Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre. Henryk Sienkiewicz
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski + Auf dem Felde der Ehre - Henryk Sienkiewicz страница 146
»Traun, das erweckt keine Furcht in mir!« warf der alte Ritter ein. »Wenn er nicht in einen unterirdischen Kerker geworfen oder meuchlings erschlagen worden ist, ängstige ich mich so lange nicht um ihn, als er das Schwert zu führen vermag. Nur einmal traf er mit einem überlegeneren Gegner in den Schranken zusammen, und dies war kein anderer als Henryk, der Fürst von Masovien, eben derselbe, welcher hier Bischof gewesen ist. Doch Zbyszko gehörte damals noch ganz und gar dem Knabenalter an. Jetzt aber weiß ich freilich einen, den er so sicher wie das Vaterunser fordern würde, einen, den zu fordern ich auch gelobt habe, und welcher jetzt hier weilt.«
So sprechend, blickte er bedeutungsvoll auf Lichtenstein, der sich gerade mit dem Wojwoden aus Plock unterhielt.
Da zog die Fürstin finster die Brauen zusammen und erklärte in dem strengen, harten Tone, der bei ihr stets ein Zeichen der Erregung war: »Ob Ihr nun irgend einen Eid geleistet habt, oder ob Ihr keinen Eid geleistet habt, vergeßt nicht, daß jener unser Gast ist, und daß ein jeder, der unsere Gastfreundschaft genießen will, sich guter Sitten befleißigen muß.«
»Ich weiß das, huldreiche Frau,« entgegnete Macko. »Schon hatte ich den Rittergürtel gelockert und wollte auf ihn losgehen, da bezwang ich mich noch zur rechten Zeit, indem ich mir sagte, er möge vielleicht als Gesandter hier weilen.«
»Ihr täuscht Euch nicht, er ist als Gesandter hier. Das ist zudem ein Mensch, der großes Ansehen unter den Seinen genießt, auf dessen Rat der Großmeister viel giebt, ja, dem er kaum einen Wunsch versagt. Als eine Fügung Gottes dürfen wir es wohl betrachten, daß Euer Bruderssohn in Marienburg nicht mit ihm zusammentrifft, denn wenn auch Lichtenstein einem edlen Geschlechte entstammt, soll er doch rachsüchtig und unbeugsam sein. Hat er Euch erkannt?«
»Das glaube ich kaum, hat er mich doch stets nur ganz kurz gesehen. Als wir von Tyniec weiter zogen, waren wir behelmt und späterhin suchte ich ihn nur noch einmal Zbyszkos wegen auf. Da ist er aber sehr beschäftigt gewesen, und obendrein dämmerte es bereits stark. Wohl habe ich bemerkt, daß er mich jetzt anschaute, allein sicherlich that er dies nur, weil Ihr mir, wohledle Frau, eine ungewöhnlich lange Unterredung gestattetet, denn gar bald wendeten sich seine Blicke einer andern Richtung zu. Zbyszko hätte er sicherlich erkannt, meiner aber hat er gewiß längst vergessen, und von einem Gelöbnis ist ihm vielleicht nie etwas zu Ohren gekommen. Vermutlich sind seine Gedanken auch von weit Wichtigerem in Anspruch genommen.«
»Von weit Wichtigerem?«
»Ja, denn gar viele edle Ritter haben feierlichst gelobt, ihn zum Kampfe zu fordern, wie Zawisza aus Garbow, Powala aus Taczew, Marcin aus Wrocimowice, Paszko, Zlodziej, und Lis aus Targowisko. Ein jeder von ihnen könnte es mit zwei Rittern wie Lichtenstein aufnehmen, allergnädigste Frau, wie soll es ihm daher erst ergehen, wenn er jene insgesamt gegen sich hat? Besser würde es für ihn sein, er wäre nie geboren worden, hängt ihm doch stets das Schwert drohend über dem Haupte. Ich selbst werde mich indessen nicht nur hüten, ihm mein Gelöbnis kund zu thun, sondern mich sogar bestreben, sein Vertrauen zu gewinnen.«
»Zu welchem Zwecke?«
Ein so schlauer Ausdruck spiegelte sich mit einem Male auf dem Antlitz Mackos, daß er einem alten Fuchse glich.
»Damit er mir ein Schreiben ausstellt, mittelst dessen ich ungefährdet die Lande der Kreuzritter durchziehen und, so dies nötig sein sollte, Zbyszko Rettung bringen kann.«
»Wie vereinigt sich aber ein solches Thun mit der ritterlichen Ehre?« fragte die Fürstin lächelnd.
