Dr. Norden Jubiläumsbox 9 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden Jubiläumsbox 9 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 6
»Wie schon vermutet müssen Ihre Herzschmerzen psychisch bedingt sein. Organisch ist alles in Ordnung«, erklärte Danny, als er wieder zutiefst erleichtert an seinem Schreibtisch saß. »Ich schreibe Ihnen die Adresse eines guten Psychologen auf. Der wird Ihnen sicher weiterhelfen können.« Er notierte die Adresse eines Kollegen auf ein Stück Papier und schob es über den Schreibtisch.
Karla Fröbel dankte ihm einsilbig und steckte es in die Tasche. Sie ärgerte sich noch immer darüber, dass der junge Arzt ihren Annäherungsversuch so rüde abgeschmettert hatte, und sann schon jetzt darüber nach, wie sie ihn doch noch von sich und ihren Qualitäten überzeugen konnte.
Davon ahnte Danny Norden allerdings nichts, als er nur ein paar Minuten später aufatmend die Tür hinter ihr schloss in der Ansicht, sie so bald nicht wiederzusehen.
*
Als hätten sich die Kunden abgesprochen, ging es an diesem Vormittag hoch her in der Bäckerei ›Schöne Aussichten‹. Wahre Berge an verschiedenen Brotsorten und Brötchen, süßen Teilchen und Kuchen gingen über den Tresen. Nebenbei florierte das Café und die Aushilfe kam kaum mit den Bestellungen hinterher. Erst gegen Mittag kamen die Mitarbeiter ein wenig zur Ruhe und konnten sich eine kleine Auszeit gönnen.
»Was ist los mit dir?« Die junge Mitarbeiterin Marla nutzte die erstbeste Gelegenheit, um diese Frage bei ihrer Chefin loszuwerden. »Heute Nacht war die Stimmung bei euch ja echt prickelnd. Und als Danny heute hier war, hast du ihn auch kaum eines Blickes gewürdigt.« Nachdem Marlas Freund mit einer Überdosis Drogen in die Klinik eingeliefert worden war, wohnte sie vorübergehend bei Danny und Tatjana. Inzwischen suchte sie nach einer eigenen Bleibe. Aber noch bekam sie alles hautnah mit, was sich zwischen dem Paar abspielte.
Genervt stellte Tatjana die Kaffeetasse beiseite und griff in die Schüssel mit Hefeteig. Sie klatschte ein Stück Teig auf die Arbeitsplatte.
»Nichts.«
Marla schnaubte.
»Das kannst du deiner Großmutter erzählen.«
»Eben nicht. Ich hab keine mehr«, erwiderte die Bäckerin lakonisch und begann, das Teigstück zu bearbeiten.
Mit verschränkten Armen lehnte Marla an der Arbeitsplatte und strich sich eine braune Strähne aus dem Gesicht.
Als sie in der Bäckerei angefangen hatte, waren ihre Haare noch blau gewesen. Inzwischen hatte sie aber so viel Selbstbewusstsein aufgebaut, dass sie auf solche stummen Hilferufe verzichten konnte. Das lag nicht zuletzt am Umgang mit Tatjana, die nach einem Unfall sehbehindert war. Eine Operation hatte ihr einen Teil ihres Augenlichts zurückgegeben. Doch die unnachgiebige Härte gegen sich selbst sowie eine fast unheimliche Sensibilität, mit der sie ihre Umwelt intuitiv erfasste, beeindruckten Marla so sehr, dass sie sich diese Eigenschaften mehr und mehr selbst aneignete.
»Du bist sauer auf ihn, weil er dir vor allen Leuten einen Heiratsantrag gemacht hat, stimmt’s?«, sagte sie ihrer Chefin auf den Kopf zu.
Einen winzigen Augenblick hielt Tatjana in ihrer Arbeit inne. Sie ärgerte sich darüber, dass die blutjunge Marla sie durchschaut hatte.
»Das war einfach unfair!«, rechtfertigte sie sich schließlich. »Wie hätte ich ablehnen können, ohne dass er das Gesicht verliert?« Je mehr sie darüber nachdachte, umso mehr ärgerte sie sich wieder.
Wiederum musste das Teigstück darunter leiden. Wütend riss sie es in vier Teile und rollte eines davon so lange hin und her, bis eine lange Schlange entstand.
