Joseph Balsamo Denkwürdigkeiten eines Arztes 1. Александр Дюма
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Und er lief in größter Eile ans dem Saale.
»Seine Majestät läßt uns ohne Antwort,« sagte der Herzog zum Dauphin, »was entscheidet Eure Königliche Hoheit.?«
»Ah! nun schlägt sie,« rief der junge Prinz, mit einer geheuchelten oder einer wirklichen Freude auf das Klingeln der wieder in Bewegung gesetzten Uhr horchend.
Der Minister runzelte die Stirne und entfernte sich rückwärts ans der Salle des Pendules, wo der Dauphin allein blieb.
XXVII.
Frau Louise von Frankreich
Die älteste Tochter des Königs erwartete ihren Vater in der großen Gallerie von Lebrun, derselben, wo Ludwig XIV. den Dogen Imperiali und die vier genuesischen Senatoren, welche um Verzeihung für die Republik flehten, empfangen hatte.
Am Ende dieser Gallerie, der Thüre gegenüber, durch die der König eintreten sollte, befanden sich einige Ehrendamen, die ganz bestürzt aussahen; Ludwig XV. kam in dem Augenblick, wo die Gruppen sich in dem Vestibule zu bilden anfingen; denn der Entschluß, den die Prinzessin am Morgen gefaßt zu haben schien, verbreitete sich allmälig im ganzen Palast,
Frau Louise von Frankreich, eine Prinzessin von majestätischem Wuchse und einer ganz königlichen Schönheit, dabei aber von einer unbekannten Traurigkeit, welche zuweilen ihre Stirne runzelte, Frau Louise von Frankreich, sagen wir, flößte dem ganzen Hofe durch die Uebung der strengsten Tugenden die Achtung für die großen Mächte des Staates ein, welche man seit fünfzig Jahren in Frankreich nur noch aus Interesse oder aus Furcht zu verehren wußte.
Mehr noch: in diesem Augenblick allgemeiner Abneigung des Volkes gegen seine Gebieter (man sagte noch nicht öffentlich gegen seinen Tyrannen), liebte man sie. Dies kam davon her, daß ihre Tugend nicht harter, zurückschreckender Natur war; obgleich man nie laut von Ihr gesprochen hatte, erinnerte man sich doch, daß sie ein Herz besaß. Und jeden Tag bewies sie dies durch Wohltaten, während es die Andern nur durch den Scandal offenbarten,
Ludwig XV. fürchtete seine Tochter aus dem einzigen Grunde, weil er sie schätzte. Zuweilen war er sogar stolz auf sie. Es war auch das einzige von seinen Kindern, das er mit seinen beißenden Spöttereien, oder mit seinen trivialen Vertraulichkeiten verschonte, und während er seine drei anderen Töchter, Adelaide, Victoire und Sophie, Loque, Chiffe und Graille nannte, nannte er Louise von Frankreich Madame.17
Seitdem der Marschall von Sachsen die Seele der Turenne und der Condé, und Maria Leczinska den Geist des Benehmens von Maria Theresia mit in das Grab genommen hatten, machte sich Alles klein um den verkleinerten Thron; da bildete Madame Louise, eine Frau von wahrhaft königlichem Charakter, welche vergleichungsweise heldenmüthig erschien, den Stolz des Hofes, der mitten unter seinem Rauschgold und seinen falschen Steinen nur noch diese kostbare Perle besaß.
Wir sagen deshalb nicht, Ludwig XV. habe seine Tochter geliebt, Ludwig XV. liebte bekanntlich nur sich selbst. Wir behaupten nur, daß er größere Stücke auf sie hielt, als auf die Andern.
Als er eintrat, sah er die Prinzessin allein mitten in der Gallerie, auf einen mit Blutjaspis und Lapis-lazuli incustirten Tisch gestützt.
Sie war schwarz gekleidet; ihre schönen ungepuderten Haare verbargen sich unter einem dopelten Geschoße von Spitzen; minder streng als gewöhnlich, war ihre Stirne vielleicht trauriger als in andern Stunden. Sie betrachtete nichts um sich her, nur zuweilen ließ sie ihre schwermütigen Augen über die Portraite der Könige Europa’s laufen, an deren Spitze ihre Ahnen, die Könige von Frankreich, glänzten.
