MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 1). Robert Mccammon

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MATTHEW CORBETT und die Hexe von Fount Royal (Band 1) - Robert Mccammon Matthew Corbett

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verstehe«, sagte Bidwell. Er versuchte, so ruhig und vernünftig zu klingen, wie es für einen Mann möglich war, der mit seinem Rat am Ende war. »Aber wir müssen uns verantwortungsvoll benehmen und nicht so darauf abzielen, Angst unter unseren Mitbürgern zu verbreiten.«

      »Ich will keine Angst verbreiten!«, gab sie scharf zurück. »Ich will die Wahrheit verbreiten, die mir gezeigt wurde! Dieser Ort ist verflucht! Ihr wisst es, ich weiß es, jeder mit Verstand weiß es!« Sie starrte in eine der Kerzenflammen. Im anderen Zimmer schluchzte das kleine Mädchen weiter, und Alice Barrow sagte mit unsicherer Stimme: »Melissa, ist schon gut. Ist schon gut jetzt.«

      Bidwell fehlten erneut die Worte. Er merkte, wie er sich so stark an seinen Dreispitz klammerte, dass ihm die Finger schmerzten. Der Donner krachte jetzt nicht mehr in der Ferne, sondern näher. Schweißperlen krochen ihm den Nacken hinunter. Die Wände des heißen Zimmers schienen sich immer näher um ihn zu schließen, ihm den Atem zu rauben. Er musste hier raus. Abrupt drehte er sich um, wobei er Winston fast zu Boden stieß, und war mit zwei Schritten an der Tür.

      »Ich hab sein Gesicht gesehen«, sagte die Frau. Bidwell blieb wie angewurzelt stehen. »Sein Gesicht«, wiederholte sie. »Ich hab's gesehen. Er hat's mich sehen lassen.«

      Bidwell schaute sie an und wartete auf den Rest, den sie zu sagen hatte. Sie saß jetzt im Bett – das Laken war zur Seite gefallen und ihr Blick war schrecklich gequält. »Er hat Euer Gesicht getragen«, sagte sie mit einem wilden, halbverrückten Grinsen. »So wie eine Maske. Er trug Euer Gesicht, und er hat mir gezeigt, wo meine Kinder begraben liegen.« Ihre Hände hoben sich und legten sich über ihren Mund, als befürchtete sie, dass sie zu schreien beginnen und ihre Seele zerspringen würde.

      »Immer mit der Ruhe, Madam«, sagte Bidwell mit zittriger Stimme. »Ihr müsst Euch auf die Realität konzentrieren und diese Visionen der Unterwelt nicht beachten.«

      »In der Unterwelt werden wir alle im Feuer schmoren, wenn's nach ihm geht!«, antwortete sie. »Er will, dass sie freigelassen wird – das will er! Will, dass sie frei ist und wir alle von hier fort sind!«

      »Das höre ich mir nicht länger an.« Bidwell wandte sich wieder von ihr ab und verließ das Zimmer.

      »Freigelassen will er sie haben!«, rief die Frau. »Er wird nicht Ruhe geben, bis sie bei ihm ist!«

      Bidwell marschierte weiter, bis er aus dem Haus heraus war. Winston folgte ihm. »Sir! Sir!«, rief Barrow und rannte ihnen hinterher. Bidwell blieb stehen und bemühte sich, ruhig und gefasst zu wirken.

      »Entschuldigt vielmals, Sir«, sagte Barrow. »Sie wollte Euch nicht beleidigen.«

      »Schon gut. Eure Frau befindet sich in einem bedenklichen Zustand.«

      »Das stimmt, Sir. Aber … so, wie die Dinge liegen, werdet Ihr verstehen, dass wir fortziehen müssen.«

      Ein feiner Nieselregen begann aus den Wolken zu fallen. Bidwell drückte sich seinen Dreispitz auf den Kopf. »Wie Ihr meint, Barrow. Ich bin nicht Euer Gebieter.«

      »Ja, Sir.« Er leckte sich über die Unterlippe und nahm allen Mut zusammen, um seine Meinung zu sagen. »Sir, dies ist eine gute Siedlung gewesen. Früher, bevor …« Er zuckte die Achseln. »Das hat sich nun alles geändert. Es tut mir leid, aber wir können hier nicht länger bleiben.«

      »Na, dann geht doch!« Bidwell verlor die Fassung. Seine Verärgerung und Enttäuschung kochten über. »Niemand hält Euch hier! Macht schon, zieht den Schwanz ein und verschwindet wie die anderen! Ich bleibe hier! Der Herr sei mein Zeuge – ich habe hier meine Heimat gefunden, und kein Hirngespinst …«

      Eine Glocke läutete. In dunklem Ton. Einmal, dann ein zweites und drittes Mal.

