Karin Bucha Staffel 6 – Liebesroman. Karin Bucha
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Immer hat sie Matthias’ Bild vor sich, als er einsam und verlassen auf dem Flugplatz von Paris zurückblieb.
Sie wird ihn nie vergessen, nie! Es war Liebe, Liebe auf den ersten Blick. Aber sie hat es erst gewußt, als sie sich von ihm trennte.
Professor Kelly neigt sich zu ihr nach vorn.
»Wir werden erst zu Doktor Allison fahren. Was meinst du, Amelie?«
Sie nickt. Sprechen kann sie nicht.
Auf einmal ist ihr alles gleichgültig. Wie konnte sie nur von Matthias fortgehen? Wenigstens in seiner Nähe hätte sie bleiben können. Ja, warum tat sie es nicht?
Sie dreht sich um und gibt Kelly einen Wink. Jetzt sieht er auch ihr verweintes Gesicht.
»Ich muß zurück, Professor. Bitte, fragen Sie mich nicht. Ich muß zurück.«
»Und warum?« Kelly ist traurig. Er hat sich so sehr gefreut auf Amelie. Seine Frau wäre auch begeistert über den jungen Gast gewesen.
Sie hebt etwas die Hände. »Bitte, fragen Sie nicht, Professor. Ich muß zurück.«
»Gut, ich werde nicht mehr fragen. Du mußt es ja wissen.«
Nach der Landung in Lima ist Kelly Amelie in allem behilflich. Er merkt, daß sie kaum richtig zu denken vermag.
Erst als sie im Flugzeug sitzt, das sie zurück nach Deutschland bringt, wird es einigermaßen klar in ihrem Kopf.
Ich fahre zu Matthias. Ich werde immer bei ihm bleiben, ihn betreuen, ihm im Krankenhaus helfen. Ach, es wird eine wunderbare Zeit werden. Sie würde ihre Liebe in sich verschließen, aber tief im Herzen wird sie leben, ewig leben.
Dann steht sie auf dem Flugplatz, ihre Handtasche an sich gepreßt, den Koffer neben sich.
Da! Ihre Augen werden ganz weit. Ein hochgewachsener Mann kommt ihr entgegen, im Reisemantel. Er bleibt stehen, setzt seinen Koffer ab und wird blaß.
Amelie läßt alles fallen, was sie in den Händen trägt, und rennt auf Martens zu.
»Oh, Onkel Matthias, ich konnte nicht in Peru bleiben, ich bin zurückgekommen«, schluchzt sie und preßt ihr Gesicht gegen seine Schulter. Ihr ganzer Körper wird von diesem Weinen erschüttert.
»Amelie, Liebling – und ich wollte zu dir«, preßt er hervor und zieht sie fest, ganz fest in seine Arme. Sein Mund sucht den ihren.
Er küßt sie, so wie sie ihn zum Abschied geküßt hat.
»Matthias!« flüstert sie, als er sie freigibt. Was kümmern ihn die Leute, die sich zublinzeln und sich amüsieren?
»Komm, Liebes!« Er sammelt ihre Sachen vom Boden auf, ruft einem Mann zu, er möge die Koffer zu einem Taxi bringen, und geht Arm in Arm mit Amelie dem Flughafen-Restaurant zu.
Dort bestellt er zwei Aperitifs, und dann reicht er ihr wortlos den Brief seiner Schwester.
Er beobachtet sie scharf, sieht, wie sie die Farbe verliert und wie es dann glühend rot bis unter das wirre dunkle Haar schlägt.
Andächtig faltet Amelie den letzten Brief ihrer Mutter zusammen. Sie wird immer ihre Mutter bleiben, selbst wenn sie nicht die leibliche war. Sie war eine rührend gute Mutter.
»Amelie, willst du meine Frau werden?«
Sie erwacht wie aus einem Traum, sieht ihn aus tränengefüllten, unwahrscheinlich blauen Augen groß an.
»Das fragst du noch? Mit tausend Freuden! Ach, Matthias, ich bin ja so glücklich. Ich habe es gefühlt, daß etwas geschehen würde, dem ich nicht entgehen könnte.«
Beide Hände reicht sie ihm über den Tisch hinweg, die er andächtig küßt.
»Endlich hast du ein Heim gefunden. Ich schwöre dir, daß du dich darin und an meiner Seite wohl fühlen sollst.«
Sie kann kein Wort sagen. Sie lächelt nur unter Tränen.
*
Babette sieht nicht sehr geistreich aus, als sie den Professor Arm in Arm mit Amelie durch den Garten kommen sieht.
Es ist inzwischen Schnee gefallen, und in der Halle empfängt sie ein wärmendes Feuer im Kamin.
Amelie fliegt in Babettes Arme.
»Ich liebe ihn, Babette.«
»Wen, Kind?« fragt Babette ganz verstört. »Doch nicht etwa den Herr Professor?«
Amelie nickt, läuft zu Matthias und schmiegte sich an ihn. »Gerade ihn liebe ich. Ist es dir nicht recht?«
»Aber – aber –!« Hilflos klappt Babettes Unterkiefer herab.
»Es ist gar nicht mein Onkel, Babette. Ich bin ein angenommenes Kind und werde jetzt Matthias Martens’ Frau. Nun?«
»Jetzt muß ich einen Kognak haben, mir ist ganz schwindelig geworden.«
Damit geht sie davon, langsam, bedächtig; nicht, wie es sonst ihre Art ist, im Trab.
Lachend sehen Martens und Amelie hinter ihr her.
»Das war ein bißchen zuviel für sie«, bricht Martens das Schweigen. »Aber ehrlich gesagt, ich könnte auch einen vertragen. Setz dich, bitte, ich hole uns etwas Gutes.«
Damit läuft er durch die Halle zur Hausbar, rollt sie herbei und schenkt ihr und sich ein Glas voll.
»Auf unsere Liebe, Amelie«, sagt er und blickt ihr dabei tief in die Augen.
»Auf unsere Liebe«, wiederholt Amelie feierlich und trinkt das Glas ohne abzusetzen leer, dann wirft sie es auf die Fliesen.
Martens lacht und tut dasselbe.
»Das soll Glück bringen«, versichert sie ihm. Er setzt sich zu ihr, legt den Arm um sie und drückt sie ganz fest an sich.
»Ach, Liebling, noch kann ich es nicht fassen. Du bist bei mir, und ich darf dir von meiner Liebe sprechen.«
Dann erzählt er ihr von Berthold, und was er sich eingebildet hat. Amelie lacht herzlich auf.
»Du Ärmster, dir ist auch nichts erspart geblieben.« Sie beißt ihn übermütig in die Nasenspitze. »Es gibt zwei Paare im Krankenhaus, die sich demnächst verloben werden.«
»Wer denn?« Er ist wirklich verwundert.
»Dein Oberarzt und Schwester Karla.«
»Ist es denn möglich? Und das alles sozusagen unter meinen Augen?«
»Und nun hat auch deine Stunde geschlagen«, sagt sie voller Übermut. »Habe ich es dir nicht im voraus gesagt?«
Er küßt sie, bis sie kaum mehr Atem bekommt.
»War ich sehr ekelhaft zu dir?«