»Sehr gut!« antwortete Macko in festem Tone. »Wenn ich ihn zum Beispiel rückwärts überfiele, ohne ihn vorher gewarnt zu haben, dann würde ich freilich Unehre auf mich laden. In Friedenszeiten aber einen Feind durch Klugheit zu überlisten, das macht keinem Schande.«
»So will ich Euch denn mit ihm bekannt machen!« bemerkte jetzt die Fürstin.
Rasch winkte sie Lichtenstein zu sich heran und machte ihn mit Macko bekannt, indem sie sich sagte, daß, selbst wenn jener sich des alten Ritters erinnern sollte, kein großer Nachteil daraus entspringen könne.
Doch Lichtenstein erkannte ihn nicht. Thatsächlich hatte er Macko auf der Landstraße von Tyniec nur im Helme gesehen, und nur das einzige Mal in der Abenddämmerung mit ihm gesprochen, als der alte Ritter bei ihm erschienen war, um seine Verzeihung für Zbyszkos Vergehen zu erbitten.
Stolz verneigte sich Lichtenstein; als er indessen die beiden ausfallend schönen, prächtig gekleideten Bürschlein erblickte, die hinter dem alten Ritter standen, sagte er sich sofort, ein solches Gefolge könne nicht der erste beste haben, und obwohl er noch immer seine hochmütige Miene beibehielt, die er stets zur Schau trug, wenn er nicht mit Königen oder Fürsten sprach, blickte er doch jetzt etwas weniger abweisend darein.
»Dieser Ritter hier hegt die Absicht, nach Marienburg zu ziehen,« ergriff die Fürstin erklärend das Wort. »Ich selbst werde ihn der Gnade des Großmeisters empfehlen. Nichtsdestoweniger möchte er auch von Euch ein Schreiben haben, kennt er doch das Ansehen, das Ihr in dem Orden genießt.«
Nach diesen Worten wandte sie sich wieder an den Bischof, während Lichtenstein, seine kalten stahlblauen Augen auf Macko richtend, also fragte: »Welche Gründe veranlassen Euch, o Herr, zum Besuche des Hauptsitzes unseres Ordens?«
»Nur fromme und ehrbare Beweggründe führen mich dahin,« erwiderte Macko, kühn aufblickend. »Wäre dies nicht der Fall, so würde sich die huldreiche Fürstin nicht für mich verwendet haben. Manch frommes Gelöbnis habe ich gethan, doch möchte ich auch einmal Eurem Großmeister von Angesicht zu Angesicht gegenüber stehen, ihm, der für den Frieden auf Erden wirkt und unter der Ritterschaft der ganzen Welt rühmlichst bekannt ist.«
»Keiner, für den sich die allergnädigste Fürstin, Eure Herrin und Wohlthäterin, verbürgt, wird sich bei uns über Mangel an Gastfreundschaft zu beklagen haben. Doch was den Großmeister anbetrifft, so werdet Ihr ihn schwerlich zu Gesicht bekommen. Schon vor einem Monat ist er nach Danzig übergesiedelt, von wo aus er sich zuerst nach Königsberg und dann noch weiter an die Grenze begeben will, denn wenn gleich er den Frieden liebt, ist er doch gezwungen, die Erbgüter des Ordens gegen die verräterischen Einfälle Witolds zu schützen.«
Als Macko diese Kunde vernahm, sah er plötzlich so kummervoll darein, daß Lichtenstein, dessen scharfem Blick nichts entgehen konnte, sofort bemerkte: »Ich sehe, daß Euer Bestreben, zu dem Großmeister zu gelangen, ebenso lebhaft ist, wie der Wunsch, Eure frommen Gelübde zu erfüllen.«
»Ihr habt’s getroffen, Ihr habt’s getroffen!« rief Macko eifrig. »Doch sprecht, ist der Krieg mit Witold um Samogitien gewiß?«
»Er selbst ist der Urheber davon, denn trotz seines Eides hat er den Aufrührern offenen Beistand geleistet.«
Tiefes Schweigen folgte diesen Worten, schließlich jedoch hub Macko also an: »Bei meiner Treu! Dem Orden möge all das Glück zu teil werden, das er verdient. Zu dem Großmeister kann ich nicht gelangen, die gethanen Gelöbnisse aber will ich erfüllen.«
Allein ungeachtet dieses Ausspruches wußte er sich keinen Rat; mit einem unsagbaren Angstgefühl legte er sich selbst die Frage vor: »Wo soll ich Zbyszko nun suchen, wo werde ich ihn nun finden?«
Es war leicht vorauszusehen, daß es nutzlos gewesen wäre, Zbyszko in Marienburg zu suchen, wenn der Großmeister Marienburg verlassen hatte und in den Krieg gezogen war, aber in jedem Falle mußte