Winterfeuer. Heidi Cullinan

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Winterfeuer - Heidi  Cullinan Minnesota Christmas

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und den Schneepenis anstarrte, der, wie er jetzt erkannte, mit einer bedruckten Standardkarte verziert war, die an einem Stück Garn hing, das in die Skulptur eingebaut war.

      Auf der Karte stand: Lass uns im Schnee spielen.

      Paul hob seinen Blick zu dem detaillierten, handgefertigten Penis, der zwei Meter groß war und dessen freigelegte Eichel im Licht der Veranda wie ein eisiger Juwel schimmerte. Er dachte an Kyle Parks, den netten Nachtpfleger, der hier draußen auf seiner Veranda stand und den Penis mit all diesen Venen formte.

      Der ihm die ganzen PrinceCharming1990-Grindr-Nachrichten schickte.

      Kyle. Der kleine Kyle. Der anbot, ihn zu lecken und seinen…

      Paul schloss die Augen, aber er sah dennoch Kyles verruchtes Lächeln, das sich mit den schamlosen Vorschlägen von PrinceCharming1990 vermischte.

      Mit einem abgehackten Schnauben stieß er den Atem aus, öffnete die Augen und riss die Karte von dem Penis. Er stieß die Skulptur um, ohne ein Foto zu machen oder in seiner Eile, wieder nach drinnen zu kommen und das Licht auszuschalten, innezuhalten und zuzusehen, wie sie zerbröselte.

      Aber er lag stundenlang in seinem Bett und starrte an die Decke, so weit vom Schlaf entfernt, dass er nicht sicher war, jemals wieder dorthin zu gelangen.

      Das konnte nicht passiert sein. Von allen Leuten, die möglicherweise einen Schneepenis auf seiner Veranda hätten errichten können…

      Lass uns im Schnee spielen.

      Zu seiner Schande wurde Paul ein wenig hart.

      Er vergrub das Gesicht in seinem Kissen und stöhnte in die Füllung. Er konnte darauf nicht reagieren. Er musste PrinceCharming1990 auf der Stelle blocken.

      Allerdings tat er das nicht. Bis in die frühen Morgenstunden lag er im Bett. Die kitschigen Weihnachtsfilme mischten sich mit Kyle Parks anrüchigem Lächeln, bis sie sich miteinander verbanden und er von einem süßen Kyle träumte, der draußen vor einer malerischen Blockhütte stand und Paul lächelnd zu Hause willkommen hieß.

      Flankiert von einer Armee gut ausgestatteter Schneepenisse.

      ***

      Jeder in Logan dachte, er wüsste, wer Kyle Parks war. Jeder in Logan lag falsch.

      Das Problem daran, in einer Stadt mit weniger als tausend Einwohnern aufzuwachsen, war, dass die Leute die Kindheit nicht aus dem Kopf bekommen konnten.

      Sie erinnerten sich daran, wie Kyle Boy Scout-Popcorn verkauft oder bei ihnen in der Sonntagsschule gesessen oder seine Hose in ihrem Garten eingenässt hatte, als er noch nicht ganz reif fürs Töpfchen gewesen war. Und irgendwie bedeuteten all diese Erinnerungen, dass sie nicht akzeptieren konnten, dass er nicht länger ein Kind war. In ihren Köpfen war er immer noch der kleine, langbeinige Junge mit dem schlechten Haarschnitt. Und jeder, jeder, redete immer noch davon, dass er es sich zur schlechten Angewohnheit gemacht hatte, in den Highheels seiner Mutter und mit ihrem Make-up im Gesicht herumzustöckeln. Hätte das nicht unser erster Hinweis sein müssen? Doch selbst dann war er kein schwuler Mann. Er war ein schwules Kind.

      Es half nichts, dass Kyle wusste, dass er wie ein Kind aussah. Er wurde nicht nur überall, wohin er ging, nach seinem Ausweis gefragt, die Leute stritten sich deswegen auch noch öfter mit ihm. Du kannst keine fünfundzwanzig sein. Außerhalb der Stadt sprachen sie von seinem Babyface, aber in Logan bestanden die Leute, die ihn seit seiner Kindheit kannten, darauf, dass er immer noch klein war. Die allgemeine Meinung besagte, dass er vielleicht, möglicherweise, fast zwanzig war, aber weiter wagten sie sich nicht hinaus. Der Vermerk des Staates Minnesota auf seinem Führerschein, dass er 1990 geboren worden war, musste ein Fehler sein. Kyle vermutete, dass er irgendwann dankbar für sein jugendliches Aussehen sein würde, doch im Moment würde er alles für ein paar graue Haare geben. Oder die Fähigkeit, sich mehr als einen Flaum als Bart stehen zu lassen. Oder eine Heimatstadt, in der die Leute bereit waren zu glauben, dass er nicht Peter Pan war.

