Die erste Liebe. Иван Тургенев

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Die erste Liebe - Иван Тургенев

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style="font-size:15px;">      – Säbelgeklirre.

      – Sina! rief die Fürstin aus dem Gastzimmer – Belowsorow hat Dir ein Kätzchen gebracht.

      – Ein Kätzchen! rief Sinaïde und warf, hastig aufspringend, den Knäuel in meinen Schooß und lief fort.

      Ich erhob mich gleichfalls, legte das Bündel Garn nebst dem Knäuel aufs Fenster und begab mich ins Gastzimmer. Befremdet blieb ich stehen; mitten im Zimmer lag, mit ausgespreizten Pfoten, ein gestreiftes Kätzchen; vor demselben, auf den Knieen, Sinaïde und richtete vorsichtig das Schnäuzchen des Thieres in die Höhe. Neben der Fürstin wurde ich einen stattlichen, blonden, kraushaarigen Husaren mit rothem Gesichte und hervorstehenden Augen gewahr, der mit feinem Körper fast den ganzen Flächenraum zwischen den beiden Fenstern einnahm.

      – O das drollige Thierchen! rief Sinaïde: – und seine Augen sind nicht grau, aber grün, und was für große Ohren! Ich danke Ihnen, Victor Jegoritsch! Das war sehr freundlich von Ihnen.

      Der Husar, in welchem ich einen der jungen Leute erkannte, die ich am Abende vorher gesehen hatte, lächelte und verbeugte sich, wobei er die Sporen aneinanderstieß und die Säbelringe klirren ließ.

      – Sie beliebten gestern zu äußern, es wäre Ihnen lieb, ein gestreiftes Kätzchen mit großen Ohren zu besitzen . . . da ist es. Ihr Wort ist mir Befehl. Und wiederum verbeugte er sich.

      Das Kätzchen miaute leise und schnupperte an der Diele herum.

      – Es ist hungrig! rief Sinaïde. – Bonifacius! Sjonja! bringt Milch her.

      Das Kammermädchen, in einen alten, gelben Kleide mit eng zugestecktem Tuche um den Hals, trat, eine Untertasse mit Milch in der Hand, herein und stellte sie vor das Kätzchen hin. Das Thierchen zitterte, drückte die Augen zu und begann zu lecken.

      – Was für ein rosiges Züngelchen es hat, bemerkte Sinaïde, den Kopf fast bis zum Fußboden geneigt und dem Thiere von der Seite dicht unter die Nase schauend.

      Das Kätzchen hatte sich satt getrunken und fing an zu schnurren, indem es graziös die Pfötchen bewegte. Sinaïde erhob sich und sagte, zum Kammermädchen gewendet, in gleichgültigem Tone: trage es fort.

      – Für das Kätzchen – das Händchen! sagte mit selbstgefälligem Lächeln der Husar, seinen mächtigen, fest in der Uniform eingeschnürten Oberkörper streckend.

      – Beide, erwiderte Sinaïde und streckte ihm ihre Hände entgegen. Während er dieselben küßte, blickte sie mich über die Schultern an.

      Ich blieb unbeweglich auf einem Flecke stehen und wußte nicht – ob ich lachen, Etwas sagen, oder in Schweigen verharren sollte. Auf einmal fiel mir, durch die halbgeöffnete Thür, die Gestalt unseres Dieners Fedor in die Augen. Er machte mir ein Zeichen. Mechanisch begab ich mich zu ihm hinaus.

      – Was willst Du? fragte ich.

      – Die Mama schickt mich nach Ihnen, sagte er flüsternd. Sie ist böse, daß Sie nicht mit der Antwort zurückkehren.

      – Bin ich denn so lange hier?

      – Ueber eine Stunde!

      – Ueber eine Stunde! wiederholte ich unwillkürlich, kehrte in’s Gastzimmer zurück, und begann mich mit Verbeugungen und Kratzfüßen zu empfehlen.

      –– Wohin denn? fragte mich die junge Fürstin, hinter dem Husaren hervorblickend.

      – Ich muß nach Hause. Ich werde also melden, setzte ich hinzu, mich an die Alte wendend, daß Sie uns um Ein Uhr mit Ihrem Besuche beehren werden.

      –– Ja, mein Lieber, sagen Sie das.

