Die großen Herrscherinnen und Regentinnen. Dr. Barbara Beck

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Die großen Herrscherinnen und Regentinnen - Dr. Barbara Beck marixwissen

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Sehr wahrscheinlich hatten die Gefolgsleute ihres verstorbenen Gemahls dafür gesorgt, dass sich Irene so rasch gegenüber den Halbbrüdern Leons durchsetzen konnte. Zur Festigung ihrer unsicheren Position zwang die ehrgeizige Regentin ihre Schwäger zur Annahme der Priesterweihe, um sie auf diese Weise regierungsunfähig zu machen. In den kommenden Jahren bemühte sie sich, die von ihrem Mann verfolgte Politik weitgehend fortzusetzen.

      Ihre Regentschaft fiel in die Zeit der Auseinandersetzung um die Berechtigung der Bilderverehrung im Christentum, des sogenannten byzantinischen Bilderstreits. Seit etwa 730 hatten die byzantinischen Kaiser eine ablehnende Haltung gegenüber der Verehrung von Ikonen eingenommen. 754 brandmarkte eine Synode die Verehrer der Bilder als Häretiker. Ob Irene tatsächlich die uneingeschränkte Ikonenverehrerin war, zu der sie später stilisiert worden ist, ist nicht sicher. Wahrscheinlich zeigte sie sich vor allem aus Gründen der Staatsräson daran interessiert, dass der kirchliche und damit auch der innere Frieden wiederhergestellt wurde. Um politischen Schaden von der Krone abzuhalten, verfuhr sie diplomatisch geschickt, indem sie 784 bei der Neuwahl des Patriarchen von Konstantinopel ihren Sekretär Tarasios bestimmen ließ. Tarasios befürwortete eine bilderfreundliche Religionspolitik. Auf dem von Irene 787 einberufenen allgemeinen Konzil von Nicäa, das vom 24. September bis 23. Oktober dauerte, wurde die Bilderverehrung gerechtfertigt. Ikonen durften demnach geehrt, aber nicht angebetet werden.

      Mit dem Erreichen der Volljährigkeit von Konstantin VI. um 786/787 hätte Irene an und für sich die Regentschaft und ihre damit verknüpfte Vorrangstellung abgeben müssen. Seit 788 nahmen die Spannungen zwischen Mutter und Sohn zu, da Konstantin offenbar ihre Bevormundung abschütteln wollte, wozu Irene nicht bereit war. Ihr zunächst erfolgreich verlaufender Versuch im Frühjahr 790, ihre Alleinherrschaft zu sichern und Konstantin in die Rolle eines Mitkaisers zu drängen, scheiterte wenige Monate später am Widerstand der Armee, die im Oktober Konstantin VI. zum Alleinherrscher ausrief. Irene wurde zum Rückzug gezwungen. Ab 792 wurde sie zwar wieder als Mitregentin anerkannt, doch wurde ihr keine tatsächliche Macht eingeräumt.

      Im Sommer 797 wurde Kaiser Konstantin VI. bei einer Palastrevolution gestürzt und geblendet, wodurch er politisch endgültig ausgeschaltet war. Seine näheren Todesumstände und der Zeitpunkt seines Ablebens sind nicht bekannt. Ob Kaiserin Irene aktiv als Strippenzieherin an dieser Verschwörung gegen ihren Sohn beteiligt war, ist nicht eindeutig zu klären. Auf jeden Fall wurden ihr die schrecklichen Vorkommnisse von den Zeitgenossen zur Last gelegt. Dies unterminierte ihre Position als nunmehrige Alleinherrscherin von vornherein, da ihre Regierung ganz vom Kampf um ihre ungeklärte Nachfolge beherrscht wurde.

      Kaiserin Irene war die erste allein herrschende Frau auf dem byzantinischen Thron. Angesichts der damaligen Rechtsauffassung, die eine weibliche Alleinherrschaft als höchst fragwürdig empfand, trat sie als „Basileus“ (Kaiser) auf. Weil sie von Armee und Beamtenschaft nur halbherzig unterstützt wurde, blieb ihre Stellung schwierig. Um an Popularität zu gewinnen, senkte Irene die Steuern und bewilligte Zollerleichterungen, obwohl Byzanz wegen seiner militärischen Rückschläge gegenüber den Arabern und den Bulgaren zu hohen Tributzahlungen verpflichtet war. Für den Staatshaushalt hatte diese Entwicklung ungute Folgen. Gegenüber den Franken im Westen, die ihren Einfluss in Italien immer weiter vorschoben, musste sie ebenfalls auf einen Ausgleich bedacht sein. Ihre innenpolitische Schwäche beeinflusste somit auch die Gestaltung der Außenpolitik.

