Der Schutzgeist des Kaisers von Birma. Ugo Mioni

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Der Schutzgeist des Kaisers von Birma - Ugo Mioni

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Vaters oder Bruders beobachten konnten.

      »Erwarte mich hier, ich gehe zu Mangvé-Mengyi. Ich will hoffen, daß er sich gnädig erweist und dir gestattet, dich ihm zu zeigen,« sagte mein Führer und verschwand.

      Ich ließ mich auf einem der Sessel nieder und betrachtete die Kupferstiche, die an den Wänden hingen. Es waren nur Genrebilder und Landschaften. Sie besassen keinesfalls besonderen künstlerischen Wert.

      Wohl eine Stunde mochte ich in dem Salon verbracht haben, als endlich der Zeremonienmeister eine Seitenportiere zurückschlug und dem Wongy voran in den Saal trat.

      Der Hüter des Senmeng war ein nicht mehr junger Mann von robustem Körperbau und mittlerer Statur mit starker Neigung zu Fettleibigkeit. Er war in ein weites Gewand von scharlachrotem Samt gehüllt, und trug auf dem Haupte einen seidenen Turban von gleicher Farbe. Das Kinn hatte er glatt rasiert, Haare und Schnurrbart waren bereits ergraut; seine Gesichtszüge waren angenehm, aber der Stempel tiefer Traurigkeit war daraufgedrückt.

      »Der Wongy!« sagte der Zeremonienmeister mit einer vorstellenden Handbewegung. Ich sprang auf und verneigte mich.

      »Du hast mich zu sprechen gewünscht. Was ist dein Begehr?« begann Mangvé-Mengyi.

      »Ich habe dir Grüße zu bestellen von deinem Freunde, dem Major Faire. Er sendet dir dieses Schreiben.« Ich zog den Brief hervor und übergab ihn dem Birmanen. Dieser nahm ihn, las die Aufschrift und legte ihn beiseite.

      »Ein Brief meines englischen Freundes ist mir von hohem Werte. Aber augenblicklich fehlt mir die Zeit, ihn zu lesen, ich werde es später tun. Natürlich wirst du während der Dauer deines Aufenthaltes hier bei mir wohnen. Betrachte mein Haus als das deinige und laß es dir bei mir gefallen. Morgen hoffe ich mehr mit dir sprechen zu können.«

      »Ich danke dir herzlichst für die angebotene Gastfreundschaft, aber ich kann sie nicht annehmen,« erklärte ich.

      »Willst du mich beleidigen?« rief der Wongy erzürnt.

      »Das liegt mir ferne. Aber du selbst sagst, daß du augenblicklich sehr beschäftigt bist. Da möchte ich dir nicht auch noch beschwerlich fallen. Überdies – du scheinst mir betrübt. Muß ich da nicht fürchten, mit meiner Anwesenheit unliebsam deine Ruhe zu stören?«

      »Du störst mich nicht im geringsten, sondern machst mir im Gegenteil eine große Freude, wenn du meine Einladung annimmst,« wies Mangvé-Mengyi meine Bedenken zurück.

      »Ich danke dir nochmals, aber ich muß sie wirklich zurückweisen. Ich habe meine Gründe dafür, die ich dir jedoch jetzt noch nicht nennen kann. Vor meiner Abreise will ich es tun.«

      Der Wongy blickte eine Weile still zu Boden, wie es schien, in trübe Gedanken versunken. Dann kehrte er sich gebieterisch zu dem Zeremonienmeister: »Laß uns allein.«

      Der Sklave gehorchte.

      »Nimm Platz,« wandte sich Mangvé wieder zu mir, auf einen Sessel deutend. Er selbst ließ sich mir gegenüber nieder.

      »Lord Faire empfiehlt dich mir. Ich kenne meinen englischen Freund gut genug, um zu wissen, daß er mir niemals einen Mann empfehlen würde, der meines Hauses unwürdig ist,« fuhr er dann fort.

      »Das glaube ich auch,« entgegnete ich trocken.

      »Du bist ein Edelmann und gefällst mir.«

      Ich quittierte die Schmeichelei mit einer leichten Verbeugung.