Das schwarze Costume war die gewöhnliche Reisetracht der Prinzessinnen; es verbarg die langen Taschen, welche man zu jener Zeit trug, wie in den Zeiten der wirthschaftlichen Königinnen, und Madame Louise hatte an ihrem Gürtel, gehalten von einem goldenen Ringe, die zahlreichen Schlüssel ihrer Kisten und Schränke.
Der König wurde sehr nachdenkend, als er sah, mit welchem Stillschweigen und besonders mit welcher Aufmerksamkeit man den Erfolg dieser Scene erwartete.
Doch die Gallerie war so lang, daß sich die Zuschauer, an die beiden Enden gestellt, feinen Verstoß gegen die Discretion für die handelnden Personen zu Schulden kommen lassen konnten. Sie sahen, das war ihr Recht; sie hörten nichts, das war ihre Pflicht.
Die Prinzessin ging dem König einige Schritte entgegen, nahm seine Hand und küßte sie ehrfurchtsvoll.
»Man sagt, Sie wollen reisen, Madame?« fragte Ludwig XV. »Gehen Sie in die Picardie?«
»Nein, Sire,« antwortete die Prinzessin.
»Ah! ich errathe,« sprach der König, die Stimme erhebend; »Sie geben als Pilgerin nach Noirmoutiers.«
»Nein, Sire,« erwiederte Madame Louise, »ich ziehe mich in das Kloster der Carmeliterinnen von Saint-Denis zurück, dessen Aebtissin ich sein kann, wie Sie wissen.«
Der König bebte, aber sein Gesicht blieb ruhig, obgleich sein Herz wirklich erschüttert war.
»O! nein,« sagte er, »nein, meine Tochter, nicht wahr, Sie werden mich nicht verlassen? Es ist unmöglich, daß Sie mich verlassen.«
»Mein Vater, ich habe seit langer Zeit diesen Rückzug beschlossen, und Eure Majestät hat die Gnade gehabt, mich dazu zu bevollmächtigen; widerstehen Sie mir also nicht, mein Vater, ich bitte Sie darum.«
»Ja, es ist wahr, ich habe diese Vollmacht ertheilt, doch nachdem ich lange gekämpft, wie Sie wissen. Ich habe sie ertheilt, weil ich immer hoffte, im Augenblick der Abreise würde Ihnen das Herz dazu fehlen. Sie können sich nicht in einem Kloster begraben; das sind vergessene Gebräuche; man tritt nur in das Kloster in Folge von Kummer oder Täuschungen des Glückes. Die Tochter des Königs von Frankreich ist nicht arm, so viel ich weiß, und wenn sie sich unglücklich fühlt, soll es Niemand erfahren.«
Das Wort und der Geist des Königs erhoben sich immer mehr, je mehr er in der Rolle des Königs und Vaters vordrang, die ein Schauspieler nie schlecht spielt, wenn der Stolz zu dem einen Theile räth und das Bedauern den andern einflößt.
»Sire,« antwortete Louise, welche die Erschütterung ihres Vaters wahrnahm und von dieser bei dem selbstsüchtigen Ludwig XV. so seltenen Gemüthsbewegung ebenfalls tiefer gerührt wurde, als sie es durchblicken lassen wollte, »Sire,– schwächen Sie meine Seele nicht dadurch, daß Sie mir Ihre Zärtlichkeit offenbaren. Mein Kummer ist kein gewöhnlicher Kummer, deshalb steht mein Entschluß über den Gewohnheiten unseres Jahrhunderts.«
»Sie haben also Kummer?« rief der König mit einem Blitze des Gefühls, »Kummer, mein armes Kind!«
»Grausamen, ungeheuren, Sire!« antwortete Madame Louise.
»Ei! meine Tochter, warum sagten Sie mir das nicht?«
»Weil es ein Kummer ist, den eine menschliche Hand nicht zu heilen vermag.«
»Selbst nicht die eines Königs?«
»Selbst nicht die eines Königs, Sire.«
»Selbst nicht die eines Vaters?«
»Eben so wenig, Sire, nein, eben so wenig.«
»Sie
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Loque Fetzen, Chiffe ein dünner, schlechter Zeug, Graille Krähe