      Noch nachteiliger für das oströmische Kaisertum wirkten sich die ideellen Verluste durch Irenes problematische Position als Kaiserin aus. Nach römischem Recht konnte nämlich keine Frau legal als Kaiser agieren, da sie nicht das Oberkommando über das Heer innehaben konnte, was der Kaiser kraft seines Amtes besaß. Papst Leo III. in Rom betrachtete deshalb den römischen Kaiserthron als vakant und krönte den fränkischen Herrscher Karl den Großen im Dezember 800 zum römischen Kaiser. Mit dieser Krönung wurde das weströmische Kaisertum erneuert, das 476 untergegangen war. Der universale Anspruch des byzantinischen Kaisertums, wonach es nur einen Kaiser geben durfte, erlitt dadurch einen schweren Schaden. Byzanz wurde von dem Ereignis überrascht. Kaiserin Irene schickte nach diesem Affront daher im Herbst 801 eine gesandtschaftliche Delegation nach Aachen, um die Lage zu sondieren. Sie wollte sich Gewissheit über die weiteren Absichten Karls verschaffen, vor allem auch im Hinblick auf Unteritalien, und eventuelle Kompromisslösungen ausloten. Karl reagierte darauf seinerseits 802 mit einer Gesandtschaft nach Konstantinopel. Ob zur Beseitigung des fatalen Doppelkaisertums tatsächlich eine Ehe zwischen Karl und Irene, die beide verwitwet waren, Gegenstand der Verhandlungen war, wie dies der byzantinische Chronist Theophanes behauptet, erscheint eher fraglich. Die Lösung des Zweikaiserproblems wurde durch den politischen Umschwung in Konstantinopel, der sich kurz nach der Ankunft der westlichen Gesandten ereignete, vertagt.

      Kaiserin Irene wurde nämlich mittels eines Putsches in der Nacht des 31. Oktober 802 abgesetzt. Die Palastrevolution wurde von führenden Beamten und Offizieren getragen. Irene wurde durch den Leiter der Finanzbehörde Nikephoros auf dem Thron ersetzt. Sie akzeptierte dies: „Die Ursache meiner gewaltsamen Absetzung schreibe ich mir selbst und meinem Sohn zu.“ Irene starb am 9. August 803 im Exil auf Lesbos.

      Olga, die Heilige

      * um 900 in Pskow (?)

      † 969 in Kiew

      Regentin der Kiewer Rus

      945 – 962

      Großfürstin Olga, eine bemerkenswerte Herrscherinnengestalt aus dem Frühmittelalter, nimmt als erste „christliche“ Herrscherin der Kiewer Rus einen besonderen Platz in der Geschichte ein. Seit dem 12. Jahrhundert als Heilige verehrt, wurde sie 1547 von der russisch-orthodoxen Kirche als apostelgleich heiliggesprochen.

      Die wichtigste Quelle zu ihrem Leben ist die altrussische Nestorchronik, die zu Beginn des 12. Jahrhunderts aus mehreren Vorlagen und Materialien zusammengestellt wurde. Da die Chronik Olga bis zu ihrem Regierungsantritt 945 praktisch nicht erwähnt, sind kaum Aussagen über ihr Leben vor dieser Zeit zu treffen. Ihr Geburtsjahr ist unbekannt. Laut der Nestorchronik stammte sie aus Pskow. Gesicherte Nachweise über ihre Abkunft liegen nicht vor. Olga war mit dem Großfürsten Igor von Kiew verheiratet, der seit 912 die Rus regierte. Macht und Reichtum der Kiewer Fürsten gründeten in erster Linie auf der Kontrolle des Handelswegs zwischen dem Ostseeraum und dem Byzantinischen Reich.

      Nachdem Fürst Igor 945 während eines Feldzuges gegen die aufsässigen Drewljanen, einem tributpflichtigen slawischen Stamm, erschlagen worden war, übernahm seine Witwe Olga für ihren noch minderjährigen Sohn Swjatoslaw die Regentschaft. Eine Zurückdrängung der Drewljanen war für sie ein Gebot der politischen Notwendigkeit, um für die Zukunft ein für alle Mal jeglichen Ungehorsam von tributpflichtigen Stämmen zu unterbinden und sich als Herrin über die Rus zu behaupten. Die Nestorchronik breitet Olgas erbarmungslosen und brutalen Rachefeldzug gegen die Drewljanen und deren Fürsten sehr ausführlich aus. Die Schilderung ähnelt dabei motivverwandten germanischen Sagen. So ließ die Großfürstin zwei drewljanische Gesandtschaften, die ihr zum Zwecke der Beschwichtigung eine nicht unübliche Brautwerbung ihres Fürsten unterbreiteten, grausam und hinterlistig ermorden. Am Gedenktag für ihren ermordeten Gemahl nutzte sie ein Trauermahl dazu, 5 000 Drewljanen hinmetzeln zu lassen. Die Hauptstadt der Drewljanen, Iskorosten, das heutige Korosten, wurde nach langer Belagerung auf ihren Befehl hin vollständig niedergebrannt. Ihren Sieg krönte sie mit der Tötung und Versklavung eines Teils der Bevölkerung sowie mit der Verfügung eines harten Tributs: „Und man legte ihnen einen schweren Tribut auf; zwei Drittel des Tributs kamen nach Kiew, ein Drittel nach Wyshegorod an Olga; denn Wyshegorod war Olgas Stadt. Und Olga durchzog mit ihrem Sohn und der Drushina das Land der Drewljanen und stellte Satzungen auf und setzte Zins fest.“

      Nach der Niederwerfung der Drewljanen richtete Olga ihr Augenmerk auf den administrativen Ausbau des Kiewer Reichs. Die steuerlichen Abgaben und Tribute wurden geordnet und systematisiert. Es wurden befestigte Plätze als Verwaltungsmittelpunkte und Abgabestellen eingerichtet.

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