Im Sonnenwinkel Staffel 4 – Familienroman. Patricia Vandenberg
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Inhalt
Lass mich bei dir bleiben, Mutti
Die Eltern hatten keine Zeit für sie
Tim und Sascha schmieden Pläne
Schmal, blass und sehr bescheiden gekleidet war die junge Frau, die vor dem hübschen Einfamilienhaus in der Tulpenstraße von Hohenborn stand.
Sie hatte die Hand schon auf die Klingel gelegt, doch sie ließ sie wieder sinken. In ihren grauen Augen lag ein verzweifelter Ausdruck, als sie auf die Haustür blickte und dann zu den Fenstern, die geschlossen waren.
Vielleicht beobachtete man sie schon hinter den dichten Gardinen und würde ihr gar nicht öffnen. – Doch dann nahm Ursula Amren allen Mut zusammen und läutete.
Ein paar Sekunden vergingen. Dann öffnete sich die Tür und ein kleines Mädchen erschien.
»Dagmar!«, stieß Ursula hervor. Ein Schluchzen war in ihrer Stimme.
Das Kind blickte sie mit fremden Augen an. Es drehte sich um und rief: »Mama, da ist eine Frau, die weiß meinen Namen.«
Wie Messerstiche drangen diese Worte in Ursulas Herz. Tränen stiegen hier in ihre Augen.
Sie musste sich am Türrahmen festhalten, so kraftlos war sie plötzlich.
Eine hübsche dunkelhaarige Frau erschien. Ihr Gesicht verdüsterte sich, als sie die Besucherin erkannte.
»Warum kommst du, Ursula?«, fragte sie abweisend. Dann schob sie das Kind ins Haus. »Geh in dein Zimmer, Dagmar«, sagte sie.
Die Kleine warf Ursula noch einen Blick zu. Dann verschwand sie schnell und lief die Treppe hinauf.
Ursulas Lippen bebten. Kaum verständlich fragte sie leise: »Warum darf ich mein Kind nicht einmal in die Arme nehmen, Melanie?«
Die andere machte eine abwehrende Handbewegung und betrachtete Ursula abschätzend.
»Willst du Unruhe in Dagmars Leben bringen?«, fragte sie gereizt. »Dem Kind geht es gut, dir dagegen anscheinend noch immer nicht. Wie du aussiehst, kannst du doch kaum dich selbst ernähren, geschweige denn das Kind.« Sie zögerte. »Aber komm herein, wir können bei dieser Gelegenheit gleich über Dagmars Zukunft sprechen.«
Trostlose Leere war in Ursula, als sie Melanie Siemon in das sehr hübsch eingerichtete Wohnzimmer folgte.
Nein, das konnte sie ihrer kleinen Tochter nicht bieten, auch kein eigenes Zimmer und nicht solch ein reizendes Kleid, wie Dagmar es trug. Sie kam sich vor wie eine Bettlerin.
»Versteh mich doch bitte, Melanie«, begann sie flüsternd. »Ich habe jetzt eine Stellung in der Sternseeklinik gefunden. Es ist doch ganz nahe bei Hohenborn. Ich werde recht gut verdienen und möchte Dagmar dann wieder zu mir nehmen.«
Melanie presste die Lippen aufeinander. Sie wandte sich ab.
»Du hast doch gesehen, dass das Kind dich gar nicht mehr kennt, Ursula«, sagte sie heiser. »Die Kleine ist an uns gewöhnt. Sie hat alles.«
»Und sie nennt dich Mama«, flüsterte Ursula. »Das war nicht abgemacht.«
Sie bemühte sich, ihrer Stimme einen festen Klang zu geben, aber es gelang ihr nicht.
»Sie sagt es ganz von selbst«, erklärte Melanie. »Gut, es war nicht abgemacht, aber schließlich solltest du uns dankbar sein, dass wir das Kind aufgenommen haben. Was willst du denn mit Dagmar, wenn du berufstätig bist? Es schadet dir doch nur, wenn du mit einem unehelichen Kind daherkommst. Wir waren doch die Einzigen, die zu dir gehalten haben.«
»Dafür bin ich euch ja auch dankbar«, erwiderte Ursula bebend. »Aber du weißt doch, wie schwer es mir gefallen ist, mich von Dagmar zu trennen. Ich hatte kein Glück mit dieser letzten Stellung. Das Gehalt war klein, und ich musste das teure Zimmer bezahlen.«
Sie unterbrach sich und dachte nach.
Rechtfertigte dies alles, dass sie Dagmar ihrer Kusine Melanie überlassen hatte? Doch es war eine Verzweiflung gewesen. Und nun? Hatte sie nun jedes Anrecht auf ihr Kind verwirkt?
Dagmar hatte sie so ablehnend angeschaut, und Ursula begriff, dass ein Jahr im Leben eines vierjährigen Kindes alle Erinnerungen auslöschen konnte.
»Ich wollte dir schon schreiben«, sagte Melanie. »Du weißt, dass ich immer noch darauf hoffe, selbst Kinder zu bekommen, aber es scheint aussichtslos. Wir möchten Dagmar adoptieren und sind auch bereit, dir dann eine Starthilfe für ein neues Leben zu geben.«
Ursula starrte sie mit entsetzten Augen an.
»Ihr wollt mir mein Kind abkaufen?«, fragte sie mit erstickter Stimme.
»Wir wollen uns erkenntlich zeigen«, entgegnete Melanie kühl. »Schließlich haben wir jetzt fast zwei Jahre für Dagmar gesorgt, als wäre sie unser eigenes Kind. Wie du schon bemerkt hast, kennt sie dich gar nicht mehr. Es wäre ein Verbrechen, Dagmar aus diesem sorgenfreien Leben herauszureißen und sie Entbehrungen auszusetzen. Du musst mit unserem Widerstand rechnen, Ursula, und wir werden auch das Vormundschaftsgericht einschalten, wenn du …«
Sie kam nicht weiter. Ursula war aufgesprungen und stürzte blindlings aus dem Zimmer, aus dem Haus, hinaus ins Freie.
Droben im ersten Stockwerk stand die kleine Dagmar am Fenster und blickte hinter ihr her. Dann trippelte sie die Treppe hinunter.
»Warum ist die Frau weggelaufen, Mama?«, fragte sie. »Hast du mit ihr gestritten? Was wollte sie denn? Woher kennt sie mich?«
Melanie Siemon schwieg. Sie wusste nicht, welche Antwort sie dem Kind geben sollte.
Eine