Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren
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Nach dem Essen radelten Nick und Henrik die Schnellstraße zwischen Schoeneich und Sophienlust entlang. Beide wurden schon sehnsüchtig im Kinderheim erwartet.
Die Kinder hielten sich teils auf der Freitreppe und teils auf dem englischen Rasen auf, als die beiden Buben in Sophienlust eintrafen. Mit hellem Jubel wurden sie begrüßt.
Pünktchen, ein reizendes elfjähriges Mädchen mit goldblonden Haaren und lustigen Sommersprossen, wich an diesem Nachmittag nicht mehr von Nicks Seite. Er war ihr spezieller Freund, denn ihm hatte sie ihren Daueraufenthalt auf Sophienlust zu verdanken. Auch war Pünktchen fest überzeugt, daß sie und Nick später, wenn sie erwachsen sein würden, ein glückliches Ehepaar werden würden.
Natürlich erzählten Nick und Henrik von den beiden Laurens-Kindern, die in absehbarer Zeit die Kinderschar vergrößern würden. Danach kümmerte sich Henrik um Peter Heidenreich, einen fünfjährigen hochaufgeschossenen Jungen mit blonden Haaren und großen blauen Augen, die meist schwermütig in die Welt blickten. Peter hatte vor einem Jahr seine geliebte Mutti verloren. Sie war an einem unheilbaren Leiden gestorben. Der Junge hatte sie leiden sehen und ihre Qualen zum Teil miterlebt. Nur langsam vergaß er diese traurigen Erlebnisse.
Sein Vater war ein vielbeschäftigter Arzt, der sich nur wenig um ihn kümmern konnte. An den wenigen freien Wochenenden besuchte er natürlich seinen kleinen Sohn.
»Wie alt sind denn die beiden Kinder?« fragte Peter seinen Freund Henrik.
»Wie alt? Das weiß ich nicht mehr. Aber Nick hat das, was Mutti uns beim Mittagessen erzählt hat, bestimmt behalten, Nick!« rief Henrik. »Ich möchte dich etwas fragen.«
Nick kam langsam angeschlendert und erzählte Peter alles Wissenswerte über Kuni und Mathias Laurens. Interessiert hörte ihm der kleine Junge zu. Es war so, als ahnte er bereits, was das Schicksal vorhatte.
*
Ingrid hatte sich am Wochenende frei nehmen können. Um Geld zu sparen, hatte sie am Donnerstagabend eine Karte an Denise geschrieben und ihr ihre genaue Ankunft am Bachenauer Bahnhof mitgeteilt.
Frau Rennert, die sofort Denise anrief, um ihr von der Karte zu berichten, teilte den Kindern, als sie aus der Schule kamen, mit, daß am Sonn-
abendvormittag Frau Laurens mit den Kindern eintreffen würde.
»Ob Kuni und Mathias gleich dableiben werden?« fragten Pünktchen und Angelika aufgeregt.
»Vielleicht«, meinte Schwester Regine. »Auf alle Fälle werde ich für die beiden Kinder das Eckzimmer herrichten. Es ist das größte Zimmer, so daß die beiden sich in keiner Weise beengt fühlen werden.«
»Und für Frau Laurens bereiten wir das blaue Fremdenzimmer vor«, bestimmte Frau Rennert.
»Gut, ich mache mich gleich an die Arbeit«, bot sich das Stubenmädchen Ulla an.
Von dieser Stunde an bildeten die Laurens natürlich das Hauptthema für die Sophienluster Kinder.
Aber auch Kuni und Mathias waren sehr aufgeregt. Der Gedanke, auf einem großen Gut mit anderen Kindern spielen zu können, versetzte sie in übermütige Stimmung.
Ingrid schaute die Garderobe ihrer Kinder durch. Das Ergebnis war niederschmetternd. Nur schweren Herzens tat sie einen tiefen Griff in ihren Geldbeutel und kaufte für Kuni ein neues Kleidchen und weiße Schuhe. Mathias bekam neue lange Kordhosen und einen weißen Sommerpulli, er wünschte sich rote Schuhe dazu.
Am Freitagabend beteten beide, daß am nächsten Tag schönes Wetter sein möge. Dieser Wunsch wurde ihnen erfüllt. Als sie am Morgen die Augen aufschlugen, zeigte der Himmel sein schönstes Blau. Kein Wölkchen war weit und breit zu sehen.
