Dr. Norden Staffel 8 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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»Da haben Sie allerdings recht.« Missmutig starrte er vor sich hin.
»Dann wünsche ich Ihnen einen schönen Abend.« Sie wollte sich umdrehen, als er sie zurückhielt.
»Halt, wo wollen Sie hin?«
»Wenn Sie nach Hause fahren und mein Sparringspartner auch weg ist, trainiere ich eben allein.«
»Ich kann jetzt unmöglich heimgehen. Dort fällt mir die Decke auf den Kopf«, erklärte Moritz. »Kann ich Sie dazu überreden, auf das Training zu verzichten und stattdessen einen Drink an der Bar mit mir zu nehmen?«
Dieses Angebot klang verlockender, als es war.
Tatjana lachte.
»Sie waren noch nicht oft hier, was?«, sagte sie ihm auf den Kopf zu. »Sonst wüssten Sie, dass es an der Fitness-Bar nur Eiweißshakes und isotonische Gesundheitscocktails gibt. Nomen est Omen!«
»In Ihrer Gesellschaft ist mit Sicherheit sogar ein Gemüsesmoothie köstlich.« Moritz sah Tatjana bittend an. »Also was ist? Tun Sie mir den Gefallen?«
Im Normalfall hätte Tatjana ein derart plumpes Kompliment mit einem Lachanfall quittiert. Doch der Ärger über Danny änderte alles.
»Wie könnte ich jetzt noch nein sagen?« Sie hängte sich bei ihm ein, um mit ihm hinüber an die Bar zu schlendern. »Sind Sie schon lange in der Stadt? Ich hab Sie noch nie hier im Studio gesehen«, fragte sie im Plauderton.
»Seit knapp einem Jahr. Aber ehrlich gesagt sind Stella und ich schon wieder auf dem Absprung.« Moritz wartete, bis sich Tatjana auf einen Barhocker geschwungen hatte. Erst dann setzte auch er sich. Sie bestellte einen grünen Smoothie, während sich Moritz für einen Vanille-Eiweißshake entschied.
»Sie arbeiten zusammen?«, fragte sie dann.
»Nicht nur das. Zufälligerweise haben wir sogar den gleichen Job«, gab Moritz bereitwillig Auskunft. »Wir haben beide Tourismusmanagement studiert und nach vielen Stationen jetzt die Chance, gemeinsam ein First-Class-Hotel in Dubai zu übernehmen. Das ist ein so ehrgeiziges Projekt, dass explizit zwei Manager gesucht wurden, was ja eher selten vorkommt. Aufgrund unserer Erfahrung als Team waren Stella und ich die erste Wahl«, berichtete Moritz voller Stolz. Er nippte an seinem weißen Shake und verzog das Gesicht.
Tatjana bemerkte es nicht. Ihre Gedanken waren davongeflogen. In eine andere Zeit, zu einem anderen Ort.
»Dubai.« Dieser Name war Musik in ihren Ohren. »Ich habe mit meinem Vater viel Zeit im Orient verbracht. Am liebsten denke ich an die Souks zurück, die Märkte, auf denen man alles kaufen kann, was das Herz begehrt. Und noch viel mehr.« In schillernden Farben erzählte sie von den Gewürzfrauen, die ihre aromatische Ware in großen Säcken feilboten. Sie beschrieb die Teppichhändler, die bei einem Glas Chai – heißem, schwarzem, stark gesüßtem Tee – Geschäfte machten. Sie berichtete von Gauklern und Marktschreiern, von Bettelkindern und Geschäften voller Gold- und Silberschmuck.
Moritz lauschte fasziniert. Auch er hatte viel von Afrika gesehen und in Marokko einen Eindruck der bunten Vielfalt bekommen. Doch keinesfalls hätte er solche Bilder erfinden können, wie Tatjana sie vor seinem geistigen Auge malte. »Niemals werde ich diese warmen, arabischen Nächte vergessen, voller Duft und Musik und Stimmen. Diese einzigartige Atmosphäre muss man selbst erlebt haben.« Langsam tauchte sie aus ihren Erinnerungen auf und sah Moritz aus verträumten Augen an. »Jetzt, da ich versuche, Ihnen die Stimmung zu beschreiben, kommt mir jedes Wort unzureichend vor.«
Fasziniert von ihrer Ausstrahlung und der Intensität ihres Berichts hatte Moritz schweigend zugehört.
