Sophienlust Staffel 8 – Familienroman. Diverse Autoren
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»Wirklich dumm. Aber das macht nichts. Die Hauptsache ist, daß ich für kurze Zeit mit dir beisammen sein darf. Weißt du, ich muß morgen in Frankfurt sein. Dort habe ich einen Klienten.«
»Aber morgen ist doch Sonntag.«
»Ein vielbeschäftigter Anwalt muß auch am Sonntag in voller Ak-
tion sein.« Seine dunklen Augen richteten sich zärtlich auf sie. »Kannst du mich nicht ein bißchen bei dir behalten?«
»Eigentlich ist es nicht gestattet, daß wir Besuch auf der Station empfangen. Aber glücklicherweise habe ich keinen Nachtdienst auf der Wachstation. Auf diese Weise habe ich tatsächlich etwas Zeit für dich. Vielleicht solltest du nach Sophienlust fahren. Die Kinder würden sich sehr über dein Kommen freuen.«
»Ist es nicht schon zu spät dafür?« fragte er verwundert.
»Ach wo, du wärst in einer halben Stunde dort und könntest dort übernachten. Ich brauchte nur mit Frau Rennert zu telefonieren. Weißt du, alle sind dort sehr herzlich und gastfreundlich.«
»Ich würde lieber ein bißchen bei dir bleiben.«
»Dann komm«, gab sie nach.
Die Oberschwester drückte ein Auge zu, als Ingrid ihr auseinandersetzte, weshalb sie ihren Mann für einen Augenblick mitgebracht habe.
Guido hatte sich, als sie den Korridor der Station entlanggegangen waren, aufmerksam umgeblickt und festgestellt, daß sich die Apotheke der Station neben dem Schwesternoffice befand.
Günstiger könnte es nicht sein, dachte er, als er die Oberschwester begrüßte, die, wie viele Frauen, von seinem unwiderstehlichen Charme tief beeindruckt war.
Dann waren Ingrid und Guido für ein Weilchen allein. Er küßte sie zärtlich und setzte sich dann. »Ich bin sehr glücklich, daß ich bei dir sein kann«, versicherte er und sah sie mit gespielter Verliebtheit an. Dabei hoffte er jedoch, daß einer der nachgemachten Schlüssel zu dem Giftschrank paßte und daß auch genügend Morphium in dem Schrank aufbewahrt wurde, damit sich der Coup wenigstens lohnte.
Nichts Böses ahnend verließ Ingrid ihren Mann, um ihre Runde auf der Station zu machen. Guido wartete ein Weilchen, dann öffnete er leise die Tür des Schwesternzimmers. Niemand war auf dem Korridor zu sehen. Schnell huschte er in die Apotheke.
Ingrid hatte in ihrer Nervosität und in ihrer freudigen Erregung über den Besuch ihres Mannes den Schlüssel am Giftschrank steckenlassen. Das Schicksal ist auf meiner Seite, dachte Guido erleichtert. Nachdem er sich überzeugt hatte, daß noch immer niemand in der Nähe war, schloß er das Schränkchen auf. Sofort sah er, daß der Morphiumbestand eben erst aufgefüllt worden sein mußte, denn er fand viel mehr Ampullen vor, als er sich jemals erträumt hatte.
Nur einen Augenblick zögerte er, bevor er sich entschloß, alles an sich zu nehmen. Denn er sagte sich, daß sich ihm eine so günstige Gelegenheit wohl nicht noch einmal bieten würde. Er ließ die Schachteln in seinen Taschen verschwinden und kehrte in das Schwesternoffice zurück. Keine Minute zu spät.
Ingrid erschien mit strahlendem Gesicht unter der Tür. »Guido, ich habe für ein paar Minuten Zeit. Leider muß ich dann in einem der Krankenzimmer bei einem schwerkranken Patienten Wache halten.«
»Das tut mir leid, mein Liebling. Weißt du was? Ich fahre doch noch nach Sophienlust. Ein Glück, daß ich diesmal mit meinem Wagen gekommen bin. Rufst du in Sophienlust an, um meine Ankunft anzukündigen?«
»Gut, Guido.« Ingrid war über die Lösung unendlich erleichtert. »Ich komme morgen nach. Vielleicht können wir dann bis…«
»Ingrid, ich habe dir doch gesagt, daß ich morgen unbedingt in Frankfurt sein muß. Ich verlasse Sophienlust am Vormittag, besuche dich noch kurz in der Wohnung und fahre dann nach Frankfurt.«
»Gut, Guido.« Sie reichte ihm die Lippen zum Kuß. Er umarmte sie noch einmal und verließ danach den Raum. Auf einmal hatte er es sehr eilig, aus dem Krankenhaus zu verschwinden.
