Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
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»Stille, Gräfin.«
»Nein, wählen Sie zwischen mir und Ihrem Choiseul.«
»Liebe Schöne, es ist mir unmöglich, zu wählen, Ihr seid mir Beide nothwendig.«
»Dann ziehe ich mich zurück.«
»Sie?«
»Ja, ich überlasse das Feld meinen Feinden. Oh! ich werde vor Kummer sterben, aber Herr von Choiseul ist dann befriedigt, und das wird Sie trösten.«
»Nun! ich schwöre Ihnen, Gräfin, daß er Ihnen nicht im Geringsten grollt, und daß er Sie in seinem Herzen trägt. Es ist im Ganzen ein galanter Mann,« fügte der König mit einer Betonung bei, daß Herr von Sartines die letzten Worte wohl hören mußte.
»Ein galanter Mann? Sie bringen mich in Verzweiflung, Sire. Ein galanter Mann, der die Leute ermorden läßt!«
»Oh! wir wissen noch nicht,« versetzte der König.
»Und dann,« wagte der Polizeilieutenant zu bemerken, »ein Streit zwischen Leuten vom Degen ist so piquant, so natürlich!«
»Ah! ah!« versetzte die Gräfin, »und Sie auch, Herr von Sartines?«
Der Lieutenant begriff den Werth dieses tu quoque und wich vor dem Zorne der Gräfin zurück.
Es trat ein Augenblick dumpfen, drohenden Stillschweigens ein.
»Sie sehen, Chon,« sagte der König unter dieser allgemeinen Bestürzung, »Sie sehen, das ist Ihr Werk.«
Chon schlug mit einer heuchlerischen Traurigkeit die Augen nieder.
»Der König wird vergeben,« sprach sie, »wenn der Schmerz der Schwester den Sieg über die Seelenstärke der Unterthanin davongetragen hat.«
»Gutes Stück! . . .« murmelte der König. »Keinen Groll, Gräfin.«
»Oh! nein, Sire, ich habe keinen Groll. . . . Ich gehe nur nach Luciennes und von Luciennes nach Boulogne.«
»Am Meer?« fragte der König.
»Ja, Sire, ich verlasse ein Land, wo der Minister dem König bange macht.«
»Madame!« rief Ludwig XV. verletzt.
»Wohl, Sire, erlauben Sie mir, daß ich mich entferne, um mich nicht länger gegen die Eurer Majestät schuldige Achtung zu verfehlen.«
Die Gräfin stand auf und beobachtete aus einem Augenwinkel die Wirkung, welche ihre Bewegung hervorbrachte.
Ludwig XV. stieß einen Müdigkeitsseufzer aus, einen Seufzer, welcher bedeutete:
»Ich langweile mich bedeutend hier.«
Chon errieth den Sinn des Seufzers und begriff, daß es für ihre Schwester gefährlich wäre, den Streit weiter zu treiben.
Sie hielt ihre Schwester am Rocke zurück, ging auf den König zu und sprach:
»Sire, die Liebe, meiner Schwester für den armen Vicomte hat sie zu weit fortgerissen. Ich habe den Fehler begangen und meine Sache ist es, ihn wieder gut zu machen. Ich stelle mich in den Rang der demüthigsten Unterthanen Seiner Majestät, ich fordere Gerechtigkeit für meinen Bruder; ich klage Niemand an: die Weisheit des Königs wird zu unterscheiden wissen.«
»Ei mein Gott! Gerechtigkeit ist Alles, was ich verlange, ja, doch die Gerechtigkeit muß gerecht sein. Wenn ein Mensch ein Verbrechen nicht begangen hat, so werfe man ihm dieses Verbrechen nicht vor; hat er es begangen, so bestrafe man ihn.«
Während er diese Worte sprach, schaute Ludwig XV. die Gräfin an und suchte wo möglich die Brocken des freudigen Morgens, den er sich versprochen und der nun auf eine so traurige Weise endigte, wieder zu erhaschen.
Die Gräfin war so gut, daß sie Mitleid mit der Unthätigkeit des Königs hatte, die ihn überall, ausgenommen bei ihr, traurig und gelangweilt machte.
Sie wandte sich halb um, denn sie hatte bereits auf die Thüre zuzuschreiten angefangen, und sprach mit einer anbetungswürdigen Resignation:
»Verlange ich etwas Anderes? aber man weise meinen Verdacht nicht zurück, wenn ich ihn äußere.«
»Ihr Verdacht ist mir heilig, Gräfin,« rief der König; »er verwandle sich ein wenig in Gewißheit, und Sie werden sehen. Doch ich bedenke, es gibt ein einfaches Mittel.«
»Welches, Sire?«
»Man rufe Herrn von Choiseul hierher.«
»Oh! Eure Majestät weiß wohl, daß er nie kommt. Er verachtet es, in das Gemach der Freundin des Königs einzutreten. Seine Schwester ist nicht wie er; ihr wäre nichts lieber.«
Der König lachte.
»Herr von Choiseul äfft den Herrn Dauphin nach,« fuhr die Gräfin ermuthigt fort. »Man will sich nicht gefährden«
»Der Herr Dauphin ist ein Frommer, Gräfin.«
»Und Herr von Choiseul ein Heuchler, Sire.«
»Ich sage Ihnen, liebe Freundin, Sie werden das Vergnügen haben, ihn hier zu sehen, denn ich rufe ihn hierher. Es geschieht im Staatsdienst, er muß kommen, und wir veranlassen ihn, sich in Gegenwart von Chon, welche Alles gesehen hat, zu erklären. Wir confrontiren, wie man im Justizpalaste sagt, nicht wahr, Sartines? Man hole mir Herrn von Choiseul.«
»Und mir bringe man meinen Sapajou, Dorée; meinen Sapajou! meinen Sapajou!« rief die Gräfin.15
Bei diesen Worten, welche an die im Ankleidezimmer beschäftigte Kammerfrau gerichtet waren und sehr gut im Vorzimmer gehört werden konnten, da sie gerade in dem Augenblick ausgesprochen wurden, wo sich die Thüre vor dem nach Herrn von Choiseul abgeschickten Huissier öffnete, antwortete eine heisere, schnarrende Stimme:
»Der Sapajou der Frau Gräfin muß ich sein; ich erscheine, ich eile, hier bin ich.«
Und man sah einen kleinen Buckeligen eintreten, der mit der größten Pracht gekleidet war,
»Der Herzog von Tresmes!« sprach die Gräfin ärgerlich; »ich habe Sie nicht rufen lassen.«
»Sie haben nach Ihrem Sapajou verlangt, Madame,« sagte der Herzog, indem er sich vor dem König, der Gräfin und Herrn von Sartines verbeugte, »und da ich keinen häßlicheren Affen unter den Höflingen erblickte, so lief ich herbei.«
Und hiebei lachte der Herzog und zeigte so lange Zähne, daß sich die Gräfin ebenfalls des Lachens nicht erwehren konnte.
»Werde ich bleiben?« fragte der Herzog, als wäre dies die Gunst gewesen, nach der er sein ganzes Leben gestrebt hätte.
»Fragen Sie den König, er ist hier Gebieter, mein Herr Herzog.«
Der Herzog wandte sich mit stehender Miene an den König.
»Bleiben Sie, Herzog, bleiben Sie,« sagte der König, entzückt, die Zerstreuungen um sich her häufen zu können.
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Ein amerikanischer Affe.