Chefarzt Dr. Norden 3 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden 3 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 6
»Das haben Sie mit Absicht gemacht«, knurrte er. Er streckte die Arme nach ihr aus und zog sich Halt suchend an ihr hoch. Unter seinem Gewicht ächzte und schwankte Fee wie eine Tanne im Wind.
»Keine Angst. Ich hätte dafür gesorgt, dass Sie sich gleich den Hals brechen«, presste sie durch die Zähne. »Das Paket schien mir ungeeignet für diese Zwecke. Deshalb habe ich es auf den Schreibtisch gestellt.«
Als es Volker endlich gelungen war, sich aufzurichten, standen ihm Schweißperlen auf der Stirn. Er setzte den Fuß auf den Boden. Ein greller Schmerz durchzuckte ihn, ihm wurde schwarz vor Augen.
Als er sie wieder aufschlug, lag er auf einer Behandlungsliege. Bilder an den Wänden, leere Betten und überraschte Gesichter glitten an ihm vorüber.
»Was? Wo? Wohin … ?«
»Liegen bleiben! Wir sind gleich in der Radiologie.«
Kraftlos fügte sich Lammers in den Willen seiner Chefin. Er sank auf die Liege zurück und spürte dem pochenden Schmerz in seinem Bein nach.
»Das ist bestimmt gebrochen.« Er ballte die Hand zur Faust. »Das werden Sie mir büßen.«
»Gern geschehen. Es war mir ein Vergnügen, Ihnen zu helfen«, schnaubte Felicitas. Sie verlagerte das Gewicht nach links und lenkte das Bett millimetergenau um die Ecke.
»Ist das Ihre Art von Rache für die korrigierte Patientenakte?«
»Sie sollten nicht von sich auf andere schließen«, gab Fee ihm einen Rat und stemmte die Fersen in den Boden. In Schrittgeschwindigkeit fuhren sie auf die Glastüren zu.
Sie öffneten und schlossen sich gespenstisch leise. In der Radiologie wurden sie von grellem Neonlicht empfangen. Schnuppernd hob Fee die Nase.
»Hier könnten die Aromaspezialisten auch mal ans Werk gehen.«
»Es reicht, wenn die Leute in der Lobby und in der Ladenzeile beduftet werden.«
Fee spitzte die Ohren.
»Ach, Sie wissen davon?«
Am liebsten hätte sich Lammers selbst geohrfeigt. War es möglich, dass die Schmerzen sein Hirn lähmten?
»Ich habe gehört, wie sich Patienten darüber unterhalten haben.«
Seine Stimme verriet, dass er log. Fee öffnete den Mund, um nachzuhaken, als der Radiologe Dr. Witt zu ihnen trat.
»Dann wollen wir mal sehen, wo der Schuh drückt«, scherzte er.
Wenn Blicke töten könnten, wäre er auf der Stelle umgefallen. So aber griff er nach der Liege mit dem Kollegen darauf und verschwand hinter dicken Türen, nicht ohne Fee vorher zu versprechen, sie auf dem Laufenden zu halten.
*
»Haben Sie eine Ahnung, wo Frau Petzold schon wieder steckt?« Die Frage sprang ins Schwesternzimmer, noch ehe Matthias Weigand den Kopf zur Tür hereingesteckt hatte.
»Haben Sie es schon einmal beim schönen Jakob versucht?«, platzte Schwester Josefa heraus.
»Wollten Sie nicht die Bettschüsseln leeren?«, fragte Elena in ihrer Eigenschaft als Pflegedienstleitung.
Josepha rollte mit den Augen und machte sich auf den Weg. Elena sah hinüber zu Matthias.
»Schön, dich zu sehen, mein Lieber.« Sie lächelte freundlich. »Ich habe sie vorhin bei Frau Berger gesehen. Wohin soll ich sie schicken?«
Matthias Weigand dachte nach. Sophie zusammen mit Jakob? Diesen Anblick konnte er sich wahrlich ersparen.
