Auf der Kommandobrücke. Emil Robert Kraft
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Auf der Kommandobrücke
Ich war im Herbst zur Matrosen-Division ausgehoben worden. Zuerst wurden wir Rekruten auf dem Kasernenhofe unter Leitung eines Kapitänleutnants und eines Leutnants zur See mit dem Gewehr ausgebildet. Zwar war ich nur ein gewöhnlicher Matrose, aber es lag schon damals in meiner Natur, jeden Menschen mit beobachtenden Augen zu betrachten und über alles meine eigenen Gedanken zu haben.
An seinem Hauptmanne hatte der strammstehende Philosoph im Drillichkittel nichts auszusetzen. Ich meine, diesen Kapitänleutnant konnte ich mir, wenn er auch so tatenlos auf dem Exerzierplatze herumspazierte, recht gut auf der Kommandobrücke vorstellen. Das war ein wetterfester Seebär, das sah man ihm gleich an, und daß er mich ein paarmal eklig anhauchte, das beeinflußte mein Urteil nicht, darin war ich ganz unparteiisch.
Aber der Leutnant, der gefiel mir nun wieder gar nicht, obgleich er gegen uns Rekruten sehr freundlich, sogar höflich war.
Es war ein Graf, ein Gräfchen, hatte eben erst den Säbel bekommen, ein feines, zierliches, patentes Kerlchen. Ich sehe ihn noch auf dem Kasernenhofe herumstolzieren, wie ein Storch, mit dem Säbel kokettierend, sorgsam den Wasserpfützen aus dem Wege gehend, und wurden seine blanken Stiefelchen staubig, dann das Taschentuch heraus und abgewedelt – nun waren aber hiervon wieder die weißen Handschuhe etwas schmutzig geworden, da mußte ihm der Bursche ein anderes Paar holen – und nun erzählte uns dieser Bursche verschiedenes von ihm, wie er jeden Morgen eine Stunde lang vor dem Spiegel stand, wie er sich mit seinem unsichtbaren Schnurrbärtchen beschäftigte, wie er sich parfümierte, sein Milchgesichtchen massierte und einsalbte . . . na, so sah er ja auch aus, und da sollte man sich dieses Gräfchen in Sturm und Wetter auf der Kommandobrücke vorstellen können! Für mich ein Ding der Unmöglichkeit, und ich hatte soviel Patriotismus im Leibe, daß mir ein grober Leutnant lieber gewesen wäre als so ein nach Parfüm duftender, wenn er gegen uns dumme Rekruten auch noch so voller liebenswürdiger Höflichkeit war.
Nun, ich sollte bald Gelegenheit haben, ihn auf der Kommandobrücke zu beobachten.
Im Januar kam ich an Bord des Kanonenbootes S.M.S."Bremse", mein Patent-Gräfchen wurde dritter Wachoffizier. Wir lagen wochenlang im Hafen, bekamen reichlich Urlaub, die Offiziere gingen jeden Abend ins Kasino, wozu sich der Graf vorher stets genügend pomadisierte und parfümierte, bis eines Abends von der Division ein Befehl kam, der das ganze Schiff aus seiner faulen Ruhe zu fieberhafter Tätigkeit aufrüttelte.
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