      Als er von Paul Jansens Doppelhaushälfte wegfuhr, schlug sein Herz zu schnell. Die Erinnerung an Pauls schockierten, leicht entsetzten Gesichtsausdruck brannte sich in Kyles Gedächtnis und er hasste seine jugendliche Erscheinung mehr als je zuvor.

      In seinem Kopf waren die Schneeskulpturen kombiniert mit den Grindr-Sticheleien der perfekte Flirt gewesen. Es stimmte, er konnte Paul nicht von Angesicht zu Angesicht dazu bewegen, ihn eines zweiten Blickes zu würdigen, aber er hatte angenommen, dass das wieder was mit diesem ganzen Du bist zu jung-Kram zu tun hatte. Möglicherweise auch die Ich verabrede mich nur mit großen, behaarten Bären-Sache, obwohl er Paul mit ein paar schlanken Männern zusammen gesehen hatte. Kyle hatte bereits versucht, seinen eigenen Typ zu verändern – eine Woche lang hatte er nichts außer fettigem Essen und Milch zu sich genommen, aber letztendlich hatte er Gewicht verloren, weil ihm von dem ganzen Mist schlecht geworden war. Am Ende war er zu dem Schluss gekommen, dass er Paul nur dazu bringen musste, ihn als spaßiges Sexobjekt zu betrachten. Und als verfügbar. Und willig. Also Grindr. Nur dass Paul höchstens an seinen Ködern geknabbert hatte.

      Der erste Schneepenis war ein Jux gewesen, doch damit hatte er mehr erreicht als mit einem Haufen dreckiger Direktnachrichten, also hatte er sich gedacht, was soll's – die Hände schmutzig machen und noch mal das Ganze. Wenn er geahnt hätte, das Paul ihn dabei erwischen würde, hätte er sich für diese Gelegenheit in Schale geschmissen oder etwas angezogen, dass er schneller hätte ausziehen können. Auch wenn das Pauls Gesichtsausdruck nach zu urteilen keinen Unterschied gemacht hätte. Verdammt.

      Die Fahrt zwischen Pauls Haus und seinem eigenen Zuhause war kurz, aber sonst war niemand zu dieser unchristlichen Stunde wach, also konnte Kyle weiterhin für sich selbst ein finsteres Gesicht ziehen, während er seine Jacke weghängte und Zutaten für ein Sandwich aus seinem Kühlschrank holte. Aus Rücksicht auf seine beschissene Laune fügte er dem noch einen Angry Orchard-Cider hinzu. Er stellte alles auf ein Tablett und schlurfte um die Ecke zu seinem Zimmer.

      Während er aß, fragte er sich nicht zum ersten Mal, ob es helfen würde, wenn er seine eigene Wohnung hätte. Es war möglich, dass Paul ihn in jedem Alter und in jeder Umgebung abweisen würde – was wehtat –, aber… na ja, Kyle war gewillt, es zu versuchen.

      Hastig verschlang er sein Sandwich und trank den Cider, während er im Internet surfte. Als er sich durch einige schamlose Pornoclips klickte, drehte er die Lautstärke herunter. Da er mürrisch war, suchte er nicht nach seinen Lieblingsclips, sondern fütterte stattdessen seine schlechte Laune, indem er in kostenlosen zwei bis sechs Minuten langen Teasern nach seinem Kink suchte.

      Denn selbst in seinem Porno war er zu jung. Er würde seinen Arsch darauf verwetten, dass keiner der Kerle in der Bär-Twink-Kategorie fünfundzwanzig war, und, Gott, wenn er dummerweise zur Daddykink-Kategorie wechselte, bekam er alarmierend junge Jungs und Männer, die ihn an seinen Opa erinnerten.

      Wobei er nach niemandem Steine werfen wollte. Aber konnte ein Mann nicht einen schlanken, hübschen jungen Mann mit einem süßen, kuschligen Bären bekommen, der entweder in seinem Alter oder nur ein wenig älter war?

      Er wusste es besser, als zu hoffen, dass er über eins stolperte, in dem es der Twink dem Bären besorgte. Oh, diese Videos existierten und man durfte seinen Arsch darauf verwetten, dass er sie sich als Lesezeichen gespeichert hatte. Aber wenn er in einer Stimmung wie dieser war… tja, er wusste nicht, warum er sich immer wieder selbst daran erinnern wollte, wie unmöglich er war, trotzdem war es das, wonach er suchte. Falls er eine Ahnung hatte, lag sein Problem darin begründet, dass er in einer winzig kleinen Kleinstadt mitten im Nirgendwo lebte. Nein. Er war in jedweder Hinsicht ein Freak. Große, schmale Füße. Dünner Körper

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