Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman. Leni Behrendt
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Leni Behrendt Staffel 2 – Liebesroman - Leni Behrendt страница 74
»Wann kommt sie her?« fragte sie jetzt lauernd.
»Morgen. Entschuldige bitte, daß ich so rasch aufbreche, aber ich muß mich beeilen, damit ich den Zug noch erreiche.«
»Du holst sie ab?«
»Natürlich.«
Nachdem er gegangen war, konnte die erboste Mutter nun endlich der Tochter gegenüber ihrem Ärger Luft machen.
»So viel Aufhebens ist dieses dumme Ding doch nun wirklich nicht wert. Als ob sie nicht ohne ihn herfinden könnte. Diese unnötige Reise ist doch nichts weiter als Geldvergeudung.«
In der Art redete sie weiter, unterstützt von Anka, die mit der Mutter durchaus einer Meinung war.
Und hätte Ralf das alles mitangehört.
Aber leider hörte er es nicht, und so nahm denn das Schicksal seinen Lauf.
*
Nach zwei Stunden Fahrt hatte Doktor Skörsen sein Ziel erreicht und wurde auf dem Bahnsteig von seiner jungen Frau empfangen, die sich an seinen Arm hängte und die Wange an seinem Ärmel rieb gleich einem zärtlichen Kätzchen.
»Wie bin ich froh, daß du da bist!« bekannte sie leise, und neckend kam die Frage:
»Hast du etwa angenommen, daß ich dich sitzenlassen könnte – nach einwöchiger Ehe?«
»Ist alles schon dagewesen.«
»Aber nicht bei mir, du Dummes«, lachte er, ihren Arm an sich drückend und mit ihr dem Ausgang des Bahnhofs zustrebend.
Ein schönes Paar, wie es unser Herrgott nicht oft zusammenbringt. Er hochgewachsen, blondhaarig, blauäugig, mit rassigem Kopf und scharfgeschnittenem Gesicht; sie mittelgroß, grazil, mit goldbraunem Gelock und feinem Gesicht, aus dem die blauen Augen wie zwei Sonnen herausstrahlten.
Am nächsten Vormittag fuhr das junge Paar der Stadt zu, die Lenore fortan Heimat sein sollte. Und obwohl sie den Gatten neben sich hatte, war ihr bitter weh ums Herz. Sie mußte sich zusammenreißen, um den Tränen nicht freien Lauf zu lassen, die ihr die Kehle eng machten.
Das Gehetze der Menschen, überhaupt das ganze nervöse Treiben, das nun einmal auf den Bahnhöfen herrscht, wirkte beängstigend auf sie. Kein Wunder, da sie drei Jahre lang kaum aus den vier Wänden des Krankenzimmers herausgekommen war.
Sie schrak aus ihren Gedanken auf, als jetzt die Abteiltüren zugeworfen wurden. Gleich darauf setzte sich der Zug in Bewegung.
Und nun kamen Lenore doch die Tränen.
Denn es war ja ihre Heimatstadt, die sie verließ, um in eine fremde Umgebung zu gehen. Die Stadt, wo sie als fröhliches Kind gelebt, als übermütiger Backfisch, als junges Mädchen, wo sie glücklich gewesen war, selbst dann noch, als sie als Krankenpflegerin auf alle Freuden der Jugend verzichten mußte.
Aber die Mutter war doch dagewesen, mit ihrer Liebe, ihrem gütigen Verständnis.
Und jetzt? Nichts mehr war ihr davon geblieben als das Grab neben dem des Vaters. Selbst von diesen Gräbern mußte sie fort, die das Liebste bargen, was sie je besessen.
Ein wehes Schluchzen klang auf, und erschrocken sah Lenore zu dem Mann hin, der ihr gegenüber saß. Wahrscheinlich hatte er nichts gehört, sonst hätte er doch wenigstens von der Zeitung aufgeschaut, in die er so vertieft war, daß er nichts anderes sah.
Ein bitteres Gefühl stieg in Lenore auf, als sie sich fester in die Ecke drückte. Dabei stieß sie mit der Fußspitze an das Bein des Gatten, so daß er erschrocken hochfuhr.
»Verzeihung, Ralf, das war ungeschickt von mir«, sagte sie leise unter seinem forschenden Blick.
»Du weinst, Lenore?«
»Nur so ein bißchen. Entschuldige, bitte.«
»Vor allen Dingen entschuldige du, daß ich mich so gar nicht um dich kümmerte. Aber der Artikel im Fachblatt, er ist so interessant…«
»Dann lies nur ruhig weiter«, unterbrach sie ihn freundlich, und er hätte es vielleicht auch getan, wenn der Zug nicht eben auf einer Station gehalten hätte.
Gleich darauf betrat ein Herr das Abteil, welches das junge Paar bisher allein gehabt hatte. Der Hinzugekommene machte den Eindruck, als ob er sich selbst nicht leiden könnte.
»Machen Sie das Fenster auf!« gebot er barsch, während er sich bemühte, den Koffer ins Netz zu heben, wobei er mit ganz besonderem Ungeschick vorging. »Es ist ja hier wirklich eine Luft zum Ersticken.«
»Bedaure sehr«, entgegnete Ralf kühl. »Sie sehen doch, wie die Tropfen gegen die Scheiben schlagen.«
»Was ist schon dabei?«
»Daß es bei geöffnetem Fenster hereinregnen würde... Ja, sind Sie denn ganz von Gott verlassen?«
Mit diesem empörten Ruf sprang Ralf auf und griff nach dem schweren Koffer, der unweigerlich auf Lenore gefallen wäre, hätte der Gatte nicht so schnell gehandelt.
Anstatt sich nun zu entschuldigen, knurrte der Ungeschickte wie ein böser Kettenhund. Bedankte sich auch nicht, als der Arzt den Koffer ins Netz hob, sondern drückte sich in die dritte Ecke des Abteils und spielte mit sich selbst böse.
Doch nur Sekunden war ihm das Spezialvergnügen gegönnt. Es kam nämlich eine junge Frau dazu. Auf dem einen Arm trug sie ein Baby, das aus Leibeskräften schrie, der andere Arm schleppte eine vollgestopfte Tasche, aus der es überquoll.
»Was wollen Sie denn mit dem Schreihals hier?!« fuhr der Choleriker sie an, worauf sie ihn zuerst verdutzt ansah und dann etwas schnippisch bemerkte:
»Fahren natürlich, wie Sie ja auch.«
»Aber nicht in diesem Abteil.«
»Warum denn nicht?«
»Weil ich Kindergebrüll nicht vertragen kann.«
»Dann müssen Sie zu Hause bleiben. Denn auch Schreihälse haben das Recht, mit der Bahn zu fahren. – Danke, mein Herr!« Das galt dem Arzt, der ihr die schwere Tasche abnahm. »Bitte, nicht ins Netz tun. Da ist nämlich so allerlei darin, was der Junge braucht. Stellen Sie also das Ding auf den Sitz.«
»Das ist verboten«, belferte der Mann in der Ecke dazwischen. »Der Sitz muß für die Reisenden freibleiben.«
»Wenn noch welche hinzukommen sollten, werde ich mich schon danach richten.«
Sprach’s, hielt Umschau – und ehe Lenore, die sich verschüchtert in ihre Ecke drückte, es sich so recht versah, hatte sie das Kind auf dem Schoß.
»Halten Sie ihn mal, Fräulein«, forderte die Mama kurz und bündig. »Ich muß nach der Flasche suchen.«
Schon