Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen. Charles Sealsfield

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Die Geschichten aus dem Wilden Westen: Abenteuerromane, Historische Romane & Erzählungen - Charles  Sealsfield

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Hauses zu sitzen, das uns die Rotröcke verbrannt haben. Also deine Lust, unter den Wilden zu wohnen,« lachte er recht herzlich, »ist dir so ziemlich vergangen? Glaub's gerne, mein Kind; es läßt sich zur Not auch unter den Wilden leben, so wie von Haferkuchen; aber besser ist besser, und wir haben es am besten. Glaub' mir's, liebes Kind, wenn du sechs Monate unter uns gelebt haben wirst, und du würdest auf den Hof des ersten Königs versetzt, wirst du dich bald wieder in unser glücklich frohes und einzig und allein aufgeklärtes Bürgerleben zurückwünschen. In den ersten Wochen mag dir so manches an uns nicht gefallen haben; aber wir sind wie das echte, gesunde Rostbeef und Kernbrot; je länger man davon ißt, desto besser und lieblicher schmeckt es. Sieh, bei Euch«, fuhr er zum Midshipman gewendet fort, »habt Ihr auch etwas unserm freien Leben Ähnliches. Bei Euch sind die Lords und Gentlemen so frei wie wir; aber die übrigen sind arme Narren, die von Freiheit reden wie der Blinde von der Farbe. Ist aber natürlich bei Euch. Ihr habt das Land oder vielmehr Euere und unsere Vorfahren haben es von den Angelsachsen und den alten Briten erobert, und die herrschenden Familien haben sich in die besiegten armen Teufel wie in das liebe Vieh geteilt, und sind noch zu dato Herren. Wir haben unsere Eroberungen von ein paar hunderttausend Indianern gemacht und mit unserm Pfluge, und die erstern sind verschwunden durch eigene Schuld, die letzte Eroberung macht uns alle, die nämlich arbeiten wollen, zu unabhängigen Männern, die in die Angelegenheiten ihres Landes mit reden können und sollen. Sieh, als ich nur noch mit den Meinigen fünfzig Dollar hatte, war ich just so frei als jetzt, da ich über hunderttausend verfügen kann. Ist aber alles ehrlich erworben, durch keine Geniestreiche, nur auf gewöhnlichem Wege.«

      Und unter dem Schluß dieser Rede waren sie an der Türe der Schenke zum Kaisergardisten angekommen.

      Sie fanden die beiden Häuptlinge mit ihren Gefährten auf die gewöhnliche Weise am Boden der Gaststube sitzend, in der sie sich allein befanden. El Sol war bei ihrem Eintritte aufgestanden und ihnen einige Schritte entgegengetreten; Rosen bei der Hand nehmend, führte er sie zu einem Sitze, von dem sie jedoch auf den Miko zueilte und ihn kindlich umschlang. Dieser sah sie kalt und forschend an.

      »Miko,« sprach der Squire, »Eure vorige Pflegetochter, Miß Rosa, ist gekommen, von Euch Abschied zu nehmen, da Ihr nun einmal gehen wollt, und Euch zu danken für alles Gute, das Ihr ihr erzeigt habt. Übrigens werdet Ihr den Preis selbst bestimmen, der Euch als Kostenersatz für geleistete Sorgfalt und Pflege gebührt.«

      »Tokeah«, erwiderte der Indianer, der natürlich von den Worten des Squire nur wenig verstand, indem er zugleich einen ledernen Beutel aus seinem Wampumgürtel zog, »wird gerne bezahlen, was der weiße Häuptling fordern wird, für Speise und Trank, die er der weißen Rose gegeben hat.«

      »Ihr seid im Irrtum,« versetzte der Squire, »und Euch gebührt Bezahlung. Eigentlich hätte dies vor eine Jury gehört, aber fordert, und ich stehe Euch dafür, daß alles, was billig und gerecht ist, bezahlt werden wird.«

      »Der weiße Häuptling«, sprach der Indianer, »mag nehmen, so viel er will.«

      »Ich sage Euch, nicht Ihr, wir müssen bezahlen«, versetzte der Squire.