      Es war die Glocke des Wachturms an der Harmoniestraße. Die Glocke läutete weiter und verkündete, dass der Wachmann jemanden auf der Straße vor der Stadt erspäht hatte.

      »… wird mich von hier verjagen!«, beendete Bidwell entschlossen seinen Satz. Er warf einen Blick auf das Stadttor, das wegen der Indianer verriegelt war. In seinem Herzen wuchs neue Hoffnung. »Edward, das muss der Richter aus Charles Town sein! Ja! Er muss es sein! Kommt!« Ohne ein weiteres Wort an Mason Barrow zu verschwenden, machte sich Bidwell zur Straßenkreuzung auf. »Beeilt Euch!«, rief er zu Winston, und ging schneller. Der Regen verstärkte sich nun, doch selbst die schlimmste Sintflut seit Noahs Zeiten hätte ihn nicht daran hindern können, den Richter an diesem frohen Tag höchstpersönlich willkommen zu heißen. Das Glockengeläut hatte einen ganzen Hundechor zum Bellen gebracht, und als Bidwell und Winston auf der Harmoniestraße nach Norden hasteten – der eine vor Aufregung lachend und der andere nach Luft schnappend –, rannten lauter Köter im Kreis um sie herum, als wären sie Zirkusclowns.

      Als sie schließlich das Stadttor erreichten, waren beide Männer nass vom Regen und Schweiß und keuchten wie Blasebälge. Einige Einwohner waren aus ihren Häusern gekommen und hatten sich dort versammelt. Ein Besucher war eine Seltenheit. Oben im Wachturm hatte Malcolm Jennings aufgehört, am Glockenseil zu ziehen, und Esai Pauling und James Reed standen bereit, den Baumstamm, der als Riegel diente, aus der Verankerung am Tor zu heben.

      »Wartet, wartet!«, rief Bidwell und drängte sich durch die Schaulustigen. »Macht Platz!« Er lief ans Tor, merkte, dass er vor Erwartung zitterte. Er schaute zu Jennings hoch, der am Ende einer fünfzehn Fuß hohen Leiter auf der Plattform des Wachturms stand. »Sind es weiße Männer?«

      »Ja, Sir«, antwortete Jennings. Er war ein Hänfling mit wilden, dunkelbraunen Haaren und nicht mehr als fünf Zähnen im Mund, aber er hatte Augen wie ein Adler. »Zwei sind's. Was ich meinte … ich glaube, die sind weiß.«

      Bidwell konnte sich darauf keinen Reim machen, wollte in diesem wichtigen Moment aber nicht zaudern. »Also gut!«, sagte er zu Pauling und Reed. »Macht auf!« Der Baumstamm wurde emporgehoben und aus der Verankerung gezerrt. Dann packte Reed die beiden hölzernen Griffe und zog das Tor auf.

      Bidwell ging mit ausgestreckten Armen hinaus, um seinen Retter zu umarmen. Eine Sekunde später erstarb ihm sein freundlicher Willkommensgruß allerdings auf den Lippen.

      Vor ihm standen zwei Männer: Ein beleibter Kahlkopf und ein dünner Mann mit kurz geschnittenen schwarzen Haaren. Doch keiner von beiden war der, den er zu begrüßen gehofft hatte.

      Er nahm an, dass sie weiß waren – durch die Schlammschicht, mit der sie bedeckt waren, ließ es sich schwer sagen. Der dicke Ältere trug einen dreckigen Mantel, der unter der Schlammkruste schwarz zu sein schien. Er war barfuß und seine dürren Beine schmutzig. Der jüngere Mann trug lediglich etwas, das wohl als Nachthemd dienen konnte, und schien sich vor Kurzem damit im Matsch gesuhlt zu haben. Schuhe hatte er an, wenn auch sehr dreckige.

      Die Hunde waren durch die Aufregung so außer sich geraten, dass sie die Neuankömmlinge mit aller Luft in ihren Lungen anbellten und anknurrten. Die Fremden schienen ganz benommen zu sein, dass es Menschen mit sauberer Kleidung gab.

      »Bettler«, sagte Bidwell mit gefährlich leiser Stimme. Er hörte über der Wildnis Donner grollen und dachte, dass es wie das Hohngelächter Gottes klang. Seine freudig ausgestreckten Arme fielen schwer herunter. »Bettler hat man mir geschickt«, sagte er etwas lauter und begann, in Gottes Gelächter einzustimmen – zuerst leise, doch dann quoll das Lachen wild und unkontrollierbar aus ihm heraus. Es tat seiner Kehle weh und trieb ihm Tränen in die Augen, und obwohl er sich innig wünschte, damit aufzuhören – es verzweifelt versuchte –, merkte er, dass er keinerlei Kontrolle darüber hatte. »Bettler!«, rief er keuchend. »Ich … bin … gerannt … um Bettler zu empfangen!«

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