      »Du bist auch gelehrt. Du bist der einzige Europäer meiner Bekanntschaft, der unsere Sprache spricht.«

      »Ich kenne kaum zwanzig Worte davon,« wehrte ich ab.

      »Nein, du sprichst sehr gut birmanisch. Wärest du nicht als Engländer gekleidet, ich würde wahrhaftig glauben, du seiest an den Ufern des Irawadi geboren. Gewiß bist du auch ein großer Arzt,« sagte der Wongy, der ebenfalls in dem Glauben befangen war, daß jeder Europäer ein vorzüglicher Mediziner sein müsse.

      Ich antwortete bejahend auf seine Frage. Ich verstand ja ein wenig von der Arzneikunde; aber hätte ich das auch geleugnet, er hätte mir doch nicht geglaubt.

      »Die europäischen Ärzte verstehen viel mehr, als die birmanischen,« fuhr der freundliche Alte fort.

      »Auch in Ara ist die Heilkunde weit vorgeschritten,« entgegnete ich sehr gegen meine Überzeugung.

      »Ich weiß, daß mein Vaterland groß ist in jeder Beziehung, aber die Gabe, Krankheiten zu heilen, verlieh Buddha den Engländern. Herr, möchtest du mir einen großen Gefallen erweisen?«

      »Jeden, der in meiner Macht steht.«

      »Wenn es dir gelingt, rettest du mir das Leben und machst du mich ewig zu deinem Schuldner.«

      Ich erriet jetzt, welche Gefälligkeit der Wongy von mir wünschte. Der weiße Elefant lag im Sterben und sein Hüter hielt mich für einen berühmten Arzt, ja, das war ich, aber doch kein Tierarzt!

      »Sprich,« sagte ich.

      »Du weißt wohl, daß ich der Hüter des Senmeng bin.«

      »Gewiß! Erlaube mir, daß ich dir zu dieser hohen Ehre gratuliere.«

      »Danke, aber jetzt steht vieles auf dem Spiele. Seine Hoheit ist tödlich erkrankt. Wehe mir! Stirbt er, so bin ich verloren. Der Kaiser zieht meine Güter ein, mein Weib wird von ihren Eltern verstoßen werden, mein einziger Sohn muß in die Verbannung wandern und ich – ich —« Er brach ab und senkte müde den Kopf.

      »Und du?«

      »Ich werde getötet,« entgegnete er dumpf.

      »Auch wenn der Senmeng eines natürlichen Todes stirbt?«

      »Auch dann.«

      »Aber das ist eine Ungerechtigkeit.«

      »Das Gesetz schreibt es so vor. Das Gesetz aber hat der Kaiser gemacht und was der Kaiser will, ist gut. Deshalb bitte, ja beschwöre ich dich, begleite mich in den Tempel und untersuche den Elefanten. Wer weiß, vielleicht gelingt es dir, ihn wieder herzustellen,« flehte der alte Mann.

      »Ich bin aber kein Tierarzt,« entgegnete ich. Das Verlangen war doch zu seltsam, als daß ich ihm gern entsprochen hätte.

      »Der weiße Elefant ist aber auch kein gewöhnliches Tier. Er ist der Schutzgeist des Kaisers und sein geheiligtes Leben gilt mir mehr als das Leben von zehntausend Mann oder hunderttausend Frauen,« erklärte der Wongy.

      Sollte ich die Bitte abschlagen? Ich hätte es gern getan, denn die Aussicht, einen Elefanten kurieren zu sollen, hatte wenig Verlockendes für mich.

      Aber vielleicht fand ich ein Mittel. So entschied ich mich kurz.

      »Ich stehe zu deiner Verfügung.«

      »Dank! – Dank!« rief der Alte erfreut. »O ich wußte wohl, daß ich dein edles Herz nicht vergeblich anrufen würde. Aber ehe ich dich in den Tempel führe, mußt du mir Versprechen, mein Gast zu sein.«

      »Ich verspreche es dir.«

      »Ich danke dir! Doch erlaube mir noch eine Bemerkung. Deine europäische Kleidung wird dir hier sehr hinderlich werden. Sie fällt unangenehm auf und wird überall die Aufmerksamkeit

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