      »Hat meine Tochter von ihrem Milchvater Abschied genommen?« fragte der Indianer Rosen, die während der letzten Reden des Wilden ängstlich zu werden schien. »Rose muß nun vom Wigwam der Weißen sich trennen; der Pfad ist lang, den der Miko zu wandeln hat. Er ist der Weißen sehr müde.«

      »Und muß der Miko gehen?« fragte Rosa. »O Vater meiner Canondah, bleibe doch; die Weißen werden dich als Bruder lieben.«

      Der Indianer sah sie erstaunt an. »Wie,« fuhr er heraus, »wie meint Rosa dies? die Weißen, die giftigen Weißen, Tokeah als ihren Bruder lieben? Hat die weiße Rose? –« Er sah sie mißtrauisch finster an. »Die weiße Rose«, auf die Wolldecke deutend, »wird finden, was sie braucht. Tokeah ist der Weißen sehr müde; er will gehen.«

      »Miko!« sprach sie etwas furchtsam, denn es war nun klar, daß dieser noch immer im Mißverstand über die Absicht ihres Kommens sei, »Rosa ist gekommen, dich zu bitten, noch einige Zeit bei den Weißen zu bleiben; aber wenn du gehen mußt, so will sie –«

      »Der Miko ist der Vater seines Volkes,« sprach dieser, »es ruft ihn, er muß gehen, und Rose ist seine Tochter und die Rose der Oconees, sie wird die Rose der Cumanchees sein, die Squaw eines großen Häuptlings«, sprach der Indianer.

      Das Kind trat errötend und halb unwillig zurück. »Miko,« sprach sie, »du bist der teure Vater meiner Canondah, der mein Leben gerettet und erhalten, ich danke dir kindlich; aber Miko, deine Verfügung kann ich, darf ich«, sie zitterte und trat noch einen Schritt zurück, »nicht annehmen. Ich gehöre nicht mehr dir, ich gehöre meinem Vater, meinem lange beweinten Vater.«

      »Rosa spricht wahr, sie gehört ihrem Vater,« fuhr der noch nicht aus seinem Irrtum gerissene Miko fort, »die Füße meiner Tochter sind schwach; aber sie wird im Kanu sitzen, bis sie in den Wigwams der Pawnees ankommt, und diese haben der Rosse viele.«

      »Bei Gott!« rief der Squire, »hier ist ein Irrtum, der Indianer gedenkt Rosen mitzunehmen. »Herzensjunge,« sprach er zu dem Jünglinge, »eile so schnell als möglich zum Obersten Parker und bringe uns einen Zug Männer. Vor den langen Bajonetten haben sie allein Respekt. Rosa, liebes Kind, halt inne, der Wilde sieht mir ganz wild und unheimlich aus«, flüsterte er dem Mädchen zu.

      Wirklich war in dem Wilden eine ebenso plötzliche, nur dem schärfsten Auge bemerkbare Veränderung vorgegangen. Es schien, als ob auch er ahne, daß ihm Rosa entrissen werden könne. Seine starre, leblose, düstere Miene war einer Unruhe gewichen, die den Major besorgt werden ließ.

      »Die weiße Rose«, sprach er nach einer Weile, einen langen forschenden Blick auf sie werfend, »ist eine fromme Tochter; sie wird für ihren Vater das Wildbret kochen.«

      »Gerne wollte ich dies für den Vater meiner Canondah tun,« sprach sie noch immer verschüchtert, »allein ein größeres Gebot ruft, teurer Vater. Vater meiner Canondah! Rosa ist gekommen, um von dir Abschied zu nehmen.«

      Der Indianer horchte hoch auf.

      »Ich kann dir nicht folgen; aber mein Vater wird dir hundertfältig vergelten, was du an seiner Tochter getan hast.«

      »Wie meint meine Tochter dies«, fragte der Wilde, der sie noch immer nicht ganz verstand.

      »Miko,« sprach das Mädchen, »der Vater, der mir das Leben gegeben hat, ist wiedergefunden. Rosa muß zu ihm eilen; denn er hat sie seit vierzehn Jahren beweint, gesucht.«

      »Tokeah hat Rosen das Leben gegeben; er hat sie dem Arme des Vaters Mi-li-machs entrissen, er hat Felle für die Milch bezahlt.«

      »Aber Rosa hat noch einen andern Vater, der ihr näher steht, den ihr der große Geist gegeben, der ihr das Leben gegeben hat; zu diesem muß sie gehen. Ich muß dich verlassen, Miko«, sprach sie mit etwas mehr Entschlossenheit.

      Der Indianer sah das Mädchen mit einem Blicke an, in dem sich die Hölle in ihren untersten Tiefen zu malen anfing. Die Schuppen waren endlich von seinen Augen gefallen; aber selbst in diesem Augenblicke verließ ihn seine fürchterliche Kälte nicht, obwohl sich der entsetzliche Sturm, der nun in seinem Innern zu toben begann, bereits grausenhaft in seinem Farbenwechsel und Mienenspiele zeigte.

      »Miko«, sprach der Squire, der nicht ohne Bangigkeit diese furchtbaren Symptome tief verschlossener, aber nun bald ausbrechender Wut bemerkte. »Miko, Ihr habt gehört, was Euch der große Krieger gesagt hat?«

      Der Indianer würdigte ihn keines Blickes; sein ganzer Körper fing fieberisch zu zucken an, seine Hand fuhr nach dem Schlachtmesser, dann

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