      Die Fürstin griff hastig nach ihrer Tabaksdose und nahm mit solchem Geräusch eine Prise, daß ich fast zusammenschrak. – Sagen Sie das, wiederholte sie hustend und mit ihren feuchten Augen blinzelnd.

      Ich verbeugte mich nochmals, drehte mich um und verließ das Zimmer mit jener Empfindung von Unbehaglichkeit im Rücken, welche sehr junge Leute zu haben pflegen, wenn sie wissen, daß man ihnen mit den Blicken folgt.

      – Vergessen Sie nicht, Monsieur Woldemar, uns zu besuchen, rief Sinaïde mir zu und lachte dann wieder auf.

      – Warum lacht sie nur beständig? dachte ich, während ich in Begleitung Fedor‘s, der mir schweigend, jedoch mißbilligend folgte, nach Hause zurückkehrte. Meine Mutter schalt mich und konnte nicht begreifen, was ich so lange bei der Fürstin gemacht habe. Ich ließ mich in keine Erörterungen ein, sondern begab mich auf mein Zimmer. Mir wurde auf einmal recht schwer um’s Herz . . . Ich hatte Mühe, meine Thränen zurückzuhalten . . . Ich war eifersüchtig auf den Husaren!

      V

      Die Fürstin machte, wie sie zugesagt hatte, meiner Mutter einen Besuch und gefiel derselben nicht. Ich war bei dem Zusammentreffen Beider nicht zugegen, bei Tische aber erzählte meine Mutter dem Vater, diese Fürstin Sassekin scheine ihr »une femme très vulgaire« zu sein, sie sei ihr sehr lästig gewesen mit ihren Bitten um Fürsprache beim Fürsten Sergius, sie stecke in Processen und Händeln »de vilaines affaires d'argent« und müsse eine große Intriguantin sein. Meine Mutter setzte hinzu, sie habe trotzdem die Fürstin nebst Tochter auf den morgenden Tag zum Mittagsessen eingeladen (beim Worte »Tochter« steckte ich die Nase in den Teller) – da sie doch einmal unsere Nachbarin und von Familie wäre. Hierauf entgegnete ihr mein Vater, er besinne sich nun, wer diese Dame sei; er habe in seiner Jugend einen verstorbenen Fürsten Sassekin, einen vortrefflich erzogenen, jedoch faden und hohlen Menschen gekannt; man habe demselben, seines langen Aufenthaltes in Paris wegen, in der Gesellschaft den Beinamen »le Parisien« gegeben; es sei ein sehr reicher Mann gewesen, habe jedoch sein ganzes Vermögen verspielt – und, aus welchem Grunde wisse man nicht, vermuthlich ans Berechnung – (wobei, meinte mein Vater mit kaltem Lächeln, er eine bessere Wahl hätte treffen können) die Tochter eines Beamten geheirathet und sich darauf in Speculationen eingelassen, die ihn vollends ruinirt.

      – Wenn sie mich nur nicht um Geld bittet, bemerkte meine Mutter.

      – Sehr möglich, entgegnete mein Vater gelassen. – Spricht sie französisch?

      – Sehr schlecht.

      – Hm! Uebrigens bleibt es sich gleich. Du sagtest, däucht mir, Du habest auch die Tochter eingeladen; ich habe von Jemand gehört, sie sei eine sehr liebenswürdige und gebildete Dame.

      – O! dann gleicht sie der Mutter nicht.

      –– Und ebenso wenig dem Vater; der war zwar auch gebildet, aber dumm, schloß er.

      Meine Mutter seufzte und wurde nachdenkend. Mein Vater schwieg. Ich fühlte mich sehr unbehaglich während dieses Gespräches.

      Nach dem Essen begab ich mich in den Garten, doch ohne Flinte. Ich hatte mir vorgenommen, mich dem »Sassekinschen Garten« nicht zu nähern; eine unwiderstehliche Macht zog mich aber hin – und nicht umsonst. Kaum war ich dem Zaune näher gekommen, so wurde ich Sinaïde gewahr. Diesmal war sie allein. Sie hielt ein Buch in der Hand und ging langsam den Weg entlang. Sie bemerkte mich nicht.

      Fast hätte ich sie so vorübergehen lassen; ich besann mich jedoch eines Besseren und hustete.

      Sie drehte sich um, blieb aber nicht stehen; mit der Hand strich sie das breite, blaue Band ihres runden Strohhutes zur Seite, blickte mich an, lächelte

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