»Du siehst, wenn Engel reisen, scheint die Sonne«, sagte Kuni altklug und schlüpfte selig in ihr neues Kleid-chen. Es war himmelblau und mit Margeriten bedruckt. Durch diese Farben kamen ihr leichtgebräunter Teint sowie die braungebrannten Arme und Beine gut zur Geltung. Aber auch Mathias sah ganz allerliebst in seinen neuen Sachen aus.
Ingrid musterte ihre Kinder zufrieden und zog sich dann selbst an. Zu einem dunkelblauen Faltenrock wählte sie einen ärmellosen weißen Pulli, der am Ausschnitt hellblau eingefaßt war. Ihr langes braunes Haar, das sie während der Dienstzeit als Krankenschwester stets aufgesteckt trug, fiel nun weich auf ihre Schultern.
»Du siehst sehr schön aus, Mutti«, stellte Kuni entzückt fest. »Müssen wir unsere Regenmäntel mitnehmen?«
»Auf alle Fälle ist es besser. Du weißt, daß ein Tag, der mit einem so strahlend-blauen Himmel beginnt, oft mit einem Regenguß endet.«
»Bleiben wir über Nacht in Sophienlust?« wollte Mathias noch wissen.
»Vielleicht. Das kommt ganz darauf an. So, nun schaue ich noch schnell nach, ob auch der Gashahn abgedreht ist. Dann müssen wir los, damit wir den Zug nach Bachenau nicht versäumen.«
Eine gute halbe Stunde später saßen die drei in einem Abteil des Lokalzuges. Als er langsam anfuhr, standen Mathias und Kuni mit vor Glück strahlenden Augen am Abteilfenster. »Schau, Mutti, dort gibt es Pferde. Ganz viele«, begeisterte er sich.
Ingrid schaute ebenfalls aus dem Fenster, vor dem das Landschaftsbild schnell wechselte. Wiesen und Wälder flogen vorbei, einzelne Gehöfte tauchten wie Schemen auf, um sogleich wieder zu verschwinden. Aber die junge Frau konnte sich an diesen reizvollen Bildern nicht erfreuen. Ohne Guido hatte sie an allem nur die halbe Freude. Wenn er doch wenigstens schreiben würde, dachte sie traurig. Doch er schrieb nicht und schickte ihr auch keinen Pfennig Geld, wie er ihr fest versprochen hatte.
Deutlich sah Ingrid das schöne Gesicht ihres Mannes vor sich, fühlte seine Nähe fast körperlich. Die Sehnsucht nach dem Mann, der sie so bitter enttäuscht hatte, war ihr selbst unverständlich. Immer wieder sagte sie sich, daß er ihre Liebe nicht verdiene, daß es das beste sei, sich von ihm zu tren-
nen.
Dann aber dachte sie an ihre Kinder, die sehr an ihrem Vater hingen. Hatte sie das Recht, ihnen den Vater zu nehmen? Nein und nochmals nein! Und sie selbst? Wollte sie denn wirklich von ihm fort? Auch diese Frage konnte sie nur verneinen. Wider aller Vernunft liebte sie ihren Mann immer noch. Eines Tages würde er vernünftiger und ruhiger werden. Hoffentlich.
Tränen brannten plötzlich unter Ingrids Lidern. Die meisten Menschen freuten sich über eine Erbschaft. Aber sie konnte sich nicht freuen. Hätte Guido die Anwaltspraxis und das Haus in München nicht geerbt, wäre er zweifellos noch bei ihr. Dann würden sie eine glückliche Ehe führen, überlegte sie. Aber würde es wirklich so sein?
Auf einmal war Ingrid fest entschlossen, Kuni und Mathias in Sophienlust zu lassen. An ihrem nächsten freien Wochenende würde sie dadurch endlich nach München fahren können, um sich an Ort und Stelle mit Guido auszusprechen. Sie würde dann auch dafür sorgen, daß sie schon in absehbarer Zeit mit den Kindern in das geerbte Haus einziehen konnten.
Ein tiefer Atemzug hob ihre Brust. Die Zukunft lag wieder hell vor ihr. Sie durfte alles nicht so schwer nehmen, sagte sie sich. Wenn Guido erst merkte,