John Davys Abenteuer eines Midshipman. Александр Дюма
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John Davys Abenteuer eines Midshipman
Erster Teil
I
Es sind etwa vierzig Jahre, daß meinem Vater, dem Capitän Edward Davys, Commandanten der englischen Fregatte »Jono« durch eine der letzten ans dem Linienschiff »Vengeur« kommenden Kanonenkugeln ein Bein zerschmettert wurde.
In Portsmouth, wohin ihm die Nachricht von dem Siege des Admirals Howe vorangeeilt war, fand er seine Ernennung zum Contreadmiral. Leider ward ihm dieser Titel nur als Belohnung bei seinem Uebertritt in den Ruhestand bewilligt; die Lords der Admiralität dachten wohl, der Verlust eines Beines habe den kaum fünfundvierzigjährigen Contreadmiral Edward Davys untauglich für den Seedienst gemacht.
Mein Vater war einer jener braven Seemänner, welche die Nothwendigkeit des Landes nicht recht einsehen und demselben nur dann einige Aufmerksamkeit schenken, wenn frisches Wasser an Bord zu nehmen oder Fisch zu dörren ist. Er war am Bord einer Fregatte geboren und hatte in seiner Kindheit nur Himmel und Meer gesehen. Mit fünfzehn Jahren war er Midshipman, mit fünfundzwanzig Lieutenant, mit dreißig Capitän geworden und hatte seine schönsten und besten Jahre auf einem Kriegsschiffe zugebracht. Das feste Land hatte er nur von Zeit zu Zeit und fast mit Widerwillen betreten, so daß der ehrenwerthe Contreadmiral, der mit verbundenen Augen seinen Weg durch die Behringstraße oder Bassinsbai gefunden haben würde, nicht ohne Führer von Saint-Jams nach Piccadilly hätte gehen können. Er kränkte sich daher nicht über die Wunde selbst, sondern über die Folgen derselben: er war auf mancherlei Unglück und Ungemach, auf Schiffbruch, Feuersbrunst und Kampf, aber nie auf den Ruhestand gefaßt gewesen, und er hatte es kaum für möglich gehalten, daß er einst als Greis in seinem Bett sterben werde.
Die Genesung des Verwundeten ging bei seiner gereizten Stimmung langsam von Statten; seine kräftige Gesundheit siegte indeß über Körperschmerzen und Seelenleiden. Es fehlte ihm übrigens keineswegs an sorgsamer Pflege: Sir Edward hatte einen treuen Diener, wie man sie gemeiniglich nur unter Soldaten und Seeleuten findet. Dieser brave Matrose, der einige Jahre älter war als mein Vater, war von dem Tage an, wo er als Midshipman an Bord der »Königin Charlotte« gekommen war, bis zu dem Kampfe, in welchem er blutend und bewußtlos vom Verdeck der »Juno« getragen wurde, sein beständiger Gefährte gewesen. Tom Smith hätte am Bord der Fregatte bleiben können, aber er mochte sich von seinem Capitän nicht trennen; er suchte um seinen Abschied nach, der ihm in Berücksichtigung des Beweggrundes, den er geltend machte, nebst einer kleinen Pension bewilligt wurde.
Die beiden alten Freunde – denn im Privatleben verschwand der Rangunterschied – sahen sich also plötzlich in einen Lebenskreis versetzt, auf den sie gar nicht vorbereitet waren und der ihnen viele Angst machte; allein sie mußten sich in das Unvermeidliche fügen.
Sir Edward erinnerte sich, daß es ein paar hundert Miles von London ein altes Familiengut und in der Stadt Derby einen Verwalter gebe, der ihm persönlich gar nicht bekannt war und dem er nur von Zeit zu Zeit Prisengelder und andere Summen geschickt hatte, mit denen er nichts anzufangen wußte. Er schrieb an diesen Verwalter und beschied ihn nach London, um sich über sein Vermögen, um welches er sich früher gar nicht gekümmert, die nöthige Auskunft zu verschaffen.
In Folge dieser Einladung kam Mr. Sanders nach London. Seine Rechnungen waren in der größten Ordnung; seit dem Tode meines Großvaters, Sir William Davys, der das Schloß hatte bauen lassen, waren alle Einnahmen und Ausgaben auf das sorgfältigste eingetragen worden. Auch über die von dem gegenwärtigen Besitzer von Williamhouse eingesandten Summen und deren fruchtbringende Verwendung war genaue Rechnung geführt worden. Sanders war beständig auf Arrondirung und Verbesserung der Besitzung bedacht gewesen, so daß sich diese in dem blühendsten Zustande befand. Sir Edward fand zu seinem großen Erstaunen, daß er eine Rente von zweitausend Pfund Sterling und außerdem noch sechshundert Pfund Sterling Ruhegehalt hatte. Der glückliche Zufall hatte ihm ausnahmsweise einen ehrlichen Mann zum Verwalter gegeben.