»Das sehen Sie falsch. Sie haben das Zeug zur Erzählerin. Ich habe das Gefühl, als wäre ich schon selbst dort gewesen.« Seine Bewunderung war echt.
In ihrer Verwirrung sah Tatjana so verführerisch aus, dass er sie am liebsten geküsst hätte. Natürlich tat er es nicht. Er wusste, was sich gehörte. Endlich bemerkte sie das Verlangen in seinen Augen und lachte verlegen.
»Jetzt hab ich die ganze Zeit nur von mir gesprochen.« Bevor er protestieren konnte, fuhr sie fort. »Bitte erzählen Sie mir was von sich. Wie sind Sie überhaupt auf Tourismusmanagement gekommen?« Ohne ihn aus den Augen zu lassen, sog sie an ihrem Strohhalm.
Moritz lehnte sich zurück und dachte nach.
»Ich war schon immer gern unterwegs. Mein Rucksack war mein Zuhause. Heute hier, morgen dort … wie Hannes Wader damals gesungen hat. Deshalb ist mir ein normaler Bürojob gar nicht in den Sinn gekommen.« Wenn er daran zurückdachte, musste er lachen. »Ich habe mir meinen Traum verwirklicht. Wenn es uns an einem Ort zu langweilig wird, ziehen Stella und ich einfach weiter ins nächste Hotel, in ein anderes Land.« Versonnen nippte er an seinem Shake.
»Klingt, als wären Sie eine Art moderner Nomade.«
Dieser Begriff gefiel Moritz.
»Stimmt. Und wenn ich mir meine Freunde ansehe, die allesamt seßhaft geworden sind, mit Kind und Kegel deprimiert in einem Reihenhaus am Stadtrand … das einzige Abenteuer die jährliche Pauschalreise nach Italien oder Spanien … nein, danke. Ich würde niemals tauschen.«
Diese harmlose Bemerkung erschreckte Tatjana. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie auf dem besten Weg war, genau dort zu enden. Das war der Grund, warum ihr Dannys Wunsch nach einer eigenen Familie so viel Angst machte.
»Mir ist es auch geglückt, mein Hobby zum Beruf zu machen.« Nach seinem Bericht empfand sie ihr geordnetes Leben als richtiggehend langweilig und musste sich selbst Mut zusprechen. »Ich esse leidenschaftlich gern Süßes. Deshalb bin ich Bäckerin geworden.«
Sofort war Moritz‘ Interesse geweckt.
»Sie haben eine eigene Bäckerei?«
»Und ein kleines Café«, ergänzte Tatjana nicht ohne Stolz. »Auch das Backen ist jeden Tag wieder ein Abenteuer. Man weiß nie, was dabei herauskommt. Und mit der Einrichtung meines Cafés ist es mir gelungen, ein bisschen verzauberten Orient ins nüchterne München zu holen.«
Moritz lachte.
»Dann weiß ich ja, wo ich mir das Fernweh vertreiben kann, falls das mit dem Hotel nicht klappt.« Er schickte ihr einen tiefen Blick, der sie in Verlegenheit brachte. »Ich kann es kaum erwarten, dein Café kennenzulernen.«
Tatjana erschrak. Moritz war ein interessanter Mann und ein noch spannenderer Gesprächspartner. Der kleine Flirt, das anregende Gespräch hatten ihr gut getan und die Wut auf Danny gedämpft. Mehr wollte sie nicht.
»Du?«
»Oh, habe ich Sie geduzt? Das ist so eine Marotte von mir«, entschuldigte er sich schnell. »Es fällt mir schwer, Menschen zu siezen, die mir sympathisch sind.« Sein Lächeln war entwaffnend.
»Meinetwegen können wir dabei bleiben.« Tatjana brachte es nicht übers Herz, ihm einen Korb zu geben. »Im Übrigen sollten wir in Ruhe abwarten, was Dr. Norden herausfindet«, griff sie seine Bemerkung auf. »Bestimmt ist alles halb so wild, und du kannst wie geplant mit deiner Schwester nach Dubai gehen.«
Moritz bedankte sich lächelnd für den Trost.
»Auf der anderen Seite hätte ich gar kein Problem, noch ein bisschen länger in München zu bleiben«,