»Aber ich dachte, ihr liebt euch? Das Glück dunstet euch ja förmlich aus jeder Pore«, spottete Marla gutmütig. »Was ist dann so schlimm dran, wenn ihr heiratet?«
Auf diese Frage antwortete Tatjana nicht sofort. Scheinbar hochkonzentriert verarbeitete sie auch noch den restlichen Teig zu Schlangen. Als sie gleich lang und dick waren, griff sie nach einem Messer und schnitt sie der Länge nach auf. In den Schnitt füllte sie eine zuvor vorbereitete Aprikosen-Mohn-Masse und drückte ihn zusammen.
»Ich weiß auch nicht. Allein bei dem Gedanken daran bekomme ich Beklemmungen«, gestand Tatjana schließlich. »Warum muss man denn immer gleich heiraten? Solange keine Kinder da sind …«
»Vielleicht will Danny ja wirklich seine guten Gene weitergeben«, warf Marla spöttisch ein, und Tatjana schickte ihr einen erschrockenen Blick.
»Das geht nicht«, platzte sie heraus. »Ich leide unter einer seltenen Erbkrankheit, die ich auf keinen Fall weitergeben will.«
Diesmal war es an Marla, die Augen erschrocken aufzureißen.
»Ist das schlimm? Tödlich?«
Lächelnd schüttelte die Bäckerin den Kopf.
»Nein. Es handelt sich um einen genetischen Defekt, der sich vor ein paar Jahren bemerkbar gemacht hat. Mein Körper kann ein bestimmtes Eiweiß nicht bilden. Deshalb wird ein besonderer Stoff ausgeschüttet, der zulässt, dass vermehrt Flüssigkeit ins Gewebe gelangen kann. Das führt manchmal zu Ödemen, die nicht besonders angenehm sind.«
»Und wie oft hast du das?«
»Nicht oft. Vielleicht zwei, drei Mal im Jahr, je nachdem, wie viel Stress ich habe. Bisher hatte ich immer Glück, dass die Ödeme nicht schlimm waren. Aber einmal ist mir der Kehlkopf zugeschwollen, und ich hab schlecht Luft bekommen. Das war schon gefährlich.« Nur ungern erinnerte sich Tatjana an die akute Phase vor einigen Monaten, als sie Danny die Wahrheit gestehen musste. »Das will ich keinem Kind zumuten«, beendete sie schnell ihren Bericht. »Und deshalb müssen Danny und ich auch nicht zwingend heiraten.«
Marla knabberte noch an diesen Neuigkeiten. Da sie aber spürte, wie unangenehm Tatjana dieses Thema war, drang sie nicht tiefer in sie.
»Aber man kann doch auch aus anderen Gründen heiraten. Zum Beispiel, weil man sich liebt und es der ganzen Welt zeigen will«, gab sie zu bedenken.
Während sich Tatjana mit Marla unterhielt, hatte sie mit geschickten Fingern aus den vier gefüllten Strängen einen Zopf geflochten, den sie jetzt mit Eigelb glasierte, ehe er zum Ruhen auf ein Backblech wanderte. Erst als sie mit dieser Arbeit fertig war, drehte sie sich zu Marla um.
»Hast du nicht vorhin gesagt, dass uns das Liebesglück aus jeder Pore dunstet?«, lächelte sie verschmitzt. »Siehst du, die Welt weiß eh schon alles, was sie wissen will. Weshalb also dann noch heiraten?«
Das Glöckchen über der Tür zur Bäckerei klingelte hektisch. Da ihre andere Mitarbeiterin Marianne Hasselt immer noch mit Mario in Amerika war, mussten sich Tatjana und Marla zu zweit um das Backen und den Verkauf kümmern. Diese Gelegenheit nutzte Tatjana jetzt, um sich Marlas Verhör fürs Erste zu entziehen. Sie lächelte ihrer jungen Mitarbeiterin zu und verschwand durch den Vorhang nach vorn in den Verkaufsraum. Dabei wusste sie nur zu gut, dass Marla hartnäckig war und das Thema noch lange nicht vom Tisch sein würde.
*
»Das hab ich mir gedacht. Es gibt keinen Zweifel.« Die Klinikchefin Jenny Behnisch saß vor dem Computer und begutachtete die Bilder eines CTs.
Ihr Freund Daniel Norden hatte wieder einmal seine Mittagspause genutzt, um in die Klinik zu fahren. Er saß neben Jenny und starrte hochkonzentriert auf den Monitor.
»Wir haben es nicht mit einer Meningitis zu tun,