Ingrid rief in Sophienlust an und sprach mit Frau Rennert, die versprach, alles für Guidos Ankunft vorzubereiten. Dann kehrte sie in das Zimmer zurück, in dem sie Wache halten mußte.
Am Morgen verließ Ingrid das Krankenhaus, um so schnell wie möglich heimzukommen. Sie nahm ein Bad und kleidete sich danach wieder an. Sie wählte einen Hausanzug, den sie bisher kaum getragen hatte, weil ihr ganz einfach die Gelegenheit dazu gefehlt hatte.
Immer wieder blickte sie auf die Uhr. Eigentlich müßte Guido schon da sein, dachte sie. Ob er es sich doch noch anders überlegt und den Frankfurter Besuch verschoben hatte?
Ingrid rief kurz entschlossen in Sophienlust an. Fassungslos hörte sie von Frau Rennert, daß ihr Mann gar nicht eingetroffen war. Kuni und Mathias seien enttäuscht zu Bett gegangen, nachdem man ihnen erlaubt hatte, länger als gewöhnlich aufzubleiben, damit sie ihren Vater noch begrüßen konnten.
»Aber das verstehe ich nicht«, stotterte Ingrid ratlos. »Ein Unglück kann nicht geschehen sein, denn das würden wir im Krankenhaus sofort erfahren. Frau Rennert, es tut mir leid, daß Sie sich solche Mühe umsonst gemacht haben. Für mich ist es ein Rätsel, daß mein Mann nicht in Sophienlust eingetroffen ist.«
»Machen Sie sich keine allzu großen Sorgen, Frau Laurens«, versuchte Frau Rennert die junge Frau zu beruhigen.
»Es wird sich gewiß alles aufklären«, entgegnete Ingrid und bestellte dann noch herzliche Grüße für ihre Kinder. »Ich komme so bald wie möglich, liebe Frau Rennert«, fügte sie geistesabwesend hinzu und legte auf.
Unruhig durchwanderte Ingrid danach die kleine Wohnung. Sie blickte immer wieder auf die Straße hinunter, in der Hoffnung, Guidos Wagen auftauchen zu sehen.
Als das Telefon läutete, zuckte sie wie unter einem Schlag zusammen. Bestimmt Guido, dachte sie und nahm ab.
Doch nun erlitt sie an diesem Morgen den zweiten Schock. Denn die Oberschwester forderte sie auf, umgehend ins Krankenhaus zu kommen. Als Ingrid nach dem Grund fragte, bekam sie zur Antwort, daß sie diesen noch früh genug erfahren würde.
Beklommenen Herzens eilte Ingrid zum Krankenhaus. Wie unfreundlich die Stimme der Oberschwester geklungen hatte! Sonst war sie immer die Freundlichkeit in Person. Irgend etwas Schwerwiegendes mußte vorgefallen sein, kombinierte Ingrid richtig und betrat mit gemischten Gefühlen die Klinik.
Der Stationsarzt, die Oberschwester und Schwester Maria erwarteten sie im Schwesternoffice. Aus den Gesichtern der drei war deutlich herauszulesen, daß etwas sehr Schlimmes passiert sein mußte. Kurz darauf erschien auch noch der Oberarzt.
»Schwester Ingrid, Sie hatten Nachtdienst?« fragte der Oberarzt ernst.
»Ja, Herr Oberarzt.« Verständnis-
los erwiderte sie seinen prüfenden Blick.
»Waren Sie am Giftschrank?«
»Nur ein einziges Mal«, beteuerte sie. »Ich habe eine Schlaftablette für den Patienten auf Zimmer zweiundzwanzig geholt. Er hatte mich darum gebeten, und da…«
»Und sonst?«
»Nein,