Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha
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»Du wirst dich ganz still verhalten, hörst du? Lothar leidet große Schmerzen. Wenn es der Arzt gestattet und wenn es Lothars Wunsch ist, dann meinetwegen. Jetzt laß den Jungen in Ruhe.«
»Mama, bitte, geh«, kommt es schwach aus den Kissen.
Stefanie Hermann läßt die Tränen abermals fließen.
»Hörst du das?« stößt sie beleidigt hervor. »Wir sollen gehen.«
»Nein, Vater soll bei mir bleiben«, bittet der Kranke und dreht das Gesicht ein wenig der Wand zu.
»Lothar!« Das ist ein einziger empörter Aufschrei.
»Gnädige Frau, darf ich Sie hinausbegleiten?« Verstört sieht die Frau empor. Keiner hat den Arzt kommen hören, aber er war Zeuge der für ihn sehr inhaltsreichen Unterhaltung.
Willenlos gehorcht sie. An der Tür wirft sie noch einen Blick nach dem Bett zurück. Aber Lothar hält die Augen geschlossen. Sie schluchzt noch einmal auf und läßt sich dann davonführen.
Stefanies Tränen sind schnell versiegt; eine unbändige Wut beherrscht sie. Man hat sie regelrecht hinausgeschmissen. Vom Krankenbett des Sohnes verjagt. Das wird sie Rudolf heimzahlen.
»Nach Hause«, herrscht sie vor dem Portal den Chauffeur an und klettert in den Wagen, der eigens zu ihrer Verfügung steht, samt Fahrer. In steifer Haltung sitzt sie allein im Fond. Ihre Gedanken überschlagen sich hinter der Stirn.
Tausend Qualen durchlebt Rudolf Hermann. Aber in ihm ist eine winzige Hoffnung. Vielleicht wird Lothar leben.
Er ist selbst am Ende seiner Kraft. Die Aufregungen, die durcharbeitete Nacht, dann der Schock über das Unglück seines Sohnes, die durchgrübelte Nacht am Krankenbett und nun die langen einsamen Stunden als treuer Wächter haben ihm arg zugesetzt.
»Ich glaube, Sie müssen nun einmal an sich denken.« Doktor Rauher neigt sich flüsternd Hermann zu. »Die Nachtschwester übernimmt Ihr Amt. Sie haben Schlaf ebenfalls nötig.«
Mühsam hält Hermann die Augen offen. Er nickt. Noch einen liebevollen Blick wirft er auf den Kranken, der vor sich hin dämmert und nicht viel davon weiß, was um ihn herum vor sich geht.
»Morgen komme ich wieder«, flüstert Hermann zurück und verläßt das Krankenhaus.
*
Mit einer Taxe fährt Rudolf Hermann vor dem Grundstück vor, das er seiner Familie geschaffen hat. Ein weiter Park, gut gepflegt mit breiten, kiesbestreuten Wegen, Blumenrabatten und blühenden Büschen.
Hinter hohen Bäumen versteckt das Wohnhaus, im englischen Landhausstil erbaut und mit allem Komfort der Neuzeit eingerichtet. Langsam, den Hut in der Hand, geht er die breite Auffahrt hinauf. Der Abendwind spielt mit seinem Haar, das so dicht wie früher und nur an den Schläfen schlohweiß ist.
Er atmet die würzige Luft in tiefen Zügen. Er hat sich vorbereitet auf das, was geschehen muß.
Die Halle, mit der breiten Treppe, die nach oben führt und ein gewundenes Geländer trägt, ist schwach erleuchtet. Keiner der Angestellten ist sichtbar.
Er bleibt ein paar Minuten lauschend stehen, dann steigt er in das erste Stockwerk empor, geht über den jeden Laut dämpfenden Teppich und klopft an die Tür zum Schlafzimmer seiner Frau an.
»Wer ist da? Hat man denn keine Minute Ruhe in diesem Haus?«
»Ich bin es – Rudolf«, sagt er, seine Stimme zur Festigkeit zwingend.
Eine gewisse Zeit vergeht. Er hört Geräusche hinter der Tür, tapsende Schritte, und dann öffnet seine Frau.
»Mein Gott«, sagt sie ärgerlich. »So spät suchst du mich auf?«
Er sieht sie ernst und eindringlich an. Keine Frage nach dem Jungen. Sie sieht gepflegt wie immer aus.
»Was starrst du mich so an?«
»Ich habe mit dir zu reden, Stefanie, und erwarte dich in meinem Arbeitszimmer.«
»Du lieber Gott.« Stefanie Hermann hält mit beiden Händen den seidenen Morgenrock über der Brust zusammen. »Hat das nicht Zeit bis morgen?«
»Nein! Es muß jetzt sein, jetzt sofort.« Das klingt unnachgiebig, und erstmals versucht sie nicht ihren Willen durchzusetzen.
»Ich komme«, erwidert sie kurz und schlägt ihm die Tür vor der Nase zu.
Er wandert den Weg wieder zurück und sucht sein Arbeitszimmer auf. Ruhelos schreitet er hin und her. Ja, es ist ein bedächtiges, langsames Schreiten.
»Nun, was gibt es so Welterschütterndes?« hört er hinter sich die Stimme Stefanies.
»Weißt du eigentlich, wie das Unglück mit Lothar geschah?« fragt er ruhig.
»Ungefähr ja, Steffen Gregor hat es mir am Telefon erklärt«, sagt sie und weicht seinen hellen Augen aus. »Sie waren bei Schöllers eingeladen. Ein Haufen gleichaltriger Freunde und Freundinnen. Sie haben getrunken, und dann haben sie eine blödsinnige Wette abgeschlossen, dabei ist Lothar an einen Baum gefahren. Der Wagen ist natürlich total kaputt, aber die Versicherung ersetzt ihn.«
Hermann lächelt bitter.
»Daß unser Sohn dabei das Leben verlieren konnte, daran denkst du wohl nicht?«
»Mein Gott, ich habe mir doch schon bald die Augen aus dem Kopf geweint«, klagt sie weinerlich. »Damit kann ich das Unglück auch nicht ungeschehen machen.«
»Nein – das kannst du nicht.« Er richtet sich steil auf. »Aber du hast dafür gesorgt, daß Lothar niemals an ernste Arbeit dachte, immer nur an sein Vergnügen. Hältst du das für richtig?«
Empört fährt sie auf. »Soll das ein Verhör sein?«
»Vielleicht eine – Abrechnung«, sagt er betont langsam.
»Eine – was –?«
»Jawohl«, fährt er unbeirrt fort, »eine Abrechnung. Ich bin schuld an diesem Unglück.«
»Du –?« Ihre Augen werden kugelrund. »Hast du etwa den – den Wagen gesteuert?«
»Natürlich nicht.« Beinahe hätte er herausgelacht. Es wäre ein unnatürliches Lachen geworden. »Du wirst das niemals verstehen und wenn ich mit Engelszungen redete. Du hast es mir sehr schwer gemacht, meine väterliche Autorität den Kindern gegenüber geltend zu machen. Und ich habe resigniert. Das ist schlimm. Schlimm vor allem für die Kinder –«
»Du bist verrückt«, entfährt es ihr ärgerlich. »Um mir das zu sagen, bringst du mich um den Nachtschlaf?«
Hermann möchte ihr sagen, daß er zum Umfallen müde ist, daß er seit vielen Stunden keinen Schlaf gefunden hat. Aber er unterläßt es.
»Nein«, spricht er weiter. »Das wollte ich dir nicht nur