Ausgewählte Erzählungen & Abenteuerromane (21 Titel in einem Band). Robert Louis Stevenson

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Ausgewählte Erzählungen & Abenteuerromane (21 Titel in einem Band) - Robert Louis Stevenson

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sagen soll, so möchte ich es gerne in Sicherheit bringen.«

      »Gewiß, mein Junge, da hast du ganz recht. Ich will es an mich nehmen, wenn du willst.«

      »Ich dachte, vielleicht würde Dr. Livesey –«

      »Ganz recht!« unterbrach er mich lachend, »vollkommen richtig; Dr. Livesey ist ein Gentleman und ein königlicher Beamter. Und – gut, daß ich daran denke – es ist wohl ebensogut, wenn ich selber zu ihm reite und ihm oder dem Squire Bericht mache. Meister Pew ist nun doch mal tot; nicht daß es mir leid täte, aber er ist doch tot, siehst du, und die Leute werden es einem Zollbeamten Seiner Majestät anzuhängen suchen, wenn ihnen das irgend möglich ist. Weißt du was, Hawkins? Wenn du Lust hast, nehme ich dich gleich mit.«

      Ich dankte ihm herzlich für sein Anerbieten, und wir gingen miteinander nach dem Dorfe zu, wo die Pferde warteten. Kaum hatte ich meiner Mutter mein Vorhaben mitgeteilt, so saßen schon alle im Sattel.

      »Dogger,« sagte Inspektor Dance, »Ihr habt einen guten Gaul; laßt den Jungen bei Euch hinten aufsitzen.«

      Sobald ich hinaufgestiegen war und mich an Doggers Leibriemen festgehalten hatte, gab der Inspektor Befehl zum Abmarsch, und der kleine Zug machte sich im scharfen Trabe auf den Weg nach Dr. Liveseys Haus.

       Des Kapteins Papiere

       Inhaltsverzeichnis

      Wir ritten den ganzen Weg scharfen Trab, bis wir vor Dr. Liveseys Tür kamen. Alle Fenster des Hauses waren dunkel. Dance sagte mir, ich möchte abspringen und klopfen, und Dogger half mir beim Absteigen. Die Tür wurde fast augenblicklich vom Dienstmädchen geöffnet.

      »Ist Dr. Livesey zu Hause?« fragte ich.

      Sie sagte nein; er sei am Nachmittag nach Hause gekommen, am Abend aber nach dem Schlosse hinaufgegangen, um bei dem Squire zu essen und den Abend zu verbringen.

      »So gehen wir dahin, Jungens,« sagte Dance.

      Diesmal stieg ich nicht wieder auf, da die Entfernung nur kurz war; sondern ich hielt mich an Doggers Steigbügelriemen fest und lief mit ihm bis ans Parktor und dann durch die lange Allee der jetzt kahlen Bäume bis an das weiße Herrenhaus, dessen weißes Gebäude im Mondschein durch die Baumstämme des alten Parks schien. Hier stieg Inspektor Dance ab und ging mit mir in das Haus hinein, das ihm sofort geöffnet wurde.

      Der Bediente führte uns durch einen mit Matten belegten Gang in ein großes Bücherzimmer, dessen Wände ringsum von Bücherschränken eingenommen waren, auf denen verschiedene Büsten standen. Hier saßen der Squire und Dr. Livesey mit ihrer Pfeife in der Hand zu beiden Seiten eines hellen Kaminfeuers.

      Ich hatte den Squire noch niemals so in der Nähe gesehen. Er war ein großer Mann, über sechs Fuß hoch und entsprechend breit, mit einem roten; kühnen Gesicht, dessen Farbe und Zügen man seine langen Reisen ansah. Seine Augenbrauen waren sehr dunkel und zuckten oft, so daß man unwillkürlich dachte, er müsse ein temperamentvoller Mann sein, nicht von böser, aber von hitziger Gemütsart.

      »Kommen Sie nur herein, Herr Dance!« sagte er sehr würdevoll, aber freundlich.

      »Guten Abend, Dance,« sagte der Doktor und nickte ihm zu. »Und guten Abend auch dir, Freund Jim; was für ein guter Wind weht euch hierher?

