Der Schutzgeist des Kaisers von Birma. Ugo Mioni

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Der Schutzgeist des Kaisers von Birma - Ugo Mioni

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das meine ich.«

      »Ich würde mich wohl dazu verstehen, aber ich glaube nicht, daß es viel helfen würde. Meine Gesichtszüge und Hautfarbe verraten mich ja doch sofort als Europäer.«

      »O darauf achtet niemand. In birmanische Kleidung gehüllt, verschwindest du unter der Menge.«

      »Gut denn, ich werde sofort gehen, und mir ein solches Gewand kaufen.«

      »Nein, das ist unnötig. Ich werde dir eines zur Verfügung stellen, wie es sich für deinen Rang und deine Stellung ziemt – ziemt auch für den Mann, der den Schutzgeist des Kaisers heilen soll.«

      »Ich nehme mit Dank dein gütiges Anerbieten an, aber du würdest mich doppelt verpflichten, wenn du das Gewand mir sofort übergeben ließest. Wir wollen den Besuch beim Senmeng nicht aufschieben.«

      »Du hast recht. Verzeih, wenn ich dir Speise und Trank erst später anbieten werde. Jetzt mag dich mein Zeremonienmeister vor allem in meine Garderobe führen, wo du dich umkleiden kannst.«

      Der Hüter des heiligen Tieres klatschte in die Hände, der Zeremonienmeister erschien.

      »Führe diesen fremden Wongy in meine Garderobe und hilf ihm, das beste meiner Gewänder anzulegen,« befahl ihm sein Herr.

      Über einen langen Korridor hinweg gelangten wir in die Garderobe, ein mäßig großes Zimmer.

      Da hingen an den Wänden die langen mantelähnlichen Oberkleider aus dunkelblauem, weißem und cremfarbenem Samt neben den Unterkleidern aus feinster Seide und – nach orientalischer Sitte – sehr lange Hosen. Da hingen auch seidene Jacken, wie sie die Diener nötig hatten und auf zwei langen Tafeln lagen Baretts in allen Farben, Formen und Größen und daneben elfenbeinerne Instrumente, ähnlich jenem, das ich den Zolloffizier hatte handhaben sehen, sowie Kassetten für den unentbehrlichen Betel, Spucknäpfe von Gold, Silber, Elfenbein und Bein, zum Teil fein ziseliert und viele Hörrohre, von denen fast jeder birmanische Würdenträger eines zur Seite hängen hat.

      Ich warf meinen Rock ab, nachdem ich seine Taschen ihres Inhaltes entledigt. Der Zeremonienmeister riet mir, auch die Hosen und die Weste abzulegen, aber dazu wollte ich mich nicht verstehen, sondern zog das hemdähnliche Unterkleid aus weißer Seide über diese europäischen Kleidungsstücke an und warf dann noch einen cremfarbigen Mantel um, der meine Gestalt ganz verhüllte und in dessen weiten Taschen ich auch den früheren Inhalt meines Rockes unterbrachte.

      Die Schwere des samtenen Oberkleides empfand ich allerdings nicht besonders angenehm. Amarapura liegt unter dem dreiundzwanzigsten Grad südlicher Breite.

      Ich setzte noch ein samtenes Barett auf den Kopf, hing ein silbernes Hörrohr an meine Seite und nahm in die Hand die Betelkassette und den Spucknapf.

      »Entledige dich erst noch der Stiefel, Herr,« bat mich höflich der Zeremonienmeister.

      »Aber ich sehe hier keine andere Fußbekleidung als Pantoffeln,« entgegnete ich.

      »Bei uns gehen alle, selbst der Kaiser, in Pantoffeln. Wenn du also unsere Tracht anlegen willst, mußt du auch die Pantoffeln tragen.«

      Dieser Brauch war aber gar nicht nach meinem Geschmack.

      Die Straßen waren schlecht; jeder Tag konnte Regen bringen.

      »Die Stiefel kann ich nicht ablegen. Laß uns jetzt zum Wongy zurückkehren,« entschied ich.

      »Du bist der Herr und ich muß dir gehorchen, doch bitte ich dich, dem Wongy zu sagen, daß es nicht meine Schuld ist.«

      »Fürchte nichts! Ich werde dem Wongy sagen, daß ich sehr zufrieden mit dir bin.«

      Dieses Lob ließ ihn vor Wonne strahlen. Er drückte die Hände an die Stirne und verneigte sich bis zur Erde.

