorheux,
Tant mieux!
Qu’ecochent les bell’ dames
Ainsi que les beaux messieux,
Tant mieux!1
Wie der Vater Tag und Nacht die Marsellaise trällerte, so erwachte dieses unglückliche Lied der Ecorcheux mit dem Schimmer der ersten Sterne im Geiste der Kinder, die es, wenn sie es nicht trällerten, wenigstens beständig im Gedächtniß gegenwärtig hatten.
Der Aeltere von den Knaben hatte indessen sein zwölftes Jahr erreicht und der Jüngere sollte sein zehntes erreichen, als dieser eines Abends sich über heftiges Kopfweh beklagte und sich früher als gewöhnlich zu Bette legte.
Man hielt dieses Kopfweh für eine Unpäßlichkeit ohne Folge, und man schenkte diesem Umstande keine große Aufmerksamkeit.
Am andern Tage wollte Adolphe aufstehen: man ließ ihn gewähren; doch er konnte nur eine Stunde aufbleiben.
Nach einer Stunde ging er ganz schwankend wieder zu Bette. Fünf Minuten nachher klapperten seine Zähne; er hatte das Fieber. In der darauf folgenden Nacht sang er das Lied der Ecorcheux. Er hatte das Delirium.
Man ließ den Arzt kommen. Der Knabe war von einer Hirnentzündung befallen.
Was auch der Mann der Wissenschaft that, es war zu spät. Am fünften Tage der Krankheit erklärte er dem Vater, jede Hoffnung, das Kind zu retten, sei verloren.
Der Vater beugte unter diesem Worte einen Kopf, der sich nie unter dem Pfeifen der Kugeln gebeugt hatte, wischte eine Thräne ab, die einzige, die ihn der kleine Etienne hatte vergießen sehen, wandte sich gegen die Frau um, welche die zwei Kinder an das Bett ihrer Mutter in jener Nacht gestellt, wo die Mutter selbst das Delirium gehabt hatte, und sagte:
»Holt den Priester.«
Die Frau ging hinaus.
Eine Stunde nachher ertönte das Glöckchen der letzten Oelung in der Rue des Carmes, die Thüre der großen Stube öffnete
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Im Amphitheater gibt es Schinder, desto besser!
welche die schönen Damen schinden, sowie die schönen Herren, desto besser!