      Der Inspektor stand stramm und steif da und erzählte seine Geschichte wie eine auswendig gelernte Lektion. Da hättet ihr sehen sollen, wie die beiden Herren sich vornüberneigten und einander ansahen und vor Überraschung ihr Rauchen vergaßen. Als sie hörten, wie meine Mutter nach dem »Admiral Benbow« zurückgegangen war, schlug Dr. Livesey sich laut auf den Schenkel, und der Squire rief bravo! und schlug seine lange Pfeife am Kamin entzwei. Lange bevor der Inspektor fertig war, war Herr Trelawney – so hieß der Squire, wie der Leser sich erinnern wird – von seinem Stuhl aufgesprungen und lief im Zimmer herum, und der Doktor hatte, wie wenn er auf diese Weise besser hören könnte, seine gepuderte Perücke abgenommen. So saß er da und sah wirklich sehr sonderbar aus mit seinem eigenen, kurzgeschnittenen schwarzen Haar.

      Endlich war Dance mit seiner Geschichte fertig. Da sagte der Squire:

      »Herr Dance, Ihr seid ein ganz famoser Mensch. Und daß Ihr diesen ekelhaften, schmierigen Schuft niedergeritten habt, sehe ich als eine gute Tat an; das ist weiter nichts, als wenn Ihr ein Ungeziefer zertreten hättet. Dieser junge Hawkins ist ein tüchtiger Bengel, wie ich sehe. Hawkins, willst du mal die Glocke ziehen? Herr Dance muß einen Krug Bier haben.«

      Und der Doktor sagte zu mir:

      »Also, Jim, du hast das Ding, das die Kerle suchten, nicht wahr?«

      »Hier ist es, Herr Doktor!« sagte ich und gab ihm das Wachstuchpaket.

      Der Doktor besah sich’s von allen Seiten, wie wenn es ihm in den Fingern juckte, es zu öffnen; das tat er aber nicht, sondern steckte es ruhig in seine Rocktasche und sagte:

      »Squire – wenn Dance sein Bier getrunken hat, muß er natürlich in Seiner Majestät Dienst; aber ich gedenke Jim Hawkins hier zu behalten; er soll in meinem Hause schlafen. Und wenn es Ihnen recht ist, mache ich den Vorschlag, wir lassen die kalte Pastete hereinbringen und ihn hier zu Abend essen.«

      »Wie Sie denken,« sagte der Squire; »Hawkins hat sogar was Besseres verdient als kalte Pastete.«

      So wurde denn eine große Taubenpastete hereingebracht und auf einen Seitentisch gesetzt. Ich machte mich schnell über das Essen her, denn ich war hungrig wie ein Wolf. Mittlerweile empfing Inspektor Dance noch eine Menge Komplimente, und schließlich entließen sie ihn.

      »Und nun, Squire,« sagte der Doktor.

      »Und nun, Livesey,« sagte der Squire, beide in einem Atem.

      »Einer zur Zeit, einer zur Zeit!« lachte Dr. Livesey. »Sie haben doch wohl von diesem Flint gehört?!«

      »Von ihm gehört!« rief der Squire. »Von ihm gehört, sagen Sie! Er war der blutdürstigste Pirat, der je zur See fuhr. Blackbeard war ein Kind im Vergleich mit Flint. Die Spanier hatten eine so fürchterliche Angst vor ihm, daß ich wahrhaftig manchmal stolz darauf war, daß Flint ein Engländer war. Ich habe mit diesen meinen Augen seine Topsegel auf der Höhe von Trinidad gesehen, und der jämmerliche Milchsuppenkerl, mit dem ich segelte, kehrte um – kehrte um, Doktor, und fuhr nach Port of Spain zurück!«

      »Nun, ich habe selber von ihm gehört, hier in England,« sagte der Doktor. »Aber die Hauptsache ist: hatte er Geld?«

      »Geld!« rief der Squire. »Haben Sie nicht die Geschichte gehört? Worauf waren denn die Kerle aus, wenn nicht auf Geld? Denen liegt doch bloß an dem Gelde! Für was riskieren die ihre dreckigen Köpfe, wenn nicht für Geld?«

      »Das werden wir ja bald wissen,« antwortete der Doktor. »Aber Sie sind ja so verdammt hitzköpfig und schreien gleich los, daß ich kein Wort sagen kann. Was ich wissen wollte, ist dies: angenommen, ich habe hier in meiner Tasche etwas, was uns auf die Spur bringen kann, an welchem Ort er seinen Schatz vergraben hat – wird dieser Schatz groß sein?«

      »Groß, Doktor!« rief der Squire. »Ich will Ihnen was sagen: wenn wir auf der Spur sind, von

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