      »Laß wenigstens das Gewehr hier,« bat er noch.

      »Das behalte ich bei mir.«

      »Aber ich bitte dich, Herr! Du trägst ja schon zwei kleine Feuerwaffen, sowie einen Dolch bei dir. Hast du an diesen Waffen noch nicht genug?«

      »Die Waffen sind die Ehre des Mannes und ich trenne mich nicht von den meinen.«

      »Aber in ganz Amarapura sieht man nichts dergleichen.«

      »So wird man es jetzt sehen.«

      »Auf diese Weise gibst du dich sofort als Europäer zu erkennen.«

      »Den wird man auch ohne die Waffen herausfinden. Gehen wir jetzt. Dein Herr erwartet uns.«

      Wieder ging es über den langen Korridor zurück in den Saal, in dem der Berater der birmanischen Krone meiner wartete. Sein Antlitz drückte nun nicht mehr so tiefe Niedergeschlagenheit aus, als er mich sah, blitzte es sogar freudig auf in seinen Augen.

      »Gehen wir zu dem Senmeng,« sagte er.

      Der Weg zum Tempel führte durch den großen, wohlgepflegten Garten. Zu jeder anderen Zeit hätte ich dessen entzückende Schönheit bewundert. Die seltensten tropischen Gewächse fanden sich hier vereinigt. Jetzt jedoch konnte ich dieser Pracht nur einen flüchtigen Blick schenken, auch nur flüchtig den schönen Tempel bewundern. Der Wongy hatte Eile; sein Elefant lag ihm zu sehr am Herzen.

      Hastig durchschritten wir den Garten und gelangten an eine Seitenpforte des Tempels. Der Wongy schloß sie auf, ich überschritt die Schwelle und – befand mich ›Seiner Hoheit‹ gegenüber.

      Zweites Kapitel.

      Die Flucht

      Der weiße Elefant steht in ganz Hinterindien in hohem Ansehen; wahrhaft göttliche Ehren aber erweist man ihm doch nur in den beiden Reichen Siam und Birma.

      Vor alten Zeiten waren die weißen Elefanten besonderes Eigentum der Krone. Die früheren Herrscher von Birma ritten nur auf diesen Tieren. Der weiße Elefant war, sozusagen, die Verkörperung des kaiserlichen Glückes. Befand er sich wohl, dann stand es gut um das Land, erkrankte er, so war das ein offenkundiges Zeichen, daß Buddha zürnte und schweres Unglück über den Staat hereinbrechen würde, starb er gar, so war der Bestand desselben in höchster Gefahr. Dann mußte so schleunig als möglich ein neuer Schutzgeist für den Kaiser gesucht werden und die Zeit, die während dieses Suchens verging, war eine Zeit der Angst und Trauer für das Volk. Oft dauert dieses Suchen sehr lange, denn die weißen Elefanten sind selten.

      Der nun im Sterben liegende Elefant residierte seit fünfzig Jahren in seinem Tempel und während dieses langen Zeitraumes hatte sich in dem großen Kaiserreich noch nicht ein würdiger Nachfolger für ihn gefunden, eine einzige Ausnahme abgerechnet, von der ich später sprechen werde.

      Der Tempel, in den wir eintraten, war in der Form einer hohlen Pyramide erbaut. Den Grund bildete ein 10 Meter langes und ebenso breites Viereck, von dem die Mauern in der Weise emporstiegen, daß sie einen Winkel von 60 Grad darstellten und in der Höhe von 12 Meter zusammenstießen.

      Der Fußboden war von einem kostbaren Teppich von ausgesucht feiner Arbeit bedeckt; in den fast ganz vergoldeten Wänden waren in der Höhe von 3 Meter mehrere schmale, schießschartenähnliche Fenster eingelassen, durch welche das Licht in den eigenartigen Raum eindrang.

      Senmeng, ein riesiges Tier von mehr als 3 Meter Höhe, mit einem gewaltigen Kopfe und tadellos schönen langen Stoßzähnen, lag auf dem Teppich. Die Farbe seiner Haut

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