»Schicke sie bitte in die Notaufnahme. Ich habe einen Job für sie.«
»Wird gemacht«, versprach Elena. Ihr engelsgleiches Lächeln begleitete den Internisten hinaus. Es erstarb in dem Moment, in dem er den Schritt über die Schwelle gesetzt hatte. Elena wartete noch kurz. Dann machte sie sich auf den Weg zu Jakob. Gehwagen und Rollstuhl warteten auf dem Flur vor seinem Zimmer darauf, abgeholt und im Lager verstaut zu werden.
»Was fällt euch eigentlich ein?«, herrschte sie den Pfleger an, kaum dass sie ins Zimmer gestürzt war.
Erschrocken riss er die Hände hoch.
»Gnade! Ich bin unschuldig.«
Trotz ihres Ärgers musste Elena lachen. Ihre Blicke flogen durch den Raum. Bevor sie die Tür schloss, sah sie links und rechts den Flur hinunter. Von den beiden Klatschbasen war nichts zu sehen.
»Du hast Glück, dass Sophie nicht hier ist. Sonst hättest du keinen Grund mehr zum Lachen.« Elena trat ans Bett und überprüfte Inhalt und Fließgeschwindigkeit der Infusion. Nur der Schlauch an Jakobs Hand und die ansehnliche Narbe am Kopf zeugten von der schweren Zeit, die er hinter sich hatte. »Was denkt ihr euch eigentlich dabei?«
»Ich verstehe nicht. Was meinst du?«
»Die ganze Klinik zerreißt sich das Maul über euch. Und du stellst solche Fragen?« Elena steckte die Hände in die Kitteltaschen und musterte den Pfleger eingehend. »Na ja, solange ihr hier die Nächte nicht gemeinsam verbringt, geht es mich nichts an. Ansonsten müsste ich die Sache dem Chef melden. Das wäre mir sehr unangenehm. Gutes Personal ist rar.«
Jakob senkte den Blick und knibbelte an einem Hautfetzen am Nagelbett.
»Botschaft angekommen«, murmelte er.
Elena seufzte.
»Dann kannst du mir jetzt vielleicht verraten, wo Sophie steckt. Matthias Weigand sucht sie.«
»Ehrlich, ich habe keine Ahnung. Seit heute früh habe ich sie nicht mehr zu Gesicht bekommen.«
Er schien die Wahrheit zu sagen, und Schwester Elena blieb nichts anderes übrig, als unverrichteter Dinge ins Schwesternzimmer zurückzukehren. Auf halbem Weg kam sie am Ruheraum der Ärzte vorbei. Einer Eingebung folgend drückte sie die Klinke herunter. Wie Milch ergoss sich das Licht über den schwarzen Zimmerboden. Ein feines Geräusch, als ob an einem Stuhlbein gesägt würde, erfüllte die Luft. Es dauerte einen Moment, bis sich Elenas Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Tatsächlich. Zusammengerollt wie ein Eichhörnchen lag die Assistenzärztin unten im Stockbett und schnarchte leise vor sich hin. Elena schloss die Tür und trat ans Bett.
»Frau Dr. Petzold!« Ein Seufzen, dann ging das Schnarchen weiter. Elena beugt sich hinunter. Diesmal verstellte sie die Stimme. »Hallo! Frau Petzold.« Sie klang fast wie Dr. Weigand.
Sophie fuhr hoch und knallte mit dem Kopf an den Lattenrost des oberen Bettes.
»Aua!«, quietschte sie und rieb sich das Horn, das blitzschnell auf ihrer Stirn wuchs.
Elena richtet sich auf.
»Guten Mittag, Frau Dr. Petzold. Wenn ich jetzt der Kollege Weigand wäre, wären Sie einen Kopf kürzer.«
»Und hätte keine Beule.«