Wie groß auch der philosophische Gleichmuth des Contreadmirals war, so war ihm diese Entdeckung doch nicht gleichgültig. Er hätte zwar gerne sein Vermögen hingegeben, wenn er dadurch sein verlorenes Bein hätte wieder kaufen und zumal in seinen früheren Wirkungskreis eintreten können; aber da er einmal außer Dienst war, so waren seine über alle Erwartung günstigen Verhältnisse keineswegs zu verachten; er erklärte daher dem Verwalter, daß er entschlossen sei, sein Erbgut zu bewohnen.
Sanders reiste voraus, um in Williamhouse Alles in Bereitschaft setzen zu lassen ; Sir Edward wollte acht Tage später nachkommen.
Diese acht Tage benutzten Sir Edward und Tom zum Ankauf aller irgend auszutreibenden Seereisen und Schiffsgeschichten, von »Gulliver’s Abenteuern« bis zu den »Entdeckungsreisen des Capitän Cook«. Zu diesem Sortiment von nautischen Unterhaltungsschriften packte Sir Edward eine große Erdkugel, einen Zirkel, einen Quadranten, einen Compaß, ein Tagfernrohr und ein Nachtfernrohr.
Als alle diese Sachen eingepackt und die Koffer an einem bequemen Reisewagen befestigt waren, wurden Postpferde bestellt und die beiden Seeleute traten die längste Landreise an, welche sie jemals gemacht hatten.
Wenn den Capitän etwas hätte trösten können, so wäre es gewiß der Anblick der freundlichen heitern Landschaft gewesen: England ist ja ein großer Garten mit Baumgruppen und grünen Wiesen und Bächen und Flüssen; überall findet man die besten Straßen mit Pappelalleen, überall schattige Parks. Aber wie reizend auch dieser Anblick war, Sir Edward konnte doch das Meer nicht vergessen. Das Grün des Oceans schien ihm weit prächtiger als der Teppich der Wiesen; die Pappeln hielten keinen Vergleich aus mit den Masten, an denen sich die Segel blähen, und die schönste Landstraße konnte sich mit dem Verdeck der »Juno« nicht messen.
Der Capitän war also unempfänglich für alte Reize des alten Landes der Bretagner; er kam durch die schönsten Gegenden Englands, aber er fand kein Wort des Lobes. So erreichte er endlich die Anhöhe, von welcher er sein ganzes Erbgut übersehen konnte.
Das Schloß hatte eine reizende Lage; ein kleiner Fluß, der in dem Gebirge zwischen Manchester und Sheffield entspringt, wand sich mitten durch fette Wiesen, bildete einen kleinen See, der eine Stunde im Umfange hatte, und ergoß sich dann bei Derby in den Trent.
Die ganze Landschaft prangte im frischesten Grün, als ob sie eben erst aus der Hand des Schöpfers hervorgegangen wäre. Eine heitere Ruhe schwebte über dem weiten Thale, welches von der sich durch ganz England ziehenden Hügelkette begrenzt war.
Das Schloß war seit fünfundzwanzig bis dreißig Jahren nicht bewohnt gewesen, aber die Gemächer waren von Mr. Sanders in so gutem Stande erhalten worden, daß die Vergoldungen und die Farben der Stoffe und Tapeten noch wie neu waren.
Für einen Mann, der die Einsamkeit sucht, weite es sein sehr behaglicher Ruhesitz gewesen; aber nicht für Sir Edward. Diese ruhig heitere Natur schien ihm eintönig im Vergleich mit dem ewig bewegten Ocean und dem regen Leben am Bord des Kriegsschiffes.
Er ging seufzend durch die weiten Gemächer, auf deren getäfeltem Fußboden sein hölzernes Bein unheimlich dröhnte, und blieb an den Fenstern jeder Ironie stehen, um mit den vier Himmelsgegenden seiner Besitzung Bekanntschaft zu machen. Tom, der ihm folgte, verbarg sein Erstaunen über die nie gesehene Pracht hinter einer stolzen, naserümpfenden Miene. Als die in aller Stille vorgenommene Inspection beendet war, wandte sich Sir Edward zu seinem Begleiter und fragte ihn:
»Nun, Tom, was sagst Du dazu?«
»Nun, das Zwischendeck ist recht sauber,« antwortete Tom; »es fragt sich nur, ob der Kielraum eben so gut im Stande ist.«
»O! Mr. Sanders hat einen so wichtigen Theil der Ladung gewiß nicht übersehen. Geh hinunter, Tom, und sieh nach. Ich will Dich hier erwarten.«
»Aber ich weiß nicht,« erwiederte Tom, sich hinter dem Ohre kratzend